Skifahrer Adrian Pertleiner
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Ski alpin

RTL-Team feilt am „Hirscher-Schwung“

In vier Wochen beginnt bereits wieder der Winter – zumindest jener der alpinen Skiläufer. Auf dem Rettenbachferner oberhalb von Sölden werden wie jedes Jahr im Riesentorlauf die ersten Weltcup-Punkte der neuen Saison vergeben. Vor allem die RTL-Herren haben im kommenden Winter viel gutzumachen. Helfen soll dabei der „Hirscher-Schwung“, an dem die Truppe unter der Leitung von Michael Pircher, dem langjährigen Coach des im Vorjahr zurückgetretenen Superstars, feilt.

Im Pitztal, ein Tal weiter westlich vom Ötztal, wo der Saisonauftakt erfolgt, bereiten sich die Techniker rund um Marco Schwarz und Roland Leitinger auf den Winter vor. Der Beginn wurde heuer aufgrund der Coronavirus-Situation eine Woche nach vor verlegt. Am 17. Oktober sind die Damen an der Reihe, am nächsten Tag erfolgt der Riesentorlauf der Herren. „Unglaublich, dass es schon in vier Wochen losgeht“, sagte Schwarz am Freitag.

Während der Kärntner nach einer erfreulichen Comeback-Saison nach seinem Kreuzbandriss mit Zuversicht Richtung Saison blickt, hat die nach dem Rücktritt von Marcel Hirscher arg gebeutelte Riesentorlauf-Truppe mit neuem Trainerteam viel Basisarbeit erledigt. Federführend bei den Basisschwung-Umstellungen war eben Hirschers langjähriger Coach Pircher.

Skirennläufer trainieren im Pitztal

Einen Monat vor dem Weltcup-Auftakt in Sölden befinden sich Österreichs Riesentorläufer in der intensiven Vorbereitungsphase.

Erfolgstrainer bremst Erwartungen

Nach vielen Analysen und Diskussionen habe man nun ein gemeinsames Leitbild, an das sich alle hielten, berichtete der Trainer. „Wir reden mittlerweile alle die gleiche Sprache.“ Seine Erwartungen für Sölden seien aber keine Platzierungen, sondern „dass sie die erarbeitete Technik auf den Schnee bringen. Denn das bringt viel Feedback für das weitere Training und die folgenden Rennen.“

Es sei aber fast schwieriger, bei einer ganzen Gruppe die Technik zu verändern, als einen Läufer an die absolute Spitze zu bringen, hat der ehemalige Erfolgscoach von Hirscher erkannt. Vor allem bei Läufern, die schon länger dabei sind. „Aber hätte ich nicht Licht im Tunnel gesehen, hätte ich es mir nicht angetan.“ Pircher warnte aber auch: „Es wird dauern. In einem Sommer kann man nicht alles umkrempeln. Auch Sölden kommt zu früh, um es schon auf den Punkt zu bringen.“

Skifahrer Marcel Hirscher und damaliger ÖSV-Trainer Mike Pircher 2016
GEPA/Harald Steiner
Pircher (r.) gab Hirscher jahrelang die richtigen Tipps mit auf den Weg

Etwa durch einen erfahrenen Läufer wie Roland Leitinger. „Ich bin jetzt wirklich schon ein Zeiterl dabei und habe viele Trainer mitbekommen. Ich setze meine Ansprüche sehr hoch an und möchte an die guten Ergebnisse anschließen“, sagte der Vizeweltmeister von 2017. Nur für Sölden schraubt Leitinger die Erwartungen dann doch etwas zurück. "Aber mittelfristig möchte ich die reingesteckte Arbeit wieder mit guten Rennen krönen. Es geht darum, wieder den Speed für das Podium haben und mit der Weltspitze mitfahren, so der 29-Jährige. Erstmals hat der Salzburger deshalb auch einen Materialwechsel (Salomon) vorgenommen.

CoV-Krise hat auch Positives

Auch für Österreichs Ski-Herren hat die Coronavirus-Pandemie nach dem Saisonabbruch über den Sommer die Trainings etwas verkompliziert. „Andererseits war viel Zeit, um in der Realität anzukommen, nachzudenken und Dinge wieder einmal in Ruhe anzugehen“, sah Pircher im Rückblick auch Positives. Beim Ziel, Konstanz in die schnellen Riesentorlauf-Schwünge zu bekommen, sei man deshalb gut vorangekommen. „Aber natürlich ist es mit jungen Fahrern leichter, ein System umzustellen als mit jenen, bei denen sich die Technik schon eingeschliffen hat.“

Skifahrer Johannes Strolz beim Aufwärmen
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Auf dem Pitztaler Gletscher wird eifrig für die kommende Saison trainiert

Die künftigen Gesamterwartungen im Riesentorlauf brachte Herren-Chef Andreas Puelacher auf den Punkt. „Wir sind auf gutem Weg. Aber den einen Monat brauchen wir schon noch. Und wir dürfen anfangs natürlich noch keine Podestplatzierungen erwarten. Das wäre vermessen.“ Schwieriger mit den Trainings hätten es derzeit die Speed-Fahrer, nachdem die Übersee-Trainings wegen der Coronavirus-Krise ausgefallen sind. Zermatt würde fast exklusiv den Schweizern gehören. „Kein Vorwurf, aber da haben sie jetzt Vorteile. Wir nehmen die Krümel“, sagte Puelacher.

Leere Ränge trüben Vorfreude

Das Fehlen von Zuschauern in Sölden und dann auch bei den folgenden Rennen im Arlberg-Gebiet in Lech/Zürs bedauern die ÖSV-Herren natürlich. „Schade. Aber zu 95 Prozent kriegt man die Leute auf der Strecke eh nicht mit“, sagte Leitinger. „Aber natürlich fehlt die Stimmung im Ziel.“ Schwarz fand den Sommer trotz der Pandemie „cool“, man habe eigentlich ohne Probleme trainieren können. Dass man die vielen Coronavirus-Checks nun als Gurgeltests absolvieren könne, sei „sehr viel feiner“.

Nicht fein ist laut Schwarz hingegen, dass sich im vom Internationalen Skiverband (FIS) adaptierten Kalender nur eine Kombination befindet. Das müsse man hinnehmen. „In Zeiten wie diesen muss man froh sein, überhaupt Rennen zu fahren. Man muss spontan sein und sich auch auf kurzfristige Änderungen einstellen“, sagte der Kärntner. Ohne Zuschauer seien Rennen natürlich nicht ganz so schön – vor allem jene, die speziell von der Stimmung leben, wie das Nightrace in Schladming. „Mich pusht das schon, wenn ich in Schladming auf 40.000 Fans runterschaue“, so Schwarz.