Obwohl Vettel vierfacher Weltmeister – zuletzt allerdings vor sieben Jahren – ist, muss er sich für einen neuen Arbeitgeber mit Resultaten empfehlen. Mit diesem Ferrari könnte das allerdings zur Mammutaufgabe werden. „Ich hatte kein großes Vertrauen in das Auto, habe mich die ganze Zeit gequält“, beschrieb Vettel seine aktuell noch kriselnde Beziehung zum SF1000, den er „Lucilla“ getauft hatte.
Zumindest in den nächsten Rennen scheint das Mittelfeld die neue Heimat für Vettel zu werden, denn Ferrari-Teamchef Mattia Binotto stellte keine schnelle Aussicht auf Besserung in den Raum. „Es gibt kein Allheilmittel“, warnte der 50-Jährige vor zu großen Erwartungen an den zeitnah angekündigten Umbau des Autos.
„Bremsmanöver wie von einem Anfänger“
Im frustrierenden Versuch, das Auto auf der Strecke zu halten, unterlief Vettel einmal mehr ein grober Schnitzer. „Ein Bremsmanöver wie von einem Anfänger. Die Liste der Fehler ist jetzt schon lang“, kommentierte die „Gazzetta dello Sport“ den Dreher des Deutschen nach einem missglückten Überholversuch gegen seinen designierten Ferrari-Nachfolger Carlos Sainz.
Der Deutsche sei nur noch der „traurige Schatten“ seiner Titelära, höhnte die britische „Daily Mail“ und stellte knallhart fest: „Sebastian Vettel zeigt, warum Ferrari ihn loswerden will.“ Schon im Vorjahr hatte Vettel mit einer Serie von Fahrfehlern seinen Ruf demoliert und so wohl die Entscheidung des Teams beschleunigt, seinen Ende 2020 auslaufenden Kontrakt nicht zu verlängern.
Leclerc die klare Nummer eins
Dass sein Teamkollege Charles Leclerc den unterlegenen Ferrari mit Glück und Geschick noch auf Rang zwei hinter Sieger Valtteri Bottas im Mercedes lenkte, bestärkt das Vertrauen der „Scuderia“ in ihren neuen Hoffnungsträger. Dem 22-jährigen Monegassen fliegen jetzt die Herzen der Italiener zu. Die Frage nach der Nummer eins stellt sich nicht.
Vettel ist daher als Auslaufmodell ziemlich auf sich allein gestellt – erst recht, nachdem er kurz vor dem Rennen in Spielberg die wahren Umstände der bevorstehenden Trennung öffentlich machte und der Darstellung des Teams widersprach.
Ferrari hat keinen „Zauberstab“
So deutet vieles auf einen freudlosen Abschied hin. Teamchef Binotto zumindest fiel vor dem zweiten Saisonlauf an gleicher Stelle als Mutmacher aus. „Wir geben uns alle Mühe, so bald wie möglich das Auto zu überarbeiten. Aber wir wissen, dass kein Paket ein Zauberstab sein kann, der radikal die Hackordnung zwischen den Teams verändert“, sagte Binotto.
Schon vorher hatte Ferrari erhebliche Konstruktionsfehler bei seinem neuen Boliden eingestanden. Die erschütternde Diagnose: Schwacher Motor, schlechte Aerodynamik. Spätestens in zwei Wochen in Ungarn hat das Team eine Generalüberholung anberaumt. Man wolle „jeden Stein umdrehen“, beteuerte Binotto, räumte jedoch ein: „Das wird aber nicht die endgültige Lösung sein.“