Vettel flüchtete sich in Fatalismus. „Ich glaube, von da, wo ich bin, kann es nicht mehr viel schlimmer werden“, meinte der 33-jährige Deutsche. Das Team hatte ihn seiner Meinung nach im zweiten Silverstone-Rennen viel zu früh zum Boxenstopp hereingeholt. Im anschließenden Stau giftete Vettel am Funk: „Ihr wisst, dass ihr es verbockt habt.“
Ferrari-Teamchef Mattia Binotto wehrte sich gegen die Vorwürfe, durch die Aktion Charles Leclerc gegenüber Vettel begünstigt zu haben. Der Monegasse, im Gegensatz zu Vettel in dieser Saison mit dem unterlegenen Ferrari bereits zweimal auf dem Podest, fuhr am Ende auf Platz vier. „Wir haben Seb nicht geopfert“, betonte Binotto. „Wir haben zu diesem Zeitpunkt gedacht, dass es für ihn keinen Unterschied macht, ein bisschen früher zu stoppen.“
Vettels Frust geht weiter
Der vierfache Formel-1-Weltmeister stolpert derzeit von Fehler zu Fehlentscheidung und wird von seinem Ferrari-Teamkollegen Leclerc regelmäßig geschlagen.
Dreher gleich zu Beginn
Dazu hatte auch Vettel selbst sein Rennen mit dem Dreher ohne Feindberührung in der ersten Kurve verkompliziert. Binotto wollte deshalb von verfehlter Taktik nichts wissen. „Er hat seinem Rennen am Start geschadet, das war der Schlüssel, nicht unsere Strategie“, befand der Schweizer. In ihrer Pressemitteilung titelten die Italiener dann: „Charles, Vierter, aufgrund von Strategie und Können.“ Über Vettel stand darin keine Zeile.
In Italien kommentierte die „Gazzetta dello Sport“ in offenbar nur schwer zu erschütterndem Glauben an Ferrari: „Das Dreher-Festival geht weiter, dieses Jahr stehen wir schon bei zwei. Aber anstatt, dass der Deutsche seine Schuld eingesteht, beschuldigt er die Maschine und die Strategie. Es wird Zeit, eine neue Platte aufzulegen“, hieß es am Montag.
Die Zukunftshoffnungen von Ferrari ruhen längst auf Leclerc, das weiß auch Vettel. Der 53-fache Grand-Prix-Sieger, der in dieser Saison noch nie besser als Sechster war, geht nun immer offener in die Konfrontation. Vertraglich ist Vettel aber noch bis Saisonende gebunden – eine schwierige Situation für beide Seiten. Binotto: „Ich denke nicht, dass Sebastian seinen Glauben verloren hat. Er durchlebt gerade aber eine schwierige Phase.“ Vermutlich ist es die schwierigste seiner Karriere.