Ferrari-Fahrer Sebastian Vettel mit Helm
Reuters
Formel 1

Vettel mit Ferrari auf Konfrontationskurs

Die Risse in der ohnehin strapazierten Beziehung zwischen Sebastian Vettel und Ferrari werden immer tiefer. Der vierfache Weltmeister, der bei der „Scuderia“ mit Saisonende ausgemustert wird, kritisiert sein Team inzwischen offen. Platz zwölf nach einem Dreher und infolge verpatzter Strategie am Sonntag in Silverstone war der vorläufige Höhepunkt einer Vertrauenskrise.

Vettel flüchtete sich in Fatalismus. „Ich glaube, von da, wo ich bin, kann es nicht mehr viel schlimmer werden“, meinte der 33-jährige Deutsche. Das Team hatte ihn seiner Meinung nach im zweiten Silverstone-Rennen viel zu früh zum Boxenstopp hereingeholt. Im anschließenden Stau giftete Vettel am Funk: „Ihr wisst, dass ihr es verbockt habt.“

Ferrari-Teamchef Mattia Binotto wehrte sich gegen die Vorwürfe, durch die Aktion Charles Leclerc gegenüber Vettel begünstigt zu haben. Der Monegasse, im Gegensatz zu Vettel in dieser Saison mit dem unterlegenen Ferrari bereits zweimal auf dem Podest, fuhr am Ende auf Platz vier. „Wir haben Seb nicht geopfert“, betonte Binotto. „Wir haben zu diesem Zeitpunkt gedacht, dass es für ihn keinen Unterschied macht, ein bisschen früher zu stoppen.“

Vettels Frust geht weiter

Der vierfache Formel-1-Weltmeister stolpert derzeit von Fehler zu Fehlentscheidung und wird von seinem Ferrari-Teamkollegen Leclerc regelmäßig geschlagen.

Dreher gleich zu Beginn

Dazu hatte auch Vettel selbst sein Rennen mit dem Dreher ohne Feindberührung in der ersten Kurve verkompliziert. Binotto wollte deshalb von verfehlter Taktik nichts wissen. „Er hat seinem Rennen am Start geschadet, das war der Schlüssel, nicht unsere Strategie“, befand der Schweizer. In ihrer Pressemitteilung titelten die Italiener dann: „Charles, Vierter, aufgrund von Strategie und Können.“ Über Vettel stand darin keine Zeile.

Ferrari-Fahrer Sebastian Vettel dreht sich mit seinem Wagen auf der Rennstrecke
APA/AFP/Andrew Boyers
Gleich nach dem Start machte sich Vettel das Leben mit einem Dreher selbst schwer – noch schwerer, als es bei Ferrari ohnehin ist

In Italien kommentierte die „Gazzetta dello Sport“ in offenbar nur schwer zu erschütterndem Glauben an Ferrari: „Das Dreher-Festival geht weiter, dieses Jahr stehen wir schon bei zwei. Aber anstatt, dass der Deutsche seine Schuld eingesteht, beschuldigt er die Maschine und die Strategie. Es wird Zeit, eine neue Platte aufzulegen“, hieß es am Montag.

Die Zukunftshoffnungen von Ferrari ruhen längst auf Leclerc, das weiß auch Vettel. Der 53-fache Grand-Prix-Sieger, der in dieser Saison noch nie besser als Sechster war, geht nun immer offener in die Konfrontation. Vertraglich ist Vettel aber noch bis Saisonende gebunden – eine schwierige Situation für beide Seiten. Binotto: „Ich denke nicht, dass Sebastian seinen Glauben verloren hat. Er durchlebt gerade aber eine schwierige Phase.“ Vermutlich ist es die schwierigste seiner Karriere.