US-Golfer Tiger Woods beim Ryders Cup in Saint-Quentin-en-Yvelines bei Paris im September 2018
APA/AFP/Eric Feferberg
Ryder Cup

Schlagabtausch mit langer Tradition

Die Coronavirus-Pandemie hat auch den Golfsport fest im Griff. Die drei großen US-Majors sollen zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Die British Open, das vierte Grand-Slam-Turnier des Jahres, finden erst gar nicht statt. Ein Fragezeichen steht auch hinter dem Ryder Cup, der im September für Länderspielstimmung auf dem Golfplatz sorgen sollte.

Noch hält die PGA of America als Veranstalter am Termin fest und dementiert alle Gerüchte, dass das Duell bereits abgesagt und auf das nächste Jahre verschoben worden sei. Die 43. Auflage des Ryder Cup soll vom 25. bis 27. September auf dem Whistling Straits Golf Course in Haven in Wisconsin über die Bühne gehen. Auch Padraig Harrington, der irische Captain der europäischen Auswahl, für die sich mit Bernd Wiesberger als aktuell Neunter des Europarankings erstmals in der Geschichte auch ein Österreicher qualifizieren würde, hofft weiterhin auf eine Austragung.

„Bis September ist noch sehr viel Zeit“, sagte Harrington, der das Prestigeduell bisher sechsmal selbst gewinnen konnte. Auch wenn bis dahin kein weiteres Turnier mehr stattfinden könnte und er ohne den sonst üblichen Qualifikationsmodus alle zwölf statt der üblichen letzten drei Spieler nominieren müsste, macht er sich keine Sorgen. „Was gäbe es Schöneres, als nach der Zwangspause mit dem Ryder Cup zurückzukehren? Zwölf Europäer gegen zwölf US-Amerikaner, die nicht um ein Preisgeld, sondern um Ruhm und Ehre kämpfen. Wäre das für unseren Sport nicht die ideale Art, neu durchzustarten?“

Ideensammlung für virtuelles Fanerlebnis

Dem traditionellen Länderkampf würde jedoch bei einer Austragung im Herbst so gut wie sicher das fehlen, was dem Duell erst die richtige Würze gibt: nämlich die Zuschauer. Eine Veranstaltung, zu der täglich rund 60.000 Menschen pilgern, scheint unmöglich. „Es ist schwer, sich einen Ryder Cup ohne Publikum vorzustellen“, sagte PGA-Chef Seth Waugh dem US-Radiosender WFAN. „Wir überlegen gerade, ob es die Möglichkeit gibt, ein virtuelles Fanerlebnis zu schaffen, und wollen dabei so kreativ wie möglich sein.“

Und Kreativität wird auch gefragt sein. Denn in den bisherigen Duellen machten die Fans nicht erst einmal den entscheidenden Unterschied aus. Viele Stars, darunter der Weltranglistenerste Rory McIlroy, sind deshalb für eine Verschiebung. 2018 herrschte bei der letzten Austragung im Le Golf National in der Nähe von Paris noch Volksfeststimmung. Nach einem Fehlstart stellten die Europäer das Klassement angeführt vom damaligen British-Open-Sieger Francesco Molinari auf den Kopf, ließen sich den Vorsprung angefeuert von 60.000 begeisterten Zuschauern nicht mehr nehmen und holten sich die Trophäe zurück.

Ursprung wurde vor 99 Jahren gelegt

Die Anfänge des Prestigeduells, bei dem Einzelkämpfer als Teamplayer glänzen müssen und bei dem es um kein Preisgeld, sondern nur um die Ehre geht, gehen auf das Jahr 1921 zurück. Da bis dahin noch kein US-Golfer die British Open gewinnen konnte, reiste ein zwölfköpfiges Team vorzeitig nach Großbritannien, um eine optimale Vorbereitung zu gewährleisten. Dabei kam die Idee auf, sich auch mit einer britischen Auswahl zu messen. Der Länderkampf ging zwar mit 3:9 verloren, bei den anschließenden Open setzte sich mit dem gebürtigen Schotten Jock Hutchison allerdings erstmals wirklich ein Amerikaner durch.

Trotz des Erfolgs kam es erst fünf Jahre später zu einer Wiederholung, da vielen US-Golfer die Strapazen einer Überseereise zu groß waren. Und erstmals trat 1926 der britische Saatguthändler Samuel Ryder in Erscheinung, der bereits zuvor zahlreiche Turniere gesponsert hatte und zum Namensgeber des wichtigsten Mannschaftsbewerbs werden sollte. Er schlug den Modus vor und stiftete einen Preis, der nach Unstimmigkeiten bei der geplanten ersten Auflage in Surrey, England, erst im darauffolgenden Jahr beim ersten offiziellen Ryder Cup in Worcester, Massachusetts, vergeben und als erstem Sieger an das US-Team übergeben wurde.

Gänsehaut im Hexenkessel

Seit damals hat sich der Ländervergleich zu einem packenden Erfolgsprojekt entwickelt. Gemessen am weltweiten Interesse ist der Ryder Cup nach den Olympischen Spielen und der Fußball-WM auch ohne Preisgeld eine der größten Sportveranstaltungen weltweit. 2018 waren in Frankreich knapp 270.000 Zuschauer an Ort und Stelle dabei, die TV-Übertragungen erreichten durchschnittlich 620 Millionen Haushalte in 183 Ländern. Ein Erfolgsrezept sind unter anderem die ausgelassene Stimmung bei Fans und Spielern sowie der spannende Modus, der selbst Golflaien alle zwei Jahre in seinen Bann zieht.

Neben der fulminanten Aufholjagd der Europäer 2018 in Frankreich fesselte der Ryder Cup auch davor immer wieder mit packenden Spielverläufen. 2012 lag etwa das US-Team mit Superstar Tiger Woods bei der 39. Auflage vor dem Schlusstag klar mit 10:6 voran. Die Europäer mit dem Engländer Ian Poulter, dem Nordiren Rory McIlroy und Martin Kaymer drehten aber das Duell noch zu ihren Gunsten, wobei der Deutsche den entscheidenden Putt einlochte und damit das „Wunder von Medinah“ schaffte.

Skandal bei „Battle of Brookline“

Eine vergleichbare Aufholjagd war dem US-Team 13 Jahre davor im Country Club in Brookline, einem Vorort von Boston, gelungen, wenn auch mit fragwürdiger Unterstützung der Zuschauer. Damals lagen die Europäer bereits mit 10:6 voran, die US-Amerikaner kamen aber immer näher heran. Im entscheidenden Duell zwischen dem Spanier Jose Maria Olazabal und Justin Leonard versenkte der US-Amerikaner am vorletzten Loch einen Putt aus unglaublichen 15 Metern, woraufhin alle Dämme brachen und sogar das Grün gestürmt wurde. Olazabal, der noch gar nicht geputtet hatte, verlor die Konzentration und das europäische Team, dem bereits ein Remis gereicht hätte, schlussendlich das Duell.

Insgesamt entschied das US-Team von 42 Duellen 26 für sich, zweimal gab es ein Remis, 14-mal gingen die Amerikaner als Verlierer vom Platz. Vor allem in den Anfangsjahren waren die US-Amerikaner praktisch unschlagbar. Bis 1985 entschieden die USA 25 der 27 Duelle für sich, nur 1929 und 1957 setzte es eine Niederlage. Das änderte sich allerdings 1973, als wegen der krassen Außenseiterrolle zunächst auch Iren und ab 1979 eine gesamteuropäische Mannschaft antreten durfte. Der erste Sieg gelang Europa 1985, womit auch eine fast 30-jährige US-Dominanz zu Ende ging, der erste Auswärtssieg überhaupt zwei Jahre später.

Modus seit Anfängen praktisch unverändert

Aufgrund des Aufwands für die Veranstaltung findet der Ryder Cup nur alle zwei Jahre – abwechselnd in Europa und den USA – statt. Von 1939 bis 1945 wurde das Turnier wegen des Zweiten Weltkriegs abgesagt, 2001 wegen der Terroranschläge des 11. September um ein Jahr verschoben, seither findet es in geraden Jahren statt.

Die zwölf Spieler werden teils durch die jeweiligen Preisgeldranglisten sowie durch die Wahl des Kapitäns, der auch die Taktik vorgibt, bestimmt. Europas Kapitän kann drei, der US-Spielführer vier Wildcards vergeben. Gespielt wird nicht wie bei Tourbewerben üblich im Zählwettspiel-, sondern im Lochwettspielmodus (Match Play). Seit 1979 werden an drei Tagen 28 Partien über maximal 18 Löcher gespielt. Am Freitag und Samstag jeweils vier Foursome- und Fourball-Partien, am Schlusstag traditionell die zwölf Einzelmatches. Zum Sieg sind 14,5 Punkte nötig. Bei einem Remis behält der Pokalverteidiger den Cup.