Edwin Moses beim 400 Meter Hürden-Lauf in Los Angeles 1984.
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Leichtathletik

Als die Rekordserie von Edwin Moses riss

Am Donnerstag vor genau 33 Jahren ist in der Leichtathletik die längste Siegesserie auf der Tartanbahn zu Ende gegangen. Nach 122 Siegen hintereinander musste sich der 400-Meter-Hürdensprinter Edwin Moses in Madrid geschlagen geben. Fast zehn Jahre – vom 26. August 1977 bis 4. Juni 1987 – war der US-Star zuvor über die Distanz ungeschlagen geblieben.

Von den Olympischen Spielen 1976 in Montreal bis zum Meeting in Madrid 1987 war der elegante US-Läufer aus Ohio meistens um einige Klassen besser als die Konkurrenz. Je zweimal wurde er Olympiasieger und Weltmeister, viermal verbesserte er den Weltrekord. Golfstar Tiger Woods nannte die Erfolgsserie von Moses die eindrücklichste überhaupt im Sport: „Eines dieser Rennen muss man doch verlieren? Irgendwann muss man an einer Hürde ankommen?“

Aber Moses war derart überlegen, dass er sich auch kleine Fehler leisten konnte. Sein Triumphzug durch die Stadien wuchs zu einer Serie an, die in der Leichtathletik nur die Hochspringerin Iolanda Balas übertraf. Die Rumänin reihte in den 50er und 60er Jahren über 140 Siege aneinander. Aber kein Läufer hat Moses’ Marke auch nur annähernd erreicht: Usain Bolt gewann 45 Rennen in Serie, Michael Johnson 58.

U.S. runner Danny Harrisgewinnt gegen Edwin Moses beim 400 Meter Hürden-Lauf in Madrid.
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Ein Stolperer bei der letzten Hürde kostete Moses die entscheidenden Zentimeter

Letzte Hürde wird zum Hindernis

Der von Woods angesprochene fatale Stolperer kam bei Moses dann doch. Im Estadio Vallehermoso von Madrid lieferte er sich mit Landsmann Danny Harris auf der Zielgeraden ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Bei der zehnten und letzten Hürde unterlief Moses der entscheidende Fehler: Er touchierte die Hürde, warf sie um und verlor damit auf seinen Gegner den halben Meter, der ihm schließlich zum Sieg fehlte. Im Nachhinein bereute Moses vor allem, dass er das Rennen vor den 12.000 spanischen Fans bestritten hatte, obwohl er sich krank fühlte.

Elf Jahre zuvor hatte er vor über 70.000 Zuschauern in Kanada gewonnen, im riesigen Olympiastadion von Montreal war der 20-Jährige eine der großen Attraktionen gewesen. Mit Sonnenbrille und schwarzer Halskette stürmte Moses innerhalb von wenigen Tagen an die Weltspitze: Landesrekord im Halbfinale, Weltrekord im Finale. In seinen ersten Rennen setzte der Physikstudent gleich neue Maßstäbe.

Eiserner Wille Schlüssel zum Erfolg

Moses beschrieb sich selber als einen disziplinierten Tüftler. Ohne Trainer und mit einer kaum vorhandenen Infrastruktur an seiner Universität ging er früh einen eigenen Weg. Er analysierte seine Rennen am Computer und rannte auch Langdistanzen, um „für die entscheidenden letzten fünf Hürden“ bereit zu sein. Als erster Läufer überhaupt schaffte er es mit 13 Schritten von Hürde zu Hürde, während die meisten Rivalen noch 15 dafür brauchten.

„Alle hatten mir gesagt, das sei unmöglich“, erzählte der bald 65-Jährige über seinen Rhythmus. „Aber es war nur eine Frage der Kondition.“ Eiserner Wille und eine Faszination für das Training ermöglichten es Moses, sich über so lange Zeit an der Spitze zu halten. Bis 1983 verbesserte er den Weltrekord auf 47,02 Sekunden. Es ist die bis heute fünftbeste Zeit.

Boykott verhindert drittes Olympiagold

Auch nach dem Ende seiner Siegesserie prägte Moses noch die 400 m Hürden. 1987 in Rom wurde er zum zweiten Mal Weltmeister. Ein Jahr später gewann er bei den Olympischen Spielen in Seoul die Bronzemedaille. Seine Medaillensammlung könnte sogar noch größer sein, wenn er nicht auf eine Teilnahme an Olympia 1980 in Moskau wegen des Boykotts verzichten müssen und nicht nur an zwei Weltmeisterschaften teilnehmen können hätte. Die Titelkämpfe wurden 1983 und 1987 erstmals überhaupt ausgetragen.

Nach seinem Rücktritt startete Moses eine Karriere im Zweierbob. Als Bremser erreichte er 1990 beim Weltcup in Winterberg den dritten Platz. Nur ein Jahr später brach er seine zweite Laufbahn vorzeitig ab, nachdem er die Qualifikation für die Olympischen Spiele 1992 in Albertville verpasst hatte. In den vergangenen Jahren trat der studierte Physiker und Betriebswirt Moses vor allem als Laureus-Botschafter und Dopingbekämpfer in Erscheinung.