Kate Allen (AUT)
AP/Elaine Thompson
Triathlon

Kate Allens Sternstunde in Athen

Am Samstag hat Österreichs bisher letzte Olympiasiegerin bei Sommerspielen einen runden Geburtstag begangen. Kate Allen, die 2004 in Athen in einem hochdramatischen Rennen die Goldmedaille im Triathlon eroberte, wurde 50 Jahre alt. ORF.at blickt aus diesem Anlass zurück auf ihren bemerkenswerten Werdegang und auf die Sternstunde ihre Karriere.

Katherine Jessie Jean Allen wurde am 25. April 1970 in Geelong, einer Hafenstadt in Südaustralien, geboren und wuchs auf einer Schaffarm in der Umgebung von Melbourne auf. Ihre Eltern motivierten sie schon früh zum Sport, sie lief nach eigenen Angaben regelmäßig die etwa drei Kilometer lange Strecke zur Schule und nahm bereits als Kind an Laufwettkämpfen teil. Allen gewann einige Nachwuchstitel und galt als vielversprechendes Talent. Als Elfjährige entdeckte sie dann ihre bis heute anhaltende Leidenschaft für das Turnen, merkte aber bald, dass sie damit zu spät begonnen hatte und es ihr an Beweglichkeit fehlte. Nach dem Schulabschluss ließ sie sich zur diplomierten Krankenschwester ausbilden.

Dass Sport in ihrem Leben noch einmal eine so große Rolle spielen würde, konnte sie nicht wissen, als sie mit ihren vier Freundinnen 1995 zu einer Weltreise aufbrach und dabei auch in Kitzbühel Station machte. Dort verdiente sich die 25-Jährige in einer Bar ihr Reisegeld und ging – um nicht dick zu werden – ins Hallenbad schwimmen. Dort traf sie Marcel Diechtler und freundete sich mit dem damals 18-jährigen österreichischen Nachwuchstriathleten an.

Rasanter Aufstieg in die Weltspitze

Im Sommer 1996 überredete Diechtler sie zu ihrem ersten Triathlon, sie wurde in Kirchbichl Vierte und schwor sich, dass es der erste und letzte Dreikampf gewesen ist. Nach nur drei Wochen wurde Allen aber wortbrüchig und begann nach einer Nachdenkphase mit gezieltem Triathlontraining. 1999 heiratete sie Diechtler, im Jahr darauf schaffte sie dann mit zehn Rennsiegen den Durchbruch. Nach den Europacup-Gesamträngen sechs (2000) und vier (2001) erhielt die Wahltirolerin 2002 die österreichische Staatsbürgerschaft.

Noch als Australierin erzielte sie 2002 als Zweite in Klagenfurt mit 8:58:27 Stunden die beste je bei einem Ironman-Debüt erreichte Frauen-Zeit, bereits als Österreicherin zeigte sie im gleichen Jahr beim berühmten Ironman Hawaii als Siebente auf. 2003 gewann Allen, die in Innsbruck lebte und sich in den Wintermonaten zum Training nach Australien begab, den Ironman Austria in Kärnten in der Jahresweltbestzeit von 8:54:01. Im Olympiajahr 2004 konzentrierte sie sich dann ganz auf die olympische Distanz (1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren und 10 km Laufen) und holte in Valencia EM-Silber.

Kate Allen (AUT)
GEPA/Michael Kop
Bei ihrem Ironman-Debüt in Kärnten musste sich Allen (rechts) nur der Kanadierin Lori Bowden (links) geschlagen geben

Furiose Aufholjagd zu Olympiagold

Am 25. August 2004 landete Allen im Vouliagmeni Olympic Centre südlich von Athen dann den größten Coup ihrer Karriere. „Das ist die totale Überraschung, ich war in der Form meines Lebens“, sollte sie ihr Siegesinterview beginnen, nachdem sie aus schier aussichtsloser Position eine furiose Aufholjagd hingelegt und auf den letzten Metern die australische Favoritin Loretta Harrop noch abgefangen hatte.

In der Form ihres Lebens war die damals 34-Jährige in der Tat. Nach dem in einer Meeresbucht im 26 Grad warmen Wasser ausgetragenen Schwimmen lag sie im 50-köpfigen Teilnehmerinnenfeld nur an der 44. Stelle. 2:01 Minuten hinter der führenden Harrop hatte sie den Rückstand in ihrer mit Abstand schwächsten Disziplin aber in Grenzen gehalten und damit die Basis für den späteren Erfolg gelegt. Auf dem anspruchsvollen Radkurs profitierte Allen von der guten Teamarbeit einer größeren Verfolgergruppe und schob sich mit einer ebenfalls starken Leistung auf den 28. Zwischenrang vor, hatte aber bereits 2:48 Minuten Rückstand auf Spitzenreiterin Harrop.

In ihrer Lieblingsdisziplin Laufen startete sie anschließend sofort den Turbo, machte bei großer Hitze rasch viel Boden gut und hatte vor der letzten von drei Runden nur noch etwa zehn Sekunden Rückstand auf Bronze. Nach weiteren Überholmanövern kam Allen als Zweite auf die Zielgerade, setzte zu einem unwiderstehlichen Sprint an und verwies die zu keiner Gegenwehr mehr fähige Harrop nach insgesamt 2:04:43 Stunden letztlich noch um über sechs Sekunden auf Rang zwei. Mit einer Laufzeit von 34:13 Minuten distanzierte sie die zweitbeste Läuferin um mehr als eine Minute und Harrop um fast drei Minuten.

„Das Rennen meines Lebens“

Auch wenn sie ihre Laufstärke im Vorfeld schon mehrmals bewiesen hatte, war Allen nach dem Triumph von sich selbst überrascht: „Ich habe das selbst nicht geglaubt, wäre mit einem Platz in den Top 15 zufrieden gewesen. Aber das Schwimmen war perfekt, im Radfahren hatte ich eine gute Gruppe und das Laufen war eine Überraschung. Insgesamt war es das Rennen meines Lebens. Dabei musste mir erst mein Mann sagen, dass ich auf Platz drei liege und um Silber laufe. Loretta habe ich erst kurz vor dem Ziel gesehen und sie ist nicht schneller geworden. Das ist ein unglaubliches Gefühl.“ Dabei hatte sie wegen vermeintlich schlechter Schwimmform sogar ernsthaft einen Startverzicht in Erwägung gezogen.

Kate Allen (AUT)
GEPA/Dominic Ebenbichler
Bei der Siegerehrung nach dem Olympiasieg flossen ein paar Freudentränen

Auch die internationale Fachpresse hatte die Weltranglisten-40., die seit der EM im April kein Rennen mehr bestritten und wegen einer Wadenverletzung die WM ausgelassen hatte, nicht auf der Liste der potenziellen Medaillenanwärterinnen gehabt. Vereinzelt wurde sie sogar als „Neuseeländerin“ bezeichnet. In ihrer Wahlheimat Österreich war die erst vierte rot-weiß-rote Sommer-Olympiasiegerin nach Fechterin Ellen Müller-Preis (1932), Speerwerferin Herma Bauma (1948) und Dressurreiterin Elisabeth Theurer (1980) plötzlich ein Star, wurde klarerweise zur Sportlerin des Jahres gewählt und erhielt auch das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik.

Schwerer Sturz behindert Titelverteidigung

In den folgenden Jahren kehrte Allen auf die Ironman-Distanz zurück, gewann 2005 zum zweiten Mal in Klagenfurt und wurde auf Hawaii 2005 und 2006 jeweils WM-Fünfte. Ihr Potenzial im Laufen stellte sie außerdem beim Vienna City Marathon (VCM) 2006 unter Beweis. Im VCM-Halbmarathon bezwang sie in einem österreichischen Duell um den Sieg die Berglauf-Weltmeisterin und spätere ÖLV-Rekordhalterin Andrea Mayr hauchdünn im Sprint. Mit der nahenden Verteidigung von Olympiagold wechselte sie dann wieder auf die Kurzdistanz und wurde 2007 in Kopenhagen wie drei Jahre zuvor Vizeeuropameisterin.

Im April 2008 setzte es dann einen Rückschlag. Beim Weltcup-Bewerb im neuseeländischen New Plymouth war Allen unverschuldet in einen schweren Radsturz mit der US-Amerikanerin Mary Beth Ellis verwickelt. Sie schlug sich drei Zähne aus und erlitt schwere Gesichtsverletzungen sowie einen Seitenbandriss im Daumen. Es war übrigens die einzige Rennaufgabe ihrer Karriere. Allen führte den Sturz auf eine Kollision mit Lisa Hütthaler zurück, ihrer direkten Konkurrentin um einen Platz im ÖOC-Olympiaaufgebot. Hütthaler konnte in einer Untersuchung des Österreichischen Verbandes (ÖTRV) kein absichtliches Fehlverhalten nachgewiesen werden, sie blieb damit vor einer Strafe verschont.

Kate Allen (AUT)
GEPA/Andreas Pranter
Ein schwerer Radsturz in Neuseeland warf Allen in der Olympiavorbereitung für Peking 2008 aus der Bahn

Allen konnte zwar im August in Peking als Titelverteidigerin an den Start gehen, die Unfallfolgen hatten sich aber negativ auf die Form – vor allem im Schwimmen – ausgewirkt und so konnte sie angesichts der Umstände mit dem 14. Platz zufrieden sein. Wenige Tage später kündigte sie ihr Karriereende für das kommende Jahr an.

Abgewehrte Dopinganschuldigungen und Karriereende

Vor dem Ende ihrer Laufbahn musste sie sich allerdings noch mit Dopingvorwürfen herumschlagen. Im Juni 2009 berichtete das österreichische Nachrichtenmagazin „profil“, Allen habe bei ihrem Olympiasieg 2004 unerlaubt ein Asthmamedikament eingenommen. Bei einem nach dem Rennen durchgeführten Dopingtest wurden zwar keine verbotenen Substanzen festgestellt, Allen hatte aber gemäß der Anti-Doping-Richtlinien die Einnahme angegeben.

Sowohl dem ÖTRV als auch dem Internationalen Triathlonverband (ITU) lag die dafür nötige Ausnahmegenehmigung vor, diese war aber von den Verbänden nicht an das Österreichische (ÖOC) und Internationale Olympische Komitee (IOC) weitergereicht worden. Das IOC akzeptierte das nachgereichte Attest allerdings nicht, erst nach Interventionen aus Österreich erhielt Allen die Möglichkeit auf einen überprüfenden Test, der die Asthmaerkrankung bestätigte und damit die drohende Disqualifikation verhinderte. Ihre Klage gegen „profil“ endete nach einer Unterlassungserklärung und Zahlung einer Geldsumme durch das Magazin später außergerichtlich.

Allen beendete ihre Laufbahn schließlich im September 2009 in Gold Coast in ihrem Geburtsland Australien. Ihren sportlichen Abschied aus Österreich hatte die 39-Jährige zuvor im Juli als World-Series-Siebente in Kitzbühel gegeben – also in jener Stadt, in deren Bad es 14 Jahre zuvor zur so entscheidenden Bekanntschaft mit ihrem Ehemann gekommen war. Seit 2011 sind Allen und Diechtler Eltern eines Sohnes.