Pierre Gasly
AP/Luca Bruno
Formel 1

Sensationssieg von Gasly in Monza

Der Grand Prix von Italien hat am Sonntag einen völlig unerwarteten Rennausgang und einen Premierensieger in der Formel 1 gebracht. Alpha-Tauri-Pilot Pierre Gasly nutzte die Gunst der Stunde und gewann sensationell in Monza. Nicht minder überraschend die weiteren Podestplätze: McLaren-Pilot Carlos Sainz belegte den zweiten Platz, Lance Stroll (Racing Point) wurde Dritter. Möglich machte dieses Ergebnis ein turbulentes Rennen mit zwei Safety-Car-Phasen, einer Unterbrechung und einer Zeitstrafe für Lewis Hamilton.

Der britische Mercedes-Pilot wurde nach einer unerlaubten Benützung der Boxengasse von der Rennleitung mit einer Stop-an-Go-Strafe belegt und kämpfte sich am Ende auf den siebenten Rang. Da auch sein Teamkollege Valtteri Bottas nur Fünfter wurde, die beiden Ferrari-Piloten Sebastian Vettel (Defekt) und Charles Leclerc (Unfall) sowie Red-Bull-Fahrer Max Verstappen (Defekt) ausfielen, kam erstmals seit Australien 2013 oder 146 Rennen der Sieger nicht aus den Teams Mercedes, Ferrari oder Red Bull.

Gasly, der sich am Ende des Rennens einen dramatischen Zweikampf mit Sainz um den Triumph lieferte, wurde damit zum 109. Sieger in der Formel-1-Geschichte und zum ersten Franzosen seit Olivier Panis im Jahr 1996 in Monaco, der ein Formel-1-Rennen gewinnen konnte. Für Alpha Tauri war es der zweite Sieg überhaupt, den ersten hatte Vettel 2008 ebenfalls in Monza noch im Toro Rosso eingefahren.

Pierre Gasly, Carlos Sainz Jr. und Lance Stroll
Reuters/Jennifer Lorenzini
Ein Siegerbild, mit dem in Monza niemand gerechnet hat: Carlos Sainz, Pierre Gasly und Lance Stroll

„Das war ein verrücktes Rennen“

Entsprechend groß war der Jubel im Team und bei Gasly nach dem Sieg. „Es ist unglaublich. Ich habe keine Worte. Das war ein verrücktes Rennen. Natürlich haben wir von der Roten Flagge profitiert. Es war ein harter Fight mit Carlos. Es ist so viel in den letzten Monaten passiert, und jetzt gewinne ich in Monza. Ich habe immer gesagt, es muss endlich wieder ein Franzose einen Grand Prix gewinnen, dass das ich bin, ist verrückt“, sagte der 24-Jährige.

Sainz konnte sich nicht ganz über den zweiten Platz freuen, war er doch ganz knapp an seinem Premierensieg dran. „Nach der Zieldurchfahrt war ich über den zweiten Platz enttäuscht, eine Runde mehr und ich hätte gewinnen können. In einem normalen Rennen Zweiter hinter Lewis (Hamilton, Anm.) wäre super gewesen“, sagte der zukünftige Ferrari-Pilot. Sainz betonte aber auch: „Ich bin sehr stolz, dass wir vom sechsten auf den zweiten Platz gekommen sind.“

Vettel explodiert die Bremse

Dabei verlief vor allem für Hamilton zu Beginn noch alles programmgemäß. Während der Brite beim Start seine Poleposition optimal nützte, wurden seine ersten Verfolger in der WM zu den großen Verlierern. Bottas verschlief die Startfreigabe, wurde in den folgenden Kurven von Sainz, Lando Norris, Sergio Perez sowie von Daniel Ricciardo überholt und fiel vom zweiten auf den achten Platz zurück. Auch Verstappen misslang der angekündigte Generalangriff gründlich. Der Red-Bull-Pilot fand sich nach der ersten Runde nur auf dem achten Rang wieder.

An der Spitze baute Hamilton seinen Vorsprung auf bis zu zehn Sekunden aus, im hinteren Feld war für Vettel das Rennen früh zu Ende. In der sechsten Runde explodierte beim Ferrari des Deutschen die Bremsleitung. Vettel musste in der Schikane die Ausfahrt nehmen und raste durch Styropor-Aufsteller.

Der Ausfall von Vettel

Für Sebastian Vettel kam früh im Rennen das Aus. Beim Ferrari des Deutschen spielte die Bremse nicht mehr mit.

„Ich mag nicht mehr. Keine Ahnung, wie es dazu gekommen ist. Es muss schon von Anfang an der Wurm drinnen gewesen sein. Zum Glück hatte ich genug Auslauf. Es ist schon nervig, wenn man gar nicht mitfahren kann. Am Dienstag bin ich im Simulator, das Auto hält wenigstens“, erklärte der vierfache Weltmeister sarkastisch.

Strafe für Hamilton und Leclerc-Unfall

Damit war es mit den Turbulenzen im Rennen aber noch lange nicht vorbei. In der 20. Runde musste Kevin Magnussen seinen Haas an einer ungünstigen Stelle abstellen und löste eine Safety-Car-Phase aus. Hamilton und Antonio Giovinazzi kamen als einzige Fahrer zum Reifenwechsel, allerdings war zu diesem Zeitpunkt die Boxengasse noch gesperrt. Beide Piloten bekamen eine Stop-and-Go-Strafe von zehn Sekunden aufgebrummt.

Viele Piloten absolvierten danach regulär ihren Boxenstopp, womit das Feld hinter Hamilton durcheinandergewürfelt wurde. Stroll war Zweiter vor Gasly und Leclerc. Die McLaren-Fahrer Sainz und Norris waren nur noch auf Platz sieben und acht. Bottas und Verstappen lagen überhaupt nur noch auf den Rängen neun und zwölf.

Kaum war das Rennen wieder freigegeben, kam es zu einem schweren Unfall von Leclerc. Der Monegasse krachte in der Parabolica-Kurve in die Streckenbegrenzung und schrottete seinen Ferrari, blieb dabei aber zum Glück unverletzt. Das Rennen musste allerdings nach 27 von 53 Runden unterbrochen werden.

Unfall von Charles Leclerc

Der 999. Grand Prix in der Geschichte von Ferrari endete mit einem Doppelausfall. Charles Leclerc flog spektakulär ab, blieb aber unverletzt.

Spannung pur nach dem Neustart

Hamilton intervenierte bei der Rennleitung gegen seine Strafe – ohne Erfolg. Nach 21 Minuten wurde der Grand Prix mit einem Neustart fortgesetzt. Hamilton blieb an der Spitze und führte vor Gasly, Räikkönen und Giovinazzi. Kurz darauf fuhr der WM-Führende aber in die Box und saß seine Zeitstrafe ab. Hamilton kam als Letzter zurück auf die Strecke, 23 Runden vor Schluss mit 23 Sekunden Rückstand auf die Spitze.

Während Hamilton mit dem Mut der Verzweiflung eine schnelle Runde nach der anderen drehte, musste Verstappen seinen Red Bull wegen eines technischen Defekts in der Box parken. An der Spitze führte Gasly erstmals in seiner Karriere ein F1-Rennen an. Sainz schnappte sich den im Alfa Romeo klar unterlegenen Räikkönen und machte sich als Zweiter auf die Jagd nach Gasly.

Schlussphase in Monza

Pierre Gasly bewahrte am Schluss die Nerven, verteidigte seine Führung gegen Carlos Sainz und brachte seinen ersten Sieg in der Formel 1 über die Ziellinie.

Der Franzose holte alles aus seinem Alpha Tauri raus, sein Vorsprung schmolz aber kontinuierlich. Sainz konnte allerdings den Rückstand lange nicht auf unter eine Sekunde verkürzen. Erst in der letzten Runde fuhr der Spanier ins DRS-Fenster. Es kam zum echten Showdown zwischen Sainz und Gasly. Der Franzose spürte den Druck, bewahrte aber einen kühlen Kopf und rettete den knappen Vorsprung von 0,415 Sekunden über die Ziellinie.

Hamilton gratuliert Gasly

Danach gab es Gratulationen für den Premierensieger. „Ich freue mich für Pierre, er hat sich das verdient. Er hatte einen guten Start und war im Rennen so konstant. Der Sieg war möglich, aber ich bin froh über den dritten Platz“, erklärte Stroll. „Ich möchte Pierre gratulieren, nach all den Schwierigkeiten, die er hatte. Seine Entwicklung ist schön anzuschauen“, sagte Hamilton.

Sein eigenes Rennen bezeichnete der Brite als „unglücklich“. „Aber ich habe es auch genossen, von hinten nach vorne zu fahren. Das war mit 26 Sekunden vielleicht mein längster Boxenstopp überhaupt“, sagte Hamilton, der in der WM-Wertung weiter klar in Führung liegt. Vor dem Grand Prix der Toskana in Mugello am nächsten Wochenende hat Hamilton 47 Punkte Vorsprung auf seinen nun zweitplatzierten Teamkollegen Bottas. Verstappen liegt als Dritter 54 Zähler zurück.

Grand Prix von Italien in Monza

Endstand nach 53 Runden (306,720 km):
1. Pierre Gasly FRA Alpha Tauri 1:47:06,056
2. Carlos Sainz ESP McLaren + 0,415
3. Lance Stroll CAN Racing Point 3,358
4. Lando Norris GBR McLaren 6,000
5. Valtteri Bottas FIN Mercedes 7,108
6. Daniel Ricciardo AUS Renault 8,391
7. Lewis Hamilton GBR Mercedes 17,245 *
8. Esteban Ocon FRA Renault 18,691
9. Daniil Kwjat RUS Alpha Tauri 22,208
10. Sergio Perez MEX Racing Point 23,224
11. Nicholas Latifi CAN Williams 32,876
12. Romain Grosjean FRA Haas 35,164
13. Kimi Räikkönen FIN Alfa Romeo 36,312
14. George Russell GBR Williams 36,539
15. Alexander Albon THA Red Bull 37,533 **
16. Antonio Giovinazzi ITA Alfa Romeo 55,199 *

Rennen nach 26 Runden neu gestartet

Schnellste Runde: Hamilton (GBR/Mercedes): 1:22,746

Out: Sebastian Vettel (GER/Ferrari), Charles Leclerc (MON/Ferrari), Kevin Magnussen (DEN/Haas), Max Verstappen (NED/Red Bull)

* 10 Sekunden Stop-and-Go-Strafe
** 5 Sekunden Strafe