Sportler Alex Zanardi
GEPA/Daniel Goetzhaber
Behindertensport

Hergang von Zanardis Unfall offenbar geklärt

Der frühere Formel-1-Pilot Alessandro Zanardi befindet sich nach seinem schweren Unfall weiter in einem stabilen, aber kritischen Zustand. Der Hergang des Unfalls, der am Freitag bei einem unangemeldeten Handbike-Staffellauf in der Nähe von Pienza passiert war, scheint offenbar geklärt. Den Lkw-Fahrer dürfte keine Schuld treffen. Die Veranstaltung, die über 3.000 Kilometer durch ganz Italien führt, war am Samstag fortgesetzt worden.

Der vierfache Paralympics-Sieger und ehemalige Motorsportler, der 2001 bei einem tragischen Unfall auf dem Lausitzring beide Beine verloren hat, hatte am Freitag die Kontrolle über sein Handbike verloren, war auf die Gegenspur geraten und seitlich in einen Lkw gekracht.

„Ich sah ihn, er wich aus und fiel. Es schien, als hätte er die Kontrolle über sein Handbike verloren“, wurde der 44-jährige Lkw-Fahrer in der Tageszeitung „La Repubblica“ zitiert. Er habe noch versucht, Zanardi auszuweichen. Aber es sei in der engen Kurve, die unter Radfahrern wegen der wohl häufigen Stürze auch „Bastardkurve“ genannt wird, kein Platz gewesen.

Frontalzusammenstoß verhindert

Dennoch konnte er einen Frontalzusammenstoß – der wohl tödlich geendet hätte – verhindern. „Der Fahrer hat nichts falsch gemacht. Alessandro hat einen Fehler gemacht“, sagte Mario Valentini, Trainer des italienischen Para-Radsport-Nationalteams, laut italienischen Medienberichten.

Zanardi nach Unfall in künstlichem Tiefschlaf

Alessandro Zanardi hatte am Freitag mit seinem Handbike einen schweren Unfall und musste im Krankenhaus in Siena in künstlichen Tiefschlaf versetzt werden.

Der Lkw-Fahrer wurde nach dem Unfall von der Polizei vernommen und ein Amateurvideo sichergestellt. Der Fahrer hat nach Angaben seines Anwalts weder unter Drogen- noch Alkoholeinfluss gestanden. Entsprechende Tests seien negativ ausgefallen. „Ich bin am Boden zerstört“, sagte der Fahrer, der ein Fan Zanardis sei und ihn sehr bewundere. Er wolle privat mit Zanardis Familie Kontakt aufnehmen.

Rennen offiziell nicht angemeldet

Zudem wurden Fragen laut, warum der durch den von Zanardi gegründeten Sportverein Obiettivo 3 organisierte Staffellauf nicht offiziell angemeldet wurde – dann wären keine Autos auf den Straßen gewesen. Pienzas Bürgermeister Manolo Garosi sagte einer lokalen Nachrichtenagentur, er habe nichts von der Veranstaltung gewusst. Laut der Zeitung „Corriere della Sera“ seien Straßensperren nur für offizielle Radrennen möglich, die wegen der Coronavirus-Maßnahmen aber noch immer verboten sind.

Doch die Obiettivo tricolore, bei der über 50 paralympische Athleten teilnehmen, wurde ohne Anmeldung als offizielles Rennen gestartet und hätte somit keine Verkehrsbeschränkungen rechtfertigen können, hieß es. Die Veranstaltung wurde trotz des Unfalls am Samstag fortgesetzt. Das sei auch im Sinne von Zanardis Frau Daniela und Sohn Niccolo, hieß es auf der Vereinsseite.

Weiter in kritischem Zustand

Zanardis Zustand ist unverändert kritisch. Wie das Krankenhaus Siena am Sonntag mitteilte, zeigen die laufenden neurologischen Untersuchungen eine „gewisse Stabilität“. Diese Daten müssten aber mit Vorsicht aufgenommen werden, „da das neurologische Bild weiterhin ernst ist“.

Eine plötzliche Verschlechterung sei immer noch nicht auszuschließen, und daher gebe es für ihn nach wie vor nur eine zurückhaltende Prognose, hieß es in der Klinikmitteilung. Der 53-jährige Italiener ist weiter im künstlichen Tiefschlaf und wird beatmet. Weitere Informationen zu seinem Zustand soll es am Montag geben.

Sportler Alex Zanardi
APA/AFP/Andreas Solaro
Für Zanardi nahm ein Staffelrennen am Freitag ein tragisches Ende

Bei dem Unfall zog sich Zanardi schwere Kopf- und Gesichtsverletzungen zu. Auch ein Auge sei sehr schwer betroffen, hieß es. Ob er Hirnschäden erlitt, könne erst bewertet werden, „wenn er aufwacht, falls er aufwacht“, sagte Giuseppe Oliveri, der behandelnde Arzt. Zanardi war am Freitag drei Stunden lang operiert worden.

Hoffen auf zweites Comeback

Die Motorsportwelt hofft, dass dem am 23. Oktober 1966 in Bologna geborenen Zanardi ein erneutes Comeback wie vor 17 Jahren gelingt. 2003 absolvierte er im Deutschen Tourenwagen-Masters vier Läufe in einem eigens für ihn umgebauten Fahrzeug. Zwei Jahre zuvor hatte Zanardi bei einem schweren Unfall beim Champcar-Rennen am 15. September 2001 auf dem Lausitzring beide Beine verloren und musste auf dem Weg zum Krankenhaus siebenmal wiederbelebt werden.

Nach seinem Comeback im Rennsport schlug Zanardi eine zweite Karriere ein, er gewann bei den Paralympics 2012 und 2016 jeweils zweimal die Goldmedaille mit dem Handbike. Auch bei den nächsten Paralympics wollte er an den Start gehen.