Der belgische Radsportler Eddy Merckx.
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Radsport

Merckx ist 75 und nach Sturz wieder obenauf

Der erfolgreichste Radsportler aller Zeiten wird am Mittwoch 75. Eddy Merckx, wegen seines unstillbaren Erfolgshungers auch der „Kannibale“ genannt, galt in seiner Profizeit von 1966 bis 1978 als nahezu unschlagbar. Seinen Ehrentag wird er daheim in Belgien im Kreise der Familie feiern, was nach seinem schweren Sturz im vergangenen Oktober für Merckx wohl das schönste Geschenk sein dürfte.

Der Unfall bei einer Trainingsfahrt dürfte für Merckx ohne gravierende Folgen geblieben sein. Der Belgier war im vergangenen Herbst auf den Kopf gefallen und daraufhin kurzzeitig auf der Intensivstation in einem Spital in Brüssel. „Es geht mir wieder gut, würde ich sagen. Ich kann mich nicht beschweren. Im Augenblick muss sich niemand um mich Sorgen machen“, sagte Merckx wenige Tage vor seinem 75. Geburtstag.

Der erfolgreichste Radrennfahrer der Geschichte sei auch im hohen Alter noch aktiv, wie er betonte. „Ich fahre längst schon wieder Fahrrad, und zwar viel. Ich bin letzten Samstag und Sonntag gefahren, ein paar Stunden. Ich fahre so zwei-, dreimal die Woche, das sind immer so zwischen 50 und 70 Kilometer pro Runde“, sagte Merckx, der in seiner Laufbahn insgesamt 525 Rennsiege auf der Straße und 98 auf der Bahn gefeiert hatte – eine bis heute unerreichte Marke.

Sein Wort ist in Belgien Gesetz

Von den Gegnern einst gefürchtet, wird er von den Fans geliebt. Als die Tour de France zu seinen Ehren 2019 in Brüssel startete – 50 Jahre nach seinem ersten von fünf Tour-Siegen – feierten ihn 75.000 Fans mit „Eddy, Eddy“-Sprechchören, was dem bodenständigen Pedaleur eher unangenehm war. Vom belgischen König wurde er 1996 in den Adelsstand erhoben. Natürlich trägt auch in Brüssel eine U-Bahn-Station seinen Namen, und bei einer Fernsehwahl zum größten Belgier aller Zeiten landete Merckx 2005 auf dem dritten Platz.

Die ehemalige belgische Rad-Legende Eddy Merckx.
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Den Start der Tour de France im in Brüssel hatte sich Merckx im vergangenen Jahr als Lokalmatador nicht entgehen lassen

Sein Wort ist in Belgien Gesetz, zu widersprechen vermag ihm eher niemand. „Eddy Merckx hat das Recht, jemanden in die Schranken zu weisen. Man muss sich nur seine Karriere anschauen“, sagte jüngst das Supertalent Remco Evenepoel, nachdem er vom Altstar kritisiert worden war. Der 20-Jährige gilt als die große Hoffnung des belgischen Radsport. Bei der WM in Innsbruck 2018 hatte er eindrucksvoll die Junioren-Titel im Zeitfahren und Straßenrennen erobert.

Merckx hatte sich nach seiner aktiven Karriere mit einer eigenen Firma auf die Produktion von hochwertigen Rennrädern konzentriert, immer noch ist Merckx als Organisator und Kommentator von Radrennen aktiv. „Ich habe schnell realisiert, dass Radsport immer Teil meines Lebens ist“, sagte der Radstar. Extravaganz ist und war aber nicht das Erkennungsmerkmal des Belgiers, dessen Erfolgsbilanz die Konkurrenz nach Luft schnappen und die Fachwelt staunen ließ. Merckx tritt als „Elder Statesman“ des Radsports eher volksnah und bodenständig auf.

Erbarmungsloser Fahrstil

In seinen zwölf Profijahren bis 1978 fürchteten ihn seine Konkurrenten als erbarmungslosen „Kannibalen“. Merckx, nach dem eine Metrostation in Brüssel benannt ist und der 1996 vom belgischen König in den Adelsstand erhoben wurde, gewann je fünfmal die Tour de France und den Giro d’Italia. Er war dreimal Weltmeister bei den Profis und siebenmal Sieger des Frühjahrsklassikers Mailand – Sanremo.

Sein erster Tour-Sieg 1969 war eine reine Machtdemonstration. Er gewann alle Wertungen, holte auch das Grüne und das Bergtrikot und hatte in der Endabrechnung fast 18 Minuten Vorsprung auf den zweitplatzierten Franzosen Roger Pingeon. Allerdings dürfen von ihm bis heute kaum differenziertere Stellungnahmen zum Thema Doping erwartet werden.

Der belgische Radsportler Eddy Merckx.
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Merckx in Gelb mit seinem Dauerrivalen Raymond Poulidor 1974 auf dem Weg zu seinem fünften Tour-Sieg

Selbstverständlich gewann Merckx auch alle weiteren Klassiker mindestens zweimal und stellte 1972 in Mexiko-Stadt mit 49,431 Kilometern einen Stundenweltrekord auf. Seine 34 Etappensiege und 96 Tage im Gelben Trikot (inklusive Ruhetage waren es sogar 111 Tage) bedeuten noch heute Tour-Rekord. Der Brite Mark Cavendish kam ihm mit 30 Etappensiegen bisher am nächsten, auf immerhin 79 Tage im Gelben Trikot brachte es der Franzose Bernhard Hinault, der die Tour ebenfalls fünfmal gewann.

Dopingschatten als Begleiter

Merckx war eben sprichwörtlich ein Nimmersatt, in dessen Karriere Doping natürlich ein Thema war, auch wenn er sich nicht dazu äußert. 1969 war er unter bis heute ungeklärten Umständen wegen Dopings vom Giro ausgeschlossen worden war. 1973 und 1977 war er bei der Lombardei-Rundfahrt und dem Fleche Wallonne positiv getestet worden. Nach seinem Karriereende wurde bekannt, dass Merckx regelmäßig Cortison, erst seit 1980 auf der Dopingliste, verwendete.

Neben Merckx gibt es mit Hinault und dessen französischem Landsmann Jacques Anquetil sowie dem Spanier Miguel Indurain nur drei Fahrer, die die Tour de France fünfmal gewinnen konnten. Der US-Amerikaner Lance Armstrong, mit dem der nun 75-jährige Merckx schon früh freundschaftlich verbunden war, wurde als siebenfacher Serienchampion wegen Dopings aus den Siegerlisten der Tour de France gestrichen.