Ghelamco Arena, Ghent, Belgien
Reuters/Francois Lenoir
Champions League

Bei Gent regiert vor Rapid-Duell das Chaos

KAA Gent hat sich noch vor der dritten Qualifikationsrunde zur Champions League gegen Rapid am Dienstagabend (20.30 Uhr, live in ORF1) von Trainer Laszlo Bölöni getrennt. Der 67-jährige Rumäne war damit nicht einmal einen Monat im Amt. Unter seiner Führung gab es in der Liga zwei Niederlagen und immerhin den ersten Saisonsieg in bisher fünf Partien.

Die Entscheidung kam nicht ganz überraschend, hatte es doch viel Kritik auch an der taktischen Ausrichtung unter Bölöni gegeben – etwa auch von Starstürmer Roman Jaremtschuk. „Wir spielen wie eine Zweitligamannschaft, die Art, wie wir Fußball spielen, ist einfach schlecht“, hatte dieser gemeint. Als Folge wurde er vom Coach für das jüngste Ligaspiel aus dem Kader gestrichen. Nun hat Bölöni den Machtkampf verloren.

Die Atmosphäre im und rund um das Team mache eine weitere Zusammenarbeit unmöglich, gab der belgische Vizemeister am Montagnachmittag die sofortige Absetzung des Coaches, der erst im August die Nachfolge von Jess Thorup angetreten hatte, bekannt. Als Interimstrainer wurde vorerst der erst im Sommer als Assistent gekommene 38-jährige Wim de Decker eingesetzt. Unterstützt wird er vom Technischen Direktor Peter Balette.

Interimslösung könnte zur Dauerlösung werden

Das Duo könne sogar zur Dauerlösung aufsteigen. „Wir suchen nicht unbedingt einen neuen Trainer. Wim bekommt die Chance, sich zu beweisen. Er hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er zu großen Dingen fähig ist, und hat jetzt die Möglichkeit, das wieder zu tun. Und das mit Peter Balette. Ich glaube, das wird funktionieren“, sagte Ivan de Witte.

Gents Vorstandsvorsitzender gab sich bezüglich dem schnellen Aus von Bölöni auch selbstkritisch: „In den 20 Jahren meiner Präsidentschaft habe ich bereits viele Entscheidungen getroffen. Wenn du hundert Entscheidungen fällst, wird es immer eine falsche geben.“ Der 67-Jährige sei zwar ein großartiger Trainer, habe aber einfach nicht zum Club gepasst.

„Kenne Mannschaft mittlerweile ziemlich gut“

Für de Decker ist es die zweite Trainerstation nach jener bei Royal Antwerpen, von wo er erst im Sommer als Assistent gekommen war. „Das ist eine große Herausforderung. Ein Vorteil ist, dass ich die Mannschaft mittlerweile ziemlich gut kenne“, sagte der 38-Jährige. Hauptaufgabe sei es nun einmal, wieder Ruhe und Frieden ins Team zu bringen. Dann soll auch der sportliche Erfolg wieder zurückkehren. „Wir wissen, dass wir Qualität im Team haben, das wollen wir jetzt zeigen“, gab de Decker die Marschroute vor.

Balette hatte im Sommer seine Tätigkeit als Assistenztrainer bei Gent beendet und jene als Technischer Direktor begonnen. Nun kehrt der 59-Jährige schnell wieder auf den Platz zurück.

Rapid fährt „nicht auf Sightseeing-Tour“

Ob das Chaos beim belgischen Vizemeister Rapids Chancen erhöht, ist offen. Die Hütteldorfer wollen sich ohnehin keinen Druck machen und schieben die Favoritenrolle von sich. Immerhin hat die Auswahl von Coach Didi Kühbauer ebenso wie Gent das Ticket für die Europa-League-Gruppenphase bereits fix in der Tasche. Darin sieht Sportdirektor Zoran Barisic auch die große Chance. „Mit dem nötigen Engagement und Mut ist etwas möglich. Wir fahren sicher nicht auf Sightseeing-Tour dorthin“, hatte der 50-Jährige unmittelbar nach der Auslosung gegenüber Radio Wien gesagt.

Für Rapid wäre es die insgesamt dritte Teilnahme an der Champions League, bisher war man 1996 und 2005 in der Königsklasse dabei. Fix kalkulieren kann der Club bereits mit den rund drei Millionen Euro Startgeld für die Europa League. Ein Sieg über Gent würde sogar etwa fünf Millionen Euro bringen – so viel zahlte die UEFA im Vorjahr an jene Vereine, die im Champions-League-Play-off scheiterten.

Bilanz gegen belgische Clubs ausgeglichen

Die Chancen auf einen Aufstieg sind für Rapid nicht unrealistisch, zumal die K.-o.-Bilanz gegen belgische Clubs ausgeglichen ist. 1986 wurde in der ersten Runde des Cup der Cupsieger Club Brügge (4:3 h, 3:3 a) genauso ausgeschaltet wie 1989 in der zweiten UEFA-Cup-Runde (2:1 a, 4:3 h). Dafür schieden die Hütteldorfer 1989 in der dritten Runde gegen den FC Lüttich (1:0 h, 1:3 a) aus. Zudem kam 2007 in der ersten UEFA-Cup-Runde gegen Anderlecht (1:1 a, 0:1 h) das Aus.

Mit belgischen Teams matchten sich die Wiener zudem in diversen Gruppenphasen. 2005 gab es in der Champions League ein 0:1 (h) und 2:3 (a) gegen Brügge. 2013 teilte man in der Europa League mit Genk zweimal die Punkte (1:1 a, 2:2 h). Im bisher jüngsten Aufeinandertreffen – neuerlich war Genk der Gegner – gab es 2016 in der Europa League einen 3:2-Heimsieg und eine 0:1-Auswärtsniederlage.

Österreichs Gesamtbilanz gegen belgische Vertreter ist übrigens negativ. 20 Siegen stehen acht Unentschieden und 25 Niederlagen gegenüber. In K.-o.-Duellen liegen die ÖFB-Clubs mit 8:12 zurück. Eines davon gab es vergangene Saison, in dem Brügge gegen den LASK im CL-Play-off mit 1:0 (a) und 2:1 (h) die Oberhand behielt. In der Gruppenphase war dann Red Bull Salzburg für Genk mindestens eine Nummer zu groß, die „Bullen“ siegten mit 6:2 (h) und 4:1 (a).