Martin Pusic (Mattersburg) und David Gugganig (WSG Tirol)
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Bundesliga

„Pleiteparagraf“ soll gestrichen werden

Je mehr Zeit im Kampf um die Fortsetzung der Saison vergeht, desto unwahrscheinlicher erscheint es, dass die tipico-Bundesliga 2019/20 fertig gespielt wird. Das Damoklesschwert der Quarantäne für Teams mit positiv auf das Coronavirus getesteten Spielern schwebt über allen Plänen – genauso wie finanzielle Einbußen, medizinische und logistische Auflagen. Für den „Worst Case“ soll die Liga nun den „Pleiteparagrafen“ streichen.

Wie die Tageszeitung „Kurier“ am Dienstag berichtet, würde die Mehrheit der zwölf Clubs der obersten Spielklasse bald Konkurs anmelden müssen, sollte die Saison abgebrochen werden. Deshalb soll von der Bundesliga-Hauptversammlung am Donnerstag beschlossen werden, dass der „Pleiteparagraf“ aus dem Lizenzierungsverfahren gestrichen wird. Im schlimmsten Fall würden Vereine trotz Insolvenz in der Bundesliga bleiben dürfen und nicht wie bisher absteigen müssen.

Austria-Vorstand Markus Kraetschmer wird mit der Aussage zitiert: „Nein, die Austria würde einen Saisonabbruch nicht überleben.“ Der Wiener Traditionsverein wäre im Sommer pleite – und stünde mit diesem Schicksal bei Weitem nicht alleine da. Wenn diese Woche keine Lösung gefunden wird, wie der Spielbetrieb sportlich, medizinisch und wirtschaftlich sinnvoll fortgeführt werden kann, müssten in den nächsten Monaten wohl zahlreiche Proficlubs Konkurs anmelden.

Fußball-Bundesliga kämpft um Neustart

Die österreichische Bundesliga kämpft weiter um die Wiederaufnahme des Spielbetriebs. Die entscheidende Hürde bleibt aber die Gesundheit aller Beteiligten.

Unsichere Lage betrifft auch nächste Saison

Der jüngste „Dämpfer“ seitens der Regierung, wonach bei positiven Tests als Maximalmaßnahme 14 Tage Quarantäne für die gesamte Mannschaft notwendig würden, könnte lange nachwirken. Denn noch weiß niemand, wie die Coronavirus-Lage im Spätsommer oder Herbst sein wird. Neben dem möglichen Abbruch der aktuellen Saison steht auch der Beginn der nächsten Spielzeit auf wackligen Beinen.

Wegfallende oder stark verminderte Einnahmen aus Sponsoren- und TV-Geldern sowie völlig ausfallende Zuschauereinnahmen würde auf lange Sicht, zum Beispiel bis zum Winter oder nächsten Frühjahr, wohl nur Meister Red Bull Salzburg finanziell überleben. Laut aktueller Bundesliga-Bestimmung folgen auf eine Insolvenz der Lizenzentzug für den betroffenen Club, verbunden mit dem Zwangsabstieg in die Regionalliga. Nur bei einem gerichtlich abgesegneten Sanierungsplan dürfte der zahlungsunfähige Verein zumindest in der 2. Liga spielen.

Austria-Vorstand Markus Kraetschmer und Bundesligavorstand Christian Ebenbauer
GEPA/Walter Luger
Austria-Wirtschaftsvorstand Markus Kraetschmer und Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer kämpfen gemeinsam mit ihren Kollegen um das wirtschaftliche Überleben der Clubs

Die Bundesliga ist laut „Kurier“ nun bereits in den Notfallmodus gewechselt. Die Empfehlung des Europäischen Fußballverbands (UEFA), während der Coronavirus-Krise die üblichen finanziellen Kriterien für Lizenzen aufzugeben, soll bei der Hauptversammlung am Donnerstag umgesetzt werden. Verhandelt werde nur noch, ob und mit wie vielen Minuspunkten ein Konkurs für die nächste Saison bestraft wird.

Bundesliga überlegt Aufnahme von Millionenkredit

Die Bundesliga spekuliert außerdem mit der Aufnahme eines Millionenkredits. Damit könnten die wegen der Coronavirus-Pause unter wirtschaftlichen Problemen leidenden Clubs der beiden höchsten Spielklassen unterstützt werden, bestätigte Ligavorstand Christian Ebenbauer am Dienstag gegenüber der APA. Dabei könnte es sich um einen zweistelligen Millionenbetrag handeln.

„Wir denken darüber nach, ob es sinnvoll ist, als Bundesliga ein Kreditdarlehen aufzunehmen und damit den Vereinen zu helfen“, sagte Ebenbauer. Die Frage, unter welchen Kriterien das Geld verteilt werden würde, ist am Mittwoch auf der Bundesliga-Clubkonferenz und eventuell am Donnerstag bei der Hauptversammlung ebenfalls ein Thema. „Die Regeln müssten genau festgelegt werden. Es gibt ja auch eine Rückzahlungsverpflichtung“, meinte Ebenbauer.

Deutsche Pläne für Anschober „von großem Interesse“

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) wiederum blickt in Sachen Fußball auch nach Deutschland. „Wir schauen uns natürlich auch in diesen Tagen internationale Erfahrungen an, in der Schweiz etwa, aber auch für uns von großem Interesse ist die Entscheidung, die in Deutschland unmittelbar bevorsteht und für morgen angekündigt ist“, betonte Anschober am Dienstag.

Mit dem Sportministerium, dem Parteikollege Vizekanzler Werner Kogler vorsteht, sei man „in einem geordneten Gesprächsprozess“. In den kommenden Tagen gelte es mit der Bundesliga „die sensibelste aller Fragen“ zu klären, „nämlich was passiert, wenn es zu einer Positivtestung kommt, was sind die konkreten Konsequenzen“, so Anschober. Man müsse „versuchen, da einen Konsens herzustellen. Das ist noch offen, da kann ich noch nicht vorgreifen, ob es funktioniert“, sagte der Gesundheitsminister bei einer Pressekonferenz in Wien.

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer beraten am Mittwoch über Lockerungen in der Coronavirus-Krise. Trotz der am Montag bekanntgewordenen zehn Coronavirus-Fälle in den 36 Clubs der 1. und 2. deutschen Bundesliga erhoffen sich die Verantwortlichen eine positive Entscheidung für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs ohne Zuschauer. Denn für die Vereine geht es um viel Geld. Wird die Saison abgebrochen, würden dem Vernehmen nach bis zu 750 Millionen Euro fehlen. Mehrere Clubs wären akut von der Insolvenz bedroht.