Leere Sitzreihen im Allianz Stadion
APA/Georg Hochmuth
Bundesliga

Wie die Coronavirus-Tests ablaufen

Vor einem möglichen Neustart der tipico-Bundesliga gilt es noch viele Details zu klären, nur eine Frage scheint schon jetzt beantwortet zu sein: An den Testkapazitäten wird eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs der beiden höchsten Klassen wohl nicht scheitern.

Gregor Hörmann, Geschäftsführer der Österreichischen Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie (ÖGLMKC), hat im Gespräch mit der APA seine Sicht auf Probleme und Möglichkeiten bei den Coronavirus-Tests für den Fußball dargelegt.

Anzahl der Untersuchungen

In der Bundesliga sind noch 60 Partien ausständig, dazu kommen das ÖFB-Cup-Finale und das drei Spiele umfassende Europa-League-Play-off. Bei einem „Geisterspiel“ wären laut Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer „minimal 161 Personen“ im Stadion – sollten alle von ihnen vor einem Match auf das Coronavirus untersucht werden, wäre man insgesamt bei knapp über 10.000 Tests, verteilt auf etwa sechs bis sieben Wochen. In der 2. Liga fehlen 88 Matches. Wieder ausgehend von 161 Personen pro „Geisterspiel“, käme man auf über 14.000 Tests.

Laboruntersuchung zur Abklärung des Coronavirus
APA/Hans Punz
Die Untersuchungen laufen schon jetzt auf Hochtouren

Auch diese Zahl wäre laut Hörmann zu stemmen, allerdings immer unter der Vorgabe, dass die Infektionen in Österreich nicht wieder stark steigen. „Aber grundsätzlich sind solche Zahlen bewältigbar, vor allem über einen Zeitraum von mehreren Wochen und bei der Anwendung von Proben-Pooling.“ Bei Letzterem werden Abstriche von fünf Personen zu einem PCR-Test zusammengefasst. In dieser Rechnung nicht inkludiert sind Testungen während der Trainingsphase vor dem Neustart, doch auch hier sollten die Ressourcen reichen. „Wir haben die Zahl der täglichen Tests zuletzt massiv erhöht, sind derzeit bei 6.000 bis 7.000 pro Tag und dabei nicht an den Obergrenzen.“

Art der Tests

Die Betroffenen würden sich PCR-Tests unterziehen, die darüber Auskunft geben, ob eine Person aktuell mit dem Coronavirus infiziert ist und ihn auch übertragen kann. Durch einen PCR-Test kann nicht nachvollzogen werden, ob ein Mensch die Erkrankung schon vor Wochen hatte und deshalb immun sein könnte. Diese Erkenntnis wäre durch Antikörpertests zu gewinnen, allerdings liegt deren Zuverlässigkeit nicht bei 100 Prozent. Daher könnten sich falsch positiv getestete Personen in trügerischer Sicherheit wiegen.

Zudem ist noch nicht zweifelsfrei geklärt, ob ein Mensch, bei dem Antikörper gegen das Coronavirus nachgewiesen werden, wirklich immun ist. „Deshalb raten wir derzeit dringend von Antikörpertests für diese Fragestellung ab“, sagte Hörmann. Die Situation könne sich aber in den Wochen bis zum geplanten Ligastart noch ändern, sollten die Antikörpertests zuverlässiger werden und mehr Erfahrungen zu einer möglichen Immunität vorliegen.

Durchführung und Auswertung

Bei den betreffenden Personen werden von medizinisch geschultem Personal – dafür infrage kommen auch Mitarbeiter der medizinischen Abteilungen der Clubs – Rachenabstriche durchgeführt. Anschließend könnten die Proben etwa mit Botendiensten in die jeweiligen Labore gebracht werden, die Ergebnisse würden laut Hörmann rund vier Stunden später, sicher aber noch am Tag des Rachenabstrichs, feststehen. Der 37-jährige Labormediziner empfiehlt ein bis zwei Testungen pro Person und Woche, sinnvollerweise am Tag eines Spiels oder tags zuvor.

Getestete Personen

Nicht alle Personen, die sich bei einem „Geisterspiel“ im Stadion befinden, müssen nach den Angaben von Hörmann auch zwingend getestet werden. Davon befreit könnten zum Beispiel Journalisten, Mitarbeiter der TV-Produktion oder nicht in den unmittelbaren Spielverlauf involvierte Clubangestellte sein. „Personen, bei denen der nahe Kontakt zu anderen ausgeschlossen ist, könnte man davon ausnehmen“, sagte Hörmann.

Kosten und mögliche Einsparungen

Die Durchführung eines PCR-Tests beläuft sich laut Hörmann auf rund 100 Euro, Ligavorstand Ebenbauer geht von Gesamtaufwendungen im Oberhaus in Millionenhöhe aus. Zwei Möglichkeiten zur Kostenersparnis gibt es – zum einen durch eine geringere Anzahl von zu testenden Personen, zum anderen durch das „Proben-Pooling“. Ist dabei das Ergebnis negativ, weiß man, dass alle fünf Menschen coronavirusfrei sind und benötigte dafür nur einen Test. Sollte ein positives Ergebnis herauskommen, müssten die Proben der fünf Betroffenen noch einmal einzeln getestet werden.

Das erhöht bei einem positiven Ergebnis zwar den Aufwand im Labor, steigert aber insgesamt die Testkapazität enorm. „Proben-Pooling macht nur Sinn, wenn die Durchseuchungsrate gering ist“, erklärte Hörmann. Da dies in Österreich aktuell offensichtlich der Fall sei, „ist diese Methode durchaus verfolgenswert“. Das „Proben-Pooling“ befindet sich noch in einer Evaluierungsphase, soll aber kontinuierlich ausgebaut werden.

Welche Labore in Frage kommen

PCR-Testungen können sowohl in Kliniken als auch in privaten, von Fachärzten geführten Laboren ausgewertet werden. „Ich würde zu Laboratorien raten, wo Ärzte involviert sind und Erfahrung in der Diagnostik von Infektionskrankheiten vorhanden ist“, betonte Hörmann. Andere klar definierte Qualitätskriterien für Labore, die PCR-Tests durchführen, gibt es derzeit nicht. „Das wird aber demnächst kommen“, sagte Hörmann.

Was geschieht bei positiven Tests?

Die Konsequenzen eines positiven Tests eines Spielers sind noch völlig offen. Eine Möglichkeit wäre, die komplette betroffene Mannschaft unter Quarantäne zu stellen, was wohl den Abbruch der Meisterschaft zur Folge hätte. Zwingend notwendig ist das Isolieren des gesamten Teams für Hörmann nicht – den Betroffenen aus dem täglichen Betrieb zu nehmen und dessen Kollegen noch genauer zu testen könnte vielleicht ausreichen, so der Labormediziner. Diese Vorgehensweise kommt in Österreich auch bei Schlüsselkräften im Gesundheitswesen teilweise zur Anwendung.

Liganeustart mit Vorreiterrolle

Hörmann, nach eigenen Angaben „mäßig“ an Fußball interessiert, sieht in einem Liganeustart trotz der nach wie vor grassierenden Pandemie kein wirkliches Problem. „Ich denke, dass es gut ist, ein bisschen in den Normalmodus zurückzukehren, und das wäre ein kleiner Baustein dazu.“

Der Fußball könnte sogar eine Art Vorreiterrolle einnehmen. „Wir werden einfach lernen müssen, in allen Bereichen des Lebens mit dem Virus und dieser Art von Diagnostik umzugehen. Da könnte der Fußball beispielgebend sein, vermutlich werden in anderen Bereichen ähnliche Überlegungen geführt“, erklärte der Labormediziner. „Man hat die Möglichkeit, durch rigorose Testungen ein Stück Normalität zurückzugewinnen.“