Formel-1-Tross mit Masken in der Boxengasse von Spielberg
GEPA/XPB Images/Bearne
Formel 1

Startschuss für einzigartige Saison

Am Sonntag (15.10 Uhr, live in ORF1) beginnt eine der außergewöhnlichsten Saisonen in der Geschichte der Formel 1. Mit fast vier Monaten Verspätung wird mit dem GP von Österreich in Spielberg die 71. WM eröffnet. Für die Königsklasse des Motorsports wird es eine Reise ins Ungewisse, für einige Teams ein Kampf ums wirtschaftliche Überleben.

Die lange Coronavirus-Pause seit der Absage des WM-Auftaktes im März in Australien macht sportliche Prognosen schwierig, auch wenn Mercedes und Red Bull weiter als Favoriten gelten und Ausbaustufen ihrer Triebwerke in die Schlacht werfen. Klar ist, dass man aufgrund des aktuellen Rumpfkalenders mit derzeit nur acht Europarennen ohne Zuschauer außergewöhnlich reagieren muss. Jedes Rennen zählt doppelt.

Wie besonders die Situation ist, zeigte auch der erstmals rein virtuelle Medientermin am Donnerstag. Erneuter Starkregen im Murtal und am Ende strahlender Sonnenschein sorgten dabei für eine spezielle Atmosphäre. Die mit Mund-Nasenschutz ausgestatteten Fahrer nahmen zwar im Pressezentrum des Red Bull Rings Platz, waren aber durch drei Etagen von den Journalisten im Mediencenter getrennt.

Neuland auf und abseits der Rennstrecke

Beantwortet wurden von einem Livemoderator gestellte bzw. davor per Video oder E-Mail eingereichte Fragen. Für die wenigen zugelassenen und wie die Fahrer in die höchste Sicherheitskategorie (Profil 1) eingestuften Journalisten im Pressezentrum gab es nach jeder Interview-Session einen kurzen Exklusivteil. Weil die Ausblicke auf das erste Rennen aneinandergereiht werden mussten, dauerte die Pressekonferenz fast dreieinhalb Stunden.

Der Formel 1 ist offensichtlich bewusst, dass es gerade um sehr viel geht. „Wir kämpfen um einen Kalender mit zumindest 15 Rennen. Und wir sind uns bewusst, dass es ein Jahr des finanziellen Überlebens ist“, hatte Toto Wolff im Vorfeld des WM-Auftaktes die Dramatik festgehalten. Vor allem kleinere Teams könnten Schaden nehmen, so der Mercedes-Teamchef aus Österreich.

Wolff erwartet „Freestyle“ in Spielberg

Sportlich gefällt Wolff aber die spezielle Herausforderung. „Wir fahren mit Autos, die im Februar unter völlig anderen Bedingungen getestet wurden, und haben keinerlei Erfahrungswerte.“ Er erwarte deshalb „ein bisschen Freestyle“. So etwas habe er in zehn Jahren Formel 1 noch nicht erlebt.

Titelverteidiger Lewis Hamiltons trug ein schwarzes Shirt, eine Kappe und einen Mundschutz. Mercedes fährt 2020 mit schwarzer Lackierung, um damit ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Nicht zuletzt Hamilton hatte dafür den Anstoß geliefert. Ob die Fahrer vor dem ersten Rennstart niederknien werden, sei noch nicht ausdiskutiert, sagte Hamilton. „Man wird am Sonntag sehen.“

Schon im Training geht es auch für den Briten vorrangig wieder um Performance im Auto. Der 35-Jährige kann mit seinem siebenten WM-Titel die Rekordmarke von Michael Schumacher egalisieren. Wolff warnte davor, gleich beim ersten Rennen mit der Brechstange zu fahren. „Lewis ist aber clever genug, um beim Start nicht an den Schumacher-Rekord zu denken, sondern nur an Rennsiege.“

Red Bull so gut vorbereitet wie im WM-Jahr

Die Höhenlage, die Hitze und der lange Radstand haben Mercedes zuletzt aber in Spielberg übel mitgespielt. „Ich hoffe, wir sind heuer in einer besseren Position“, sagte Hamilton. „Aber Red Bull ist speziell hier immer sehr stark. Diese zwei Wochenenden werden eine echte Herausforderung für uns.“

Red Bull ist laut seinen Chefs so gut vorbereitet wie zuletzt im letzten Weltmeisterjahr 2013. Man fühlt sich in der zweiten Honda-Saison noch stärker. Pilot Max Verstappen kann wie Ferrari-Jungstar Charles Leclerc in dieser Saison zum letzten Mal Sebastian Vettel als jüngsten Weltmeister ablösen.

Obwohl der Niederländer nach dem „Lock-down“ den RB16 nicht testen konnte, gab sich der Gewinner der beiden jüngsten Österreich-Rennen gelassen. „Nach einer so langen Pause gibt es immer Fragezeichen. Wir wollen sie so gut wie möglich beantworten“, sagte der 22-Jährige. Ob acht, 15 oder 22 Rennen im Kalender stünden, ändere für ihn nicht viel. „Ich will jedes einzelne Rennen gewinnen.“