Eisenhower Tree in Augusta
Reuters/Shaun Best
Golf

Als ein Baum den Präsidenten pflanzte

Das heuer aufgrund der Coronavirus-Pandemie bis auf Weiteres verschobene US-Masters lebt von seinen Traditionen wie dem grünen Sakko für den Sieger und den nach Pflanzen benannten 18 Bahnen. Ein Baum, genauer eine Weihrauch-Kiefer, war jahrzehntelang auch ein Markenzeichen des Augusta National Golf Club. Der 2014 gefällte „Eisenhower Tree“ brachte in seiner langen Geschichte nicht nur den gleichnamigen Präsidenten zur Verzweiflung.

Die 84. Ausgabe des Kampfes um das Green Jacket wäre heuer für 9. bis 12. April angesetzt gewesen, doch der Spielbetrieb auf Bahnen wie „Magnolia“, „Azalee“ und „Nandina“ ruht so wie in der Sportwelt überall. Das Coronavirus zwang die Organisatoren in Augusta zur Verschiebung des jüngsten, aber prestigeträchtigsten Major-Turniers. Davor wurde nur von 1943 bis 1945 in Augusta nicht turniermäßig abgeschlagen. Das Engagement der USA im Zweiten Weltkrieg war schuld.

Der Zweite Weltkrieg war auch die erste große Bühne von Dwight D. Eisenhower, der als Kommandant der alliierten Streitkräfte unter anderem die erfolgreiche Landung in der Normandie befehligte. Seinen Ruhm als Besieger von Nazi-Deutschland nutzte „Ike“ später auch, um zum 34. Präsidenten der USA gewählt zu werden. Neben der Zuspitzung des Kalten Krieges und dem internen Kampf gegen den Kommunismus, Stichwort McCarthy-Ära, war Eisenhowers Amtszeit vor allem von Golf geprägt.

US-Präsident Dwight Eisenhower
AP
Eisenhower gab dank seiner persönlichen Leidenschaft dem Golfspiel einen Popularitätsschub

Rund 800 Partien absolvierte Eisenhower in seiner Amtszeit. Er installierte im Garten des Weißen Hauses in Washington ein Putting Green, und im Oval Office arbeitete er nicht nur an Akten, sondern mit einem Neuner-Eisen auch an seinem Schwung. Urlaube fanden fast ausschließlich auf dem Golfplatz statt – und dann bevorzugt in Augusta, wo „Ike“ als US-Präsident logischerweise zum erlesenen Mitgliederkreis zählte.

Die Nemesis auf der 17. Bahn

Mehr als 40-mal nahm Eisenhower, dessen Liebe zum Spiel laut Aussagen von Zeitzeugen sein Talent bei Weitem übertraf, den Kurs an der „Magnolia Lane“ in Angriff und traf dabei auf der 17. Bahn regelmäßig auf seine Nemesis. Rund 190 Meter vom Abschlag stand linker Hand jene rund 20 Meter hohe Weihrauch-Kiefer, die Eisenhower regelmäßig auf die Palme trieb. Immer wieder landeten die Abschläge des Präsidenten am Stamm des Baumes und hemmten so den Spielfluss.

1956 wurde es Eisenhower zu bunt. Bei einer Clubversammlung brachte der Präsident den Antrag ein, den aus seiner Sicht lästigen Baum zu fällen. Der damalige Vorsitzende Clifford Roberts zeigte dem Wunsch des prominentesten Mitglieds aber die kalte Schulter. Um den Präsidenten nicht völlig zu brüskieren, unterbrach Roberts die Versammlung auf unbestimmte Zeit, ohne den Antrag offiziell abzulehnen. Der Baum blieb daher stehen und blieb unter dem Namen „Eisenhower Tree“ auch nach dem Tod des Präsidenten 1969 ein Wahrzeichen des Kurses.

Prominente „Opfer“

Nicht nur dem präsidialen Hobbygolfer, sondern auch den Profis stand die Kiefer auf der 17 immer wieder im Weg. Jack Nicklaus, immerhin sechsfacher Masters-Gewinner, soll, nachdem er im Laufe der Jahre immer wieder den Baum getroffen hatte, im Ärger gemurmelt haben: „Warum haben sie damals nicht auf Ike gehört?“ Ein Ball von Tommy Aaron, der 1973 beim Masters seinen einzigen Major-Titel feiern konnte, verfing sich einst in den Ästen der Kiefer, nur um einen Tag später dem Amerikaner fast auf den Kopf zu fallen.

Eisenhower Tree in Augusta 2011
Seit dem ersten Masters 1934 stellte der Eisenhower-Baum 80 Jahre lang ein markantes Hindernis dar

Auch Tiger Woods machte mit der Kiefer unliebsame Erfahrungen. Der 44-Jährige, der heuer als Titelverteidiger ins Masters gegangen wäre, verletzte sich beim Turnier 2011 bei einem Schlag unter den Ästen des „Eisenhower Tree“ am linken Knie und an der Achillessehne und fiel in der Folge mehrere Monate aus. Dank der Verbesserung des Materials hatte der Baum aber schon zu diesem Zeitpunkt seinen Ruf als Hindernis verloren.

Eissturm als Ende und Anfang

Drei Jahre nach Woods’ Malheur schaffte ein Eissturm über Georgia, was Präsident Eisenhower verwehrt blieb. Aufgrund schwerer Schäden im Februar 2014 musste die rund 120 Jahre alte Kiefer gefällt werden. Seitdem ist der Blick auf dem 17. Loch zur Fahne frei. Als „schweren Verlust“ bezeichnete der damalige Augusta-Chairman Billy Payne das notwendige Fällen des Baumes. Selbst Masters-Rekordsieger Nicklaus würdigte die Kiefer, die ihm so oft das Leben schwermachte, als „wichtigen Bestandteil des Spiels, der vermisst werden wird“.

Die Verantwortlichen in Augusta würdigten aber auch die spezielle Beziehung zwischen Baum und Präsidenten. Ein Querschnitt des Stammes ziert die Eisenhower Library in Abilene im US-Bundesstaat Kansas – dort, wo auch der 34. Präsident seine letzte Ruhe fand. Und möglicherweise ziert in naher Zukunft auch ein Nachfolger von „Ike’s Tree“ den Augusta National Golf Course. Denn das Genmaterial des legendären Baumes konnte von Gärtnern dank dreier Zöglinge gerettet werden.