Lewis Hamilton (Mercedes)
AP/Reuters/Leonhard Foeger
Formel 1

Zusatzschub für Hamiltons Rekordjagd

Spielberg hat seine Premiere als Eröffnungsstation einer Formel-1-Saison mit Bravour überstanden. Eine Woche nach dem Grand Prix von Österreich ging am Sonntag auch der erste Grand Prix der Steiermark ohne Komplikationen über die Bühne. Mit einem souveränen Sieg versöhnte sich auch Lewis Hamilton mit dem Red Bull Ring, der ihm in der jüngeren Vergangenheit wenig Glück gebracht hatte. Mehr noch: Der Engländer erhielt zusätzlichen Schub für seine Rekordjagd.

„Es war ein wunderbarer Platz, um die WM zu beginnen“, war auch Ross Brawn, seines Zeichens Sportchef der Formel 1, vom rot-weiß-roten WM-Doppel zum Auftakt der durch das Coronavirus durcheinandergewirbelten Saison angetan. Mit zwei perfekt organisierten „Geisterrennen“ zahlten die Veranstalter in Spielberg das Vertrauen des Motorsportweltverbandes mehr als zurück.

Sensationelle TV-Quoten entschädigten für das Fehlen der Fans an der Strecke, an der man mit einem starken Sicherheitskonzept beeindruckte. Mit einem virtuellen Green Carpet, einer interaktiven Fantribüne und ferngesteuerten Butlerwägen bei der Siegerehrung sorgte man auch für Staunen. „Es war zudem der sicherste Platz für den WM-Start“, machte Brawn klar, dass die Latte für die kommenden Rennen hoch liegt. Der nächste Grand Prix steigt bereits am Sonntag auf dem Hungaroring bei Budapest.

Lewis Hamilton (Mercedes)
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Der Red Bull Ring erwies sich auch mit leeren Tribünen als perfekte Bühne für den Saisonauftakt

Sportlich gehörten die beiden Rennen auf dem Red Bull Ring einmal mehr Mercedes. Die als Zeichen gegen Rassismus schwarz lackierten Silberpfeile holten sich dank Valtteri Bottas und Hamilton beide Siege zum Auftakt. Im Grand Prix der Steiermark stand Mercedes am Ende auf den Plätzen eins und zwei. Selbst Dauerregen im Qualifying am Samstag brachte keine Änderung in der Hierarchie. Hamilton hielt mit einer Fabelrunde bei Aquaplaning den ersten Verfolger Max Verstappen über eine Sekunde auf Distanz. Der sechsfache Weltmeister rund Titelverteidiger unterstrich damit seine Favoritenrolle auf den siebenten Titel und damit die Egalisierung des Rekordes von Michael Schumacher.

Hamilton dominiert bei Steiermark-Grand-Prix

Lewis Hamilton feiert den Sieg beim Großen Preis der Steiermark. Platz zwei sichert sich im Finish sein Mercedes-Teamkollege Valtteri Bottas, Max Verstappen komplettiert das Podest.

Achter Ungarn-Sieg im Visier

Schon vor den Toren der ungarischen Hauptstadt kann Hamilton, der auf dem Hungaroring so wie in Kanada bisher siebenmal gewonnen hat, seiner erfolgreichen Karriere einen weiteren Rekord hinzufügen. Mit seinem achten Triumph auf dem Hungaroring kann der 35-jährige Brite ein Stück Formel-1-Geschichte schreiben, denn acht Grand-Prix-Siege auf einer Strecke hat bisher nur Schumacher in Magny-Cours in Frankreich geschafft. Auch in der ewigen Statistik verkürzte Hamilton mit dem 85. Sieg den Rückstand auf den deutschen Rekordhalter auf sechs Erfolge.

„Es ist überwältigend, wie viele Siege, Titel und Poles Michael hat. Sie erinnern mich immer an seine Größe und seine unglaublichen Erfolge“, sagte Hamilton vor der Weiterreise von der Steiermark nach Ungarn. Diese nahm das ganze Mercedes-Team wegen der strengen Hygieneverordnungen im Nachbarland zum spätmöglichsten Zeitpunkt in Angriff. „Niemand will von Montag bis Donnerstag im Hotelzimmer festsitzen“, erklärte Teamchef Toto Wolff, warum sein Team den erfolgreichen Aufenthalt in der Steiermark verlängerte.

Lewis Hamilton (Mercedes)
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Im Vorjahr gelang Hamilton auf dem Hungaroring sein siebenter Streich

Mit dem Sieg in Spielberg und damit auf einer Strecke, die Hamilton im Gegensatz zum Teamkollegen Bottas nicht sonderlich liegt, tankte der sechsfache Weltmeister jedenfalls mächtig Selbstvertrauen. „Österreich ist eine meiner schwächeren Strecken, Montreal und Budapest sind hingegen meine besten“, stellte Hamilton fest. Genau deshalb kam der Start-Ziel-Sieg auf dem Red Bull Ring samt Qualifabelrunde gerade richtig. „In jedem Sport brauchst du Selbstvertrauen. Und Ungarn habe ich immer geliebt“, gab sich der 35-Jährige für Budapest zuversichtlich.

Konkurrenz schwächelt früh

Der Hungaroring ist mit seinen eher langsamen Kurven aber ein Kurs, der auch Red Bull liegt. „Stimmt. Sie sind dort immer gut“, so Hamilton, der sich klar ist, dass Max Verstappen und Alex Albon unabhängig vom Wegbrechen der Ferraris auch in Ungarn die ersten Herausforderer sein werden. „Es wird ein ganz enger Kampf mit ihnen“, ist Hamilton überzeugt. Auch, weil es am Rennsonntag in der ungarischen Tiefebene um die 30 Grad haben soll. „Die Hitze ist und bleibt unsere Achillesferse“, so Wolff.

Red Bull hofft auf Ungarn

Nachdem Mercedes in Spielberg seine Vormachtstellung ausbauen konnte, arbeitet Red Bull nun daran, möglichst bald zum Spitzenreiter in der Formel 1 aufzuholen.

Verstappen wiederum ist nach dem halbherzigen Start in Spielberg klar, dass er als WM-Sechster und mit schon 28 Punkten Rückstand auf WM-Leader Valtteri Bottas im Kampf um den Titel des jüngsten Weltmeisters der Geschichte deutlich zulegen muss. „Wenn du um die WM kämpfen willst, musst du Rennen gewinnen. Wir müssen die Lücke zu Mercedes schließen“, machte der 22-jährige Druck auf sein Team. „Wir brauchen mehr Power auf den Geraden und auch mehr Grip“, lieferte er die To-do-Liste gleich mit.

Unterirdisch läuft es hingegen bei Ferrari. Der „Doppelselbstmord“ in Kurve drei der ersten Spielberg-Runde kann nicht ohne Folgen bleiben. Nicht nur Wolff hat mittlerweile fast schon Mitleid mit dem Traditionsteam aus Italien. „Sie sind derzeit wirklich schwer geprügelt.“ Abschreiben werde er Ferrari aber nie, so Wolff. „Wir wünschen uns alle ein starkes Ferrari. Wir brauchen sie vorne im Kampf mit allen anderen. So etwas wie in Österreich ist nicht gut für die Formel 1“, sagte der Mercedes-Rennchef.