Beschädigte Reifen
Reuters/Ben Stansall
Formel 1

Reifen auch Knackpunkt im Jubiläums-GP

Die Formel-1-WM ist keine Soloshow von Mercedes mehr. Red-Bull-Pilot Max Verstappen durchbrach am Sonntag mit einem Triumph beim Jubiläums-Grand-Prix in Silverstone die Dominanz der schwarz lackierten Silberpfeile. Der Niederländer setzte sich vor WM-Leader Lewis Hamilton und Valtteri Bottas durch. Die ersten vier Saisonläufe hatte allesamt einer der beiden Mercedes-Fahrer gewonnen. Knackpunkt waren erneut die Reifen.

Schon beim GP von Großbritannien an gleicher Stelle vor einer Woche hatten die Pneus eine Hauptrolle gespielt. Damals waren in den letzten Runden reihenweise die Reifen explodiert. Lokalmatador Hamilton rettete den Sieg auf nur drei funktionstüchtigen Rädern. Hersteller Pirelli reagierte für den zweiten Teil des Silverstone-Doppels mit einem höheren vorgeschriebenen Reifendruck.

Und dieser könnte Red Bull besser entgegengekommen sein als Mercedes, spekulierte zumindest Hamilton. Während das Mercedes-Duo im britischen Hochsommer mit Blasenbildung zu kämpfen hatte, zog der von Platz vier gestartete Verstappen von Beginn an relativ problemlos seine Runden. „Was für ein großartiges Rennen. Ich denke, wir haben alles perfekt gemacht“, sagte der 22-Jährige.

Verstappen gewinnt in Silverstone

Max Verstappen im Red Bull unterbricht beim zweiten Formel-1-Rennen in Silverstone die Dominanz des Weltmeisterteams Mercedes. Er holt sich dank der besseren Reifenstrategie den Sieg vor Lewis Hamilton und Valtteri Bottas.

Der sechsfache Weltmeister Hamilton konnte mit Platz zwei nur noch Schadensbegrenzeung betreiben. „Wir waren über die Reifen überrascht, das war ein großer Schock“, sagte der Serienweltmeister. „Am Ende war eigentlich nur noch die Hälfte da. Aber ich bin dankbar, dass ich überhaupt durchgekommen bin und Punkte gesammelt habe."

Red Bull beendet achtjährige Durststrecke

Für Verstappen war es der neunte GP-Sieg seiner Karriere, der erste seit Brasilien im November des Vorjahres. Red Bull feierte den 63. Rennsieg der Teamgeschichte. In Silverstone unweit der Fabrik in Milton Keynes hatte der österreichisch-englische Rennstall seit Mark Webber 2012 nicht mehr gewonnen. In der WM-Wertung führt Hamilton nun 30 Punkte vor Verstappen und 34 vor Bottas.

Verstappen überholte bereits beim Start den von Platz drei losgefahrenen Racing-Point-Ersatzmann Nico Hülkenberg. Danach jagte er überraschend die im Training und in der Vorwoche noch klar überlegenen Mercedes. „Ich habe es nicht kommen gesehen“, sagte Verstappen. Weil er im zweiten Teil des Qualifyings die härtesten Reifen aufgezogen hatte, durfte er im Gegensatz zur Konkurrenz auch mit diesen losfahren. „Die Strategie war wichtig.“

Max Verstappen und Valtteri Bottas
APA/AFP/Andrew Boyers
Verstappen konnte erstmals in dieser Saison die Mercedes-Piloten in Schach halten

Bottas und Hamilton mussten wegen des hohen Verschleißes früher an die Box, mit Verstappen übernahm erst zum zweiten Mal in dieser Saison ein Nicht-Mercedes-Fahrer die Führung und baute diese sukzessive aus. Selbst ein nicht optimaler Stopp konnte ihn nicht bremsen. Er kam zwar hinter Bottas auf die Strecke zurück, überholte den Finnen aber sofort wieder und behauptete die Spitzenposition auch bei den zweiten Boxenstopps. Hamiltons Plan, das Rennen auf den malträtierten Reifen ohne weiteren Stopp zu Ende zu fahren, ging sich nicht aus. Auf neuen Pneus hatte der sechsfache Weltmeister im Finish dafür keine Mühe, noch an Bottas vorbeizuziehen. „Das war nicht unser Tag“, resümierte der Brite.

Verstappen bleibt auf dem Boden

Verstappen fuhr seit dem von einem technischen Defekt bedingten Aus beim Auftakt in Spielberg in allen vier Rennen auf das Podest. Überbewerten wollte der Niederländer seinen Sieg aber nicht. „Man muss auch ruhig bleiben. Normalerweise ist Mercedes noch immer das dominante Team.“ Mehr werde man erst in Barcelona wissen. Dort steigt bereits nächsten Sonntag das sechste Saisonrennen.

Verstappens Red-Bull-Teamkollege Alexander Albon wurde hinter Charles Leclerc im Ferrari Fünfter. Dahinter folgten die beiden Racing Point von Lance Stroll und Hülkenberg, der den Mexikaner Sergio Perez nach dessen Coronavirus-Infektion vertrat.

Vettel lästert über Ferrari-Strategie

Zum nächsten Desaster wurde der GP zum 70-Jahr-Jubiläum der Formel 1 für Sebastian Vettel. Der vierfache Weltmeister, der sich nach Saisonende von Ferrari verabschiedet, verpasste nach einem Dreher in der ersten Kurve als Zwölfter WM-Punkte.

Dazu warf der Deutsche seinem Team vor, ihn viel zu früh zum ersten Boxenstopp geholt zu haben. „Ihr wisst, dass ihr das verbockt habt“, lautete ein Funkspruch des 33-Jährigen an seine Crew. „Ich weiß nicht, was in der ersten Ecke passiert ist“, rätselte Vettel über seinen Dreher ohne Feindberührung. „Danach war die Strategie ein bisschen für den Eimer. Wir hätten heute auch mit der verpatzten ersten Runde viel mehr Boden gutmachen können.“

Sein Teamkollege bewies es. Leclerc fuhr mit nur einem Boxenstopp vom achten Startplatz auf Rang vier nach vor. „Das fühlt sich wie ein Sieg an“, sagte der Monegasse, der sich im unterlegenen Ferrari auch in der WM auf Rang vier schob. Vettel dagegen hat als WM-13. erst zehn Punkte auf dem Konto. „Es war ein bisschen Quark“, sagte er.

Grand Prix zum 70-Jahr-Jubiläum in Silverstone

Endstand nach 52 Runden (306,198 km):
1. Max Verstappen NED Red Bull 1:19:41,993
2. Lewis Hamilton GBR Mercedes + 11,326
3. Valtteri Bottas FIN Mercedes 19,231
4. Charles Leclerc MON Ferrari 29,289
5. Alexander Albon THA Red Bull 39,146
6. Lance Stroll CAN Racing Point 42,538
7. Nico Hülkenberg GER Racing Point 55,951
8. Esteban Ocon FRA Renault 1:04,773
9. Lando Norris GBR McLaren 1:05,544
10. Daniil Kwjat RUS Alpha Tauri 1:09,669
11. Pierre Gasly FRA Alpha Tauri 1:10,642
12. Sebastian Vettel GER Ferrari 1:13,370
13. Carlos Sainz ESP McLaren 1:14,070
14. Daniel Ricciardo AUS Renault 1 Runde
15. Kimi Räikkönen FIN Alfa Romeo 1 Runde
16. Romain Grosjean FRA Haas 1 Runde
17. Antonio Giovinazzi ITA Alfa Romeo 1 Runde
18. George Russell GBR Williams 1 Runde
19. Nicholas Latifi CAN Williams 1 Runde

Out: Kevin Magnussen (DEN/Haas)

Schnellste Runde: Hamilton (1:28,451/43.)