Rennfahrer Stirling Moss beim Grand Prix in Zandvoort 1958
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Formel 1

Motorsportlegende Moss ist tot

Die Formel-1-Welt trauert um Sir Stirling Moss. Der frühere Rennfahrer aus Großbritannien starb nach langer Krankheit im Alter von 90 Jahren in London, wie seine Frau gegenüber der englischen Tageszeitung „Daily Mail“ bestätigte.

„Er ist gestorben, wie er gelebt hat: wundervoll aussehend“, wird Moss’ Frau Susie von der Zeitung zitiert. Moss war von 1951 bis 1961 in der Motorsportkönigsklasse aktiv, startete in 66 Rennen, holte 16 Siege und wurde viermal WM-Zweiter. Damit gilt Moss als der erfolgreichste Rennfahrer der Formel-1-Geschichte, der nie Weltmeister wurde.

Moss, der am 27. September 1929 in London geboren wurde, galt als einer der beste Motorsportallrounder. Er gewann in den verschiedensten Klassen 212 seiner 529 Rennen. Darunter auch die Rallye Mille Miglia in Italien mit neuem Streckenrekord. Mercedes, für das Moss 1955 aktiv gewesen war, schrieb: „Die Sportwelt hat nicht nur eine wahre Ikone und Legende verloren, sondern auch einen Gentleman.“ Die Formel 1 veröffentlichte auf ihrer Website einen Nachruf.

Fotostrecke mit 9 Bildern

Stirling Moss in Gröbming 2016
GEPA/Harald Steiner
Bis ins hohe Alter von 81 Jahren nahm Stirling Moss an Oldtimer-Rennen teil
Stirling Moss 1949
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Aber bereits 1949 konnte Moss als 20-Jähriger bei Formel-3-Rennen seine ersten internationalen Erfolge (Zandvoort, Gardasee) feiern
Stirling Moss 1951
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1951: Stirling Moss setzt in seinen Anfangsjahren auf britische Boliden – mit wenig Erfolg
Stirling Moss am Nürburgring 1959
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1959 gewann Moss in einem Aston Martin das 1.000-km-Rennen auf dem Nürburgring
Stirling Moss Silverstone 1961
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Bei seinem letzten Grand Prix in Silverstone 1961 kam Moss nicht ins Ziel
Stirling Moss 1960
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1960 und 1961 fuhr Moss hauptsächlich für Lotus-Privatteams. In beiden Jahren wurde er WM-Dritter.
Stirling Moss beim Grand Prix von Monaco Grand Prix 1961
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Dreimal konnte Stirling Moss den Grand Prix von Monaco gewinnen – 1956, 1960 und das letzte Mal 1961
Stirling Moss nach seinem Sieg beim GP von Montecarlo 1961
APA/AFP
Stirling Moss nach seinem Sieg beim GP von Monte-Carlo 1961
Unfall von Stirling Moss 1962
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Der Unfall von Goodwood 1962 beendete eine der größten Karrieren im Motorsport brutal

Schon früh im Rausch der Geschwindigkeit

Dem Rausch der Geschwindigkeit verfiel er schon als Teenager. Sein Vater war Hobbyrennfahrer, seine Mutter machte sich als Rallye-Pilotin einen Namen. „Eine Kurve mit Vollgas zu durchfahren, ist schwierig. Aber dieselbe Kurve mit Vollgas zu nehmen, wenn auf der einen Seite eine Mauer und auf der anderen ein Abgrund ist, das ist eine echte Leistung“, sagte Moss später einmal.

Schon mit 15 durfte er dank einer Sondergenehmigung den Führerschein machen, den er später wegen seiner rasanten Fahrweise allerdings mehrfach wieder abgeben musste. Auch auf der Rennstrecke machte ihn sein Bleifuß berühmt. Taktisches Fahren war nicht die Sache von Moss, stattdessen ging er stets mit Leidenschaft ans Limit. Auf viele Siege in unteren Klassen folgte 1951 das Formel-1-Debüt in der Schweiz.

Gentleman auch im WM-Kampf

In unterlegenen britischen Autos blieb Moss zunächst jedoch chancenlos. Erst nach seinem Wechsel zu Maserati holte er 1954 seine ersten Punkte bei einem Grand Prix, bevor er im Mercedes 1955 beim Heimrennen in Aintree seine Siegespremiere feierte.

Nach drei Vizeweltmeisterschaften hinter Juan Manuel Fangio in Serie ging Moss nach dem Rücktritt des Argentiniers 1958 als Favorit ins Titelrennen. Bis zum vorletzten Grand Prix der Saison führte er die WM-Wertung an. Beim Finale in Portugal gab er dem strauchelnden Rivalen Mike Hawthorn im Vorbeifahren Tipps, wie er seinen Rennwagen wieder zum Laufen bekommen könnte. Hawthorn fuhr noch in die Punkte und wurde am Ende mit einem Zähler Vorsprung Champion vor Moss. „Das Wichtigste für mich ist der Respekt der anderen Fahrer“, so Moss. Eine weitere WM-Chance ergab sich nicht mehr.

Karriereende nach Horrorcrash

Moss musste 1962 vom Profirennsport zurücktreten, nachdem er bei einem Rennen im englischen Goodwood, nachdem er die schnellste Rennrunde gefahren war, von der Strecke abkam und gegen einen Erdwall prallte. Er lag danach einen Monat im Koma und war zunächst halbseitig gelähmt.

„Ich dachte, ich könnte noch 20 Jahre Rennen fahren. Ich war wirklich auf dem Höhepunkt meiner Karriere“, sagte Moss in Erinnerung an den Unfall. Erst nach über einem Jahr erholte sich Moss von den Folgen des Unfalls. Er kehrte zwar zu Testzwecken nach Goodwood zurück, hatte jedoch nach eigenen Angaben „die Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit des Rennfahrens“ verloren.

Rasantes Leben auch nach der Formel 1

Moss stürzte sich in das Leben nach der Formel 1. Er wurde erfolgreicher Immobilienmakler, „weil man dafür nichts können muss“. Ganz ohne Motoren und schnelle Autos kam Moss aber nicht aus. In einem James-Bond-Film fuhr er den Fluchtwagen der Bösewichte. Für eine Zeichentrickserie lieh er „Roary, dem Rennauto“ seine Stimme. Bei Oldtimer-Rennen war er bis ins hohe Alter am Start. „In Bewegung komme ich zur Ruhe“, verriet Moss, der im März 2000 zum Ritter geschlagen wurde.

Sogar bei den Motorsportfestivals in Goodwood war der PS-Senior noch lange ein regelmäßiger Gast – und raste ohne Seelenschmerz durch die Fordwater-Kurve. „Wenn ich da vorbeikomme, wird mir klar, wie viel schneller ich fuhr, als ich jung war“, sagte Moss. Anfang 2018 zog er sich schließlich nach einem monatelangen Krankenhausaufenthalt vom öffentlichen Leben zurück und wurde daheim gepflegt. Bei Feierlichkeiten zu seinem 90. Geburtstag im September 2019 nahm seine Ehefrau Susie ohne ihn teil.