GAK-Spieler hängt enttäuscht im Tornetz
APA/Hans Klaus Techt
Bundesliga

Turbulenzen haben Tradition im Oberhaus

Ein Bundesliga-Club in finanziellen Turbulenzen, das hat in Österreich durchaus Tradition. Nach dem Bilanzskandal um die Commerzialbank hat nun auch den SV Mattersburg ein ähnliches Schicksal wie bereits einige Vorgänger ereilt. Clubs aus dem Oberhaus haben sich schon auf unterschiedliche und teils „kreative“ Weise in eine finanzielle Bredouille gebracht. Das hatte für Verantwortliche, zumeist Präsidenten, auch drastische Folgen.

Am Mittwoch war es endgültig Gewissheit. Der Bankenskandal im Burgenland bedeutet das Ende des SV Mattersburg. Die Lizenz für die Bundesliga wurde zurückgelegt, der Spielbetrieb wird eingestellt. Nach insgesamt 13 Saisonen im Oberhaus ist der Abschied besiegelt, und die zuvor sportlich abgestiegene WSG Tirol hält die Klasse.

Martin Pucher, Gründer und nunmehriger Ex-Chef der Commerzialbank Mattersburg, zog sich nach Bekanntwerden des Skandals als Obmann beim SV Mattersburg nach 32 Jahren im Amt zurück. Der 64-Jährige soll vor der Staatsanwaltschaft bereits gestanden haben, Kredite erfunden und Bilanzen gefälscht zu haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Das Ende einer Ära

Das Aus für den SV Mattersburg reißt ein großes Loch in den burgenländischen Fußball. Zwei Jahre fehlten dem Klub zum 100-Jahr-Jubiläum. Die bewegte Geschichte hat mehrmals eine richtiggehende Euphorie ausgelöst.

Pucher, der einst sogar als Bundesliga-Präsident fungierte, ist nicht der erste Unternehmer, dessen private Turbulenzen Auswirkungen auf einen Bundesliga-Club haben. Doch heimische Oberhausclubs haben auch schon andere Wege „gefunden“, um in eine Misere zu schlittern.

Rapid-Aktie führt zum Ausgleich

Seit Gründung der Bundesliga 1974 gab es viele Fälle, in denen Clubs in der ersten und auch zweiten Liga in finanzielle Not gerieten, in Konkurs gingen oder letztlich auch zusperren mussten. Mit Rapid Wien hat es Anfang der 1990er Jahre einen der prominentesten heimischen Clubs in Österreich ebenfalls arg gebeutelt, die Hütteldorfer standen nach einem gescheiterten Gang an die Börse vor dem Konkursrichter, der am 5. April 1994 zu einem Antrag auf Ausgleich führte.

Im Zuge dieser Misere gab es auch eine Verhaftung: Michael Margules, der federführend an der Rapid-Aktie mitgewirkt hatte und im Vorstand der Rapid AG saß, wurde in New York wegen des Verdachts auf Geldwäsche und der Verwicklung in Drogengeschäfte festgenommen. Das riss auch die Aktie in bisher nicht bekannte Tiefen, letztlich konnte Rapid das schlimmste Szenario aber abwenden und sanierte sich in den beiden folgenden Jahren durch die Unterstützung der Bank Austria. Auch eine Fusion mit der Austria, über die kurz fantasiert worden war, konnte ebenfalls abgewendet werden.

Rapid-Aktie
GEPA/Josef Bollwein
In den 1990er-Jahren kämpfte Rapid aufgrund der Rapid-Aktie ums finanzielle Überleben

Konkurs und Rieger-Affäre beim LASK

Anders war das beim LASK, der tatsächlich mit seinem Erzrivalen „zusammenging“. 1995 war der Club zunächst in Konkurs gegangen, ein 20-prozentiger Zwangsausgleich sicherte schließlich das Überleben, ehe 1997 der LASK und der FC Linz fusioniert wurden. Allerdings war es mehr eine Zusammenführung unter schwarz-weißer Flagge, es blieb beim Namen LASK, und der FC Blau Weiß Linz, aktuell Teil in der 2. Liga, wurde im Unterhaus neu geboren – anstelle von SV Austria Tabak.

Wolfgang Rieger
APA/Rudolf Brandstätter
Ex-LASK-Clubchef Wolfgang Rieger

Doch bald sollte der LASK wieder in Turbulenzen geraten: Der Crash der Bank des Präsidenten und Mäzens Wolfgang Rieger 1999 führte in eine gefährliche finanzielle Schieflage, die nur mit Mühe korrigiert wurde. Der Abstieg in die Zweitklassigkeit war nach dem Debakel um Rieger, der nach einer spektakulären Flucht an die Cote d’Azur in Haft genommen worden und später wegen Veruntreuung und betrügerischer Krida verurteilt worden war, nicht mehr zu verhindern. Unter Präsident Peter-Michael Reichel fand eine Konsolidierungsphase statt, allerdings mussten die Athletiker in der Folge von 2012 bis 2014 auch in der Drittklassigkeit verharren.

Tiroler Träume enden im Abseits

Ende der 1990er Jahre träumte man auch in Innsbruck von Großem und erreichte das zumindest auf nationaler Ebene. 2000 holte man die Meisterschaft, 2001 gelang das Double, und dann nahm das Fiasko seinen Lauf. Das mit einer US-Firma geplante Cross Boarder Leasing, das fast 16 Millionen Euro in die Tiroler Kassen spülen sollte, platzte nach Anzahlung von rund 726.000 Euro. Nach dem Aus in der Champions-League-Qualifikation machten Gerüchte von der Zahlungsunfähigkeit die Runde, im Oktober 2001 trat Präsident Martin Kerscher zurück.

Othmar Bruckmüller übernahm, konnte den schlingernden Club aber nicht mehr stabilisieren. Nach dem dritten Meistertitel in Folge versagte die Bundesliga den Tirolern die Lizenz, der Club schlitterte in den Konkurs und löste sich auf. Bruckmüller und Kerscher wurden wegen grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen zu bedingten Haftstrafen von vier bzw. sechs Monaten verurteilt. Manager Robert Hochstaffl wurde wegen Untreue und Gläubigerschädigung sogar zu vier Jahren und vier Monaten verurteilt. Aktuell ist der 2002 gegründete Club Wacker Innsbruck in der zweithöchsten Klasse aktiv.

Robert Hochstaffl und Martin Kerscher
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Die damaligen Macher beim FC Tirol: Manager Robert Hochstaffl und Präsident Martin Kerscher

Wenn es um Konkurse geht, hat unter den prominenten Clubs der GAK die Nase weit vorne. Nach ihrem Höhenflug Anfang des Jahrtausends (Meistertitel 2004, Anm.) legten die „Rotjacken“ mehrere finanzielle Bruchlandungen hin und entgingen dreimal (2007, 2008, 2009) dank eines Zwangsausgleichs der Liquidation, ehe 2012 der vierte Konkursantrag zu einem Schließungs des Spielbetriebs geführt hatte. Nach einem Neuanfang hat sich der GAK in die 2. Liga zurückgekämpft.

Grazer Konkurse

Doch auch der Grazer Rivale Sturm hatte seine finanziellen Probleme, sogar sehr große. Diese sind untrennbar mit der Ära Hannes Kartnig verbunden, der nicht nur mit seinem Hang zur Selbstdarstellung in die Geschichtsbücher eingehen sollte. Im Oktober 2006 stellte Sturm, das über die Jahre Schulden angehäuft hatte, noch unter Kartnig einen Konkursantrag, einen Monat später musste er seinen Hut nehmen. Kartnig, dessen Ära 14 Jahre angedauert hatte, wurde später wegen schweren Betrugs, grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen und Steuerhinterziehung verurteilt.

Ehemaliger Sturm-Graz-Präsident Hannes Kartnig im Gerichtssaal
Reuters/Lisi Niesner
Hannes Kartnigs Ära bei Sturm Graz endete für ihn letztlich vor Gericht

Sturm selbst kam nach der Konkurseröffnung nicht nur mit einem blauen Auge davon und schaffte den Zwangsausgleich, sondern wurde nur vier Jahre später 2011 wieder österreichischer Meister. Ein Jahr davor war mit Austria Kärnten ein anderer Bundesligist aufgelöst worden. Die Liste an heimischen Oberhausclubs, die sich finanziell in die Bredouille gebracht haben, ist lang, und die Tradition scheint bis zu diesem Tage ungebrochen – Mattersburg hat sie nun fortgesetzt.