Übersichtsaufnahme der Arena in Edmonton während eines Spiels zwischen St. Louis Blues und Chicago Blackhawks
AP/The Canadian Press/Jason Franson
Eishockey

NHL-Sommer im Hochsicherheitstrakt

In Nordamerika wird der Sommer heuer zum Winter. Denn die Saison 2019/20 der National Hockey League (NHL) startet nach 142 Tagen Zwangspause aufgrund der Coronavirus-Pandemie ab Samstag mit einem historischen Play-off-Turnier in zwei Städten durch. Unter strengen Auflagen in zwei Hochsicherheitstrakten soll der Stanley Cup spätestens im Oktober doch noch vergeben werden.

„Das wird, gelinde gesagt, ein ungewöhnliches Unterfangen“, sagte NHL-Commissioner Gary Bettman vor Wiederaufnahme des Spielbetriebs in den Spielorten Toronto und Edmonton. Die NHL entschied nach der CoV-bedingten Saisonunterbrechung, trotz noch nicht fertig gespielten Grunddurchgangs gleich mit einem erweiterten Play-off fortzusetzen.

24 statt wie üblicherweise 16 Mannschaften sind in der K.o.-Phase dabei, wobei 16 Mannschaften in einer im „Best of five“ ausgespielten Vorqualifikation um einen Platz in der Play-off-Hauptrunde kämpfen. Mit Michael Raffl und Michael Grabner sind auch die beiden aktuellen österreichischen NHL-Spieler mit von der Partie. Während Raffl und die Philadelphia Flyers ihr Ticket für die Hauptrunde bereits sicher haben, müssen Grabner und die Arizona Coyotes erst die Serie gegen die Nashville Predators überstehen.

Zwei abgeriegelte „Hub Cities“

Gespielt wird in zwei „Hub Cities“: In Edmonton treffen sich die zwölf qualifizierten Clubs der Western Conference, in Toronto die Eastern Conference. Die Conference-Finali und die Endspielserie um den Stanley Cup (22. September bis längstens 4. Oktober) werden im Rogers Place von Edmonton ausgetragen. Ursprünglich waren Las Vegas und Vancouver als Spielorte vorgesehen gewesen, aus Sicherheits- und logistischen Gründen ging man letztlich nach Edmonton und Toronto – zwei Städte mit geringer Virusausbreitung.

Voraussetzung waren ausreichend Quartier- und Trainingsmöglichkeiten für zwölf Teams und bis zu drei Spiele pro Tag, beginnend mit Mittag. Mannschaften müssen daher eine Stunde nach Spielschluss die Kabinen verlassen, damit diese vor Ankunft der nächsten Teams desinfiziert werden können. Die Mannschaften sind in den zwei Städten abgeschottet, ganz unter sich und müssen sich an strikte Vorgaben halten. Die NHL-Blasen in den zwei Städten sind durch ein Zaunsystem von der Außenwelt abgeschirmt, 97 Security-Mitarbeiter in Toronto und 125 in Edmonton sind zur Überwachung abgestellt.

Spieler der Pittsburgh Penguins und Philadelphia Flyers stehen gemeinsam auf der Eisfläche der Scotiabank Arena in Toronto
Reuters/USA Today Sports/Chase Agnello-Dean/NHLI
In Toronto kämpfen u. a. Raffl (Nr. 12 in orange) und die Flyers um einen Platz im Finale

Drei Hotels in Edmonton und zwei in Toronto stehen der NHL exklusiv zur Verfügung. Für Güter außerhalb ihrer zwei Hochsicherheitszonen hat die Liga ein Lieferservice eingerichtet. „Der Schutz des Hubs und der Blase ist äußerst wichtig, um sicherzustellen, dass die Gesundheit und das Wohlbefinden aller Menschen gewährleistet sind. Das Verlassen der Blase können wir nicht tolerieren“, erklärte Commissioner Bettman.

Detaillierte Planung und fiktive Stimmung

Wie detailliert sich die Liga vorbereitet hat, lässt sich auch an Zahlen messen: Für die Qualirunde wurden in Ost und West jeweils über 1.000 Pucks und Gatorade-Boxen sowie 12.000 Handtücher geordert. Jedes Team durfte 31 Spieler und gesamt maximal 52 Personen mitbringen. Diese müssen sich täglich auf das Coronavirus testen lassen. Sollte ein Spieler positiv getestet werden, muss er sich in Quarantäne begeben. Den Namen gibt die NHL nicht bekannt. Die Spieler durften vorab „aussteigen“, einige wenige haben von dieser Möglichkeit aus meist gesundheitlichen Gründen Gebrauch gemacht.

Die Turniere werden in Abwesenheit der Fans jedenfalls zu reinen TV-Events. Auf die gewohnte Stimmung müssen die Zuschauer daheim trotz leerer Ränge nicht verzichten. Dank eines Sound-Archivs von Partner EA Sports kommt etwaiger Jubel aus der Konserve. Dazu werden die Übertragungen auf ein neues Level gehoben. 32 statt wie bisher 20 Kameras sind pro Spiel im Einsatz. Bedenken, dass bei bis zu drei Spielen pro Tag während des Hochsommers die Eisqualität leiden könnte, hat die NHL nicht. Denn entgegen normalen Spielen würde die Körperwärme von 19.000 Zuschauern fehlen.