Testspiel des FC Admira Wacker Moedling gegen den SK Sturm Graz
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Bundesliga

Schiedsrichter müssen sich umstellen

Nach mehr als zweimonatiger Coronavirus-Pause rollt mit dem ÖFB-Cup-Finale Red Bull Salzburg gegen Austria Lustenau am Freitag (20.45 Uhr, live in ORF1 und im Livestream) in Klagenfurt endlich wieder der Ball. Durch die „Geisterspiele“ wartet dabei aber auch für die Schiedsrichter eine völlig neue Herausforderung.

„Es ist etwas Neues und wird vielleicht in den ersten ein, zwei Spielen nicht ganz so einfach für den ein oder anderen sein“, sagte Robert Sedlacek, Vorsitzender der ÖFB-Schiedsrichterkommission. Er selbst machte als Schiedsrichterbeobachter schon Erfahrungen mit Spielen ohne Publikum.

„Man darf sich einfach nicht verleiten lassen, weil jetzt weniger Stimmung ist, weniger intensiv zu pfeifen und weniger als 100 Prozent zu geben“, gab Sedlacek die Marschroute vor. „Jeder erwartet von Anfang an, dass alles so läuft, wie es gehört.“

Konzentration auf das Wesentliche

Eigentlich sollten leere Arenen den Spielleitern zugutekommen. Man kann sich dadurch leichter auf das Wesentliche konzentrieren, wird nicht von der Stimmung auf den Rängen abgelenkt. „Es kommt auf die Person an. Für den einen ist es gut, wenn der Druck von den Zuschauern wegfällt, ein anderer wiederum braucht genau so etwas, um über seine Grenzen zu gehen und noch konzentrierter zu sein“, erläuterte Sedlacek. Laut ihm müsse sich jeder ein bisschen umstellen. „Ich bin aber sicher, dass dies gelingen wird“, betonte der Wiener.

SALZBURG,AUSTRIA,22.MAY.20 – SOCCER – tipico Bundesliga, FC Red Bull Testspiel des FC RedBull Salzburg gegen den WSG Tirol. Bild zeigt den Schiedsrichter Sebastian Gishamer.
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Die „Geisterspiele“ aufgrund der Coronavirus-Pandemie stellen auch die Referees vor neue Herausforderungen

Durch die Stille im Stadion versteht man selbst als TV-Zuschauer oftmals Aussagen von Spielern oder Trainern, was bei vollem Haus undenkbar wäre. Jedes Wort der Akteure soll von den Spielleitern nicht auf die Waagschale gelegt werden. „Es ist niemand aufgefordert, alles zu hören, etwa das, was man vielleicht nur flüstert oder nur leicht sagt“, klärte Sedlacek auf. Klare Unsportlichkeiten seien aber klarerweise zu ahnden. „Ich bin überzeugt, dass die Spieler klug genug sind, dass sie da aufpassen, damit wir konfliktfrei über die Runden kommen.“

„Alles ein bisschen ruhiger“

Blickt man nach Deutschland, wo der Ball seit mehr als einer Woche wieder rollt, wird deutlich, dass durch die Coronavirus-Krise weniger Emotionen im Spiel sind, Rudelbildungen die klare Ausnahme sind und auch insgesamt fairer gespielt wird. „Es ist anzunehmen, dass alles ein bisschen ruhiger abläuft“, vermutete auch der 64-Jährige. Emotionen werde es in der Hitze des Gefechts aber immer geben. „Da muss man als Schiedsrichter über den Dingen stehen, aber trotzdem die Zügel in der Hand haben.“

In den Testspielen der Bundesligisten konnten die für die ersten Pflichtspiele vorgesehenen Referees erste „Geisterspiel“-Erfahrungen sammeln. „Sie sollen sich von dem Ganzen rund um die Pause und den Coronavirus nicht verunsichern lassen. Wir wollen, dass die Schiedsrichter gut pfeifen und klar ihren Weg gehen. Es braucht keiner künsteln. Bei manchen Sachen gehört auch noch der Menschenverstand dazu, dann wird es auch funktionieren“, verlautete Sedlacek.

Regionalität hat Vorrang

Die Spielbesetzungen werden wegen der Pandemie erst später als sonst bekanntgegeben. Im Cupfinale wird darauf geschaut, wenn möglich jedes Jahr einem anderen Referee die Chance zu geben. 2019 war Manuel Schüttengruber im Einsatz, 2018 Harald Lechner. In der Liga haben sie jetzt ausnahmsweise die Möglichkeit, in allen Bundesländern zu pfeifen. „Wir wollen die Leute aber nicht endlos durch Österreich schicken und versuchen, möglichst regional immer wieder die annähernd selben Teams zu schicken“, gab Sedlacek Einblick.

Auf Abruf steht jeweils ein Ersatzschiedsrichter bereit. Mindestens wöchentlich werden Coronavirus-Tests durchgeführt. Für mögliche Ausfälle ist man gerüstet. Zu diesen kann es auch deshalb kommen, da es in Österreich kein Profischiedsrichtertum gibt. Alle Unparteiischen sind berufstätig. In den vergangenen Monaten mussten sie auch von ihrem „Brotberuf“ leben, da die Schiris ja nur für die Spiele ein Honorar kassieren. „Im Endeffekt gibt es über das halbe Jahr dasselbe, weil die Spiele ja nachgeholt werden. Ich glaube nicht, dass einer jetzt deswegen in finanzieller Not ist“, sagte Sedlacek.

„Es sind alle bereit“

Sportlich untätig waren Lechner und Co. in dieser Zeit nicht, ihre Fitness wurde zuletzt überprüft. „Es sind alle bereit“, berichtete Sedlacek. Das auch dank Videoschulungen in der fußballfreien Zeit.

Aufholbedarf gibt es hingegen bezüglich der Thematik Video Assistant Referee (VAR). „Von der Schulung sind wir da ein bisschen ins Hintertreffen geraten, und die nächsten zwei Monate werden wir wahrscheinlich auch keine Zeit dafür haben“, erläuterte Sedlacek. Der Videoschiedsrichter soll mit Beginn des Bundesliga-Finaldurchganges 2021 eingeführt werden. Ob man den Beginn genau halten kann, könne man noch nicht sagen. Der Wille zur Umsetzung sei trotz Coronavirus-Pandemie weiter da.