Der slowenische Radfahrer Tadej Pogacar.
APA/AFP/Marco Bertorello
Tour de France

Pogacar sensationell vor Gesamtsieg

Tadej Pogacar hat auf der vorletzten Etappe der Tour de France seinen slowenischen Landsmann Primoz Roglic sensationell noch abgefangen und steht vor dem Gesamtsieg bei der Frankreich-Rundfahrt. Der 21-Jährige nahm Roglic mit dem Sieg im Einzelzeitfahren über 36,2 Kilometer von Lure zur La Planche des Belles Filles am Samstag 1:56 Minuten ab.

Der Vorsprung des Tour-Debütanten auf den im Schlussanstieg eingebrochenen Roglic beträgt vor dem Finalabschnitt nach Paris 59 Sekunden. Bei der „Champagner-Fahrt“ am Schlusstag wird der Träger des Gelben Trikots traditionellerweise nicht mehr angegriffen.

Roglic war mit einem scheinbar sicheren Polster von 57 Sekunden auf seinen ersten Verfolger Pogacar in die 20. und vorletzte Etappe gegangen. Doch der UAE-Fahrer nahm dem Jumbo-Kapitän kontinuierlich Zeit ab und war am Ende fast zwei Minuten schneller als der fünftplatzierte Vuelta-Sieger.

Pogacar fängt Roglic im Zeitfahren ab

Tadej Pogacar steht vor dem Gesamtsieg der Tour de France. Der Slowene fing seinen Landsmann Primoz Roglic am Samstag sensationell im Zeitfahren ab und geht als Gesamtführender in die letzte Etappe.

Eigenen Traum übertroffen

„Einfach unglaublich. Kein Traum mehr, ich hab die Tour de France gewonnen. Ich weiß nicht, wann ich das realisieren werde. Im Anstieg hatte ich keine Durchsagen mehr, wusste keine Zeitabstände. Ich bin dann einfach nur Vollgas gefahren. Eigentlich war mein Traum nur, bei der Tour mitzufahren“, sagte Pogacar unmittelbar nach der Zielankunft, nachdem ihm vom schwer geschlagenen Roglic gratuliert worden war.

„Ich hatte heute nicht die Beine, um schneller zu fahren. Ich habe mein Bestes versucht und alles gegeben, aber Tadej war einfach viel zu stark. Aber trotz der Enttäuschung denke ich, dass wir als Team eine starke Tour gefahren sind“, erklärte Roglic in einer Mitteilung seines Jumbo-Teams. Pogacar zeigte Mitleid mit seinem Landsmann. „Es tut mir leid für Primoz. Er ist bis dahin so eine starke Tour gefahren, war die ganze Zeit überlegen, sein Team machte einen tollen Job, aber dann hatte er heute einen schlechten Tag“, so der designierte Tour-Sieger.

Triumph mit historischem Ausmaß

Kommt Pogacar, der auch schon die neunte und 15. Etappe gewonnen hatte, am Sonntag unbeschadet nach Paris, avanciert er einen Tag vor seinem 22. Geburtstag zum zweitjüngsten Tour-Sieger überhaupt nach dem 19-jährigen Franzosen Henri Cornet vor 116 Jahren (1904).

Neben dem Gelben Trikot wird er auch das Bergtrikot und das Trikot des besten Nachwuchsfahrers holen, das ist in der 107-jährigen Geschichte der Rundfahrt noch niemandem gelungen. Einen Gesamtsieg eines Debütanten hat es seit dem Franzosen Laurent Fignon 1983 nicht mehr gegeben.

Konkurrenten zu Statisten degradiert

Im Kampf gegen die Uhr zur Bergankunft auf der Planche des Belles Filles degradierte Pogacar die Konkurrenten regelrecht zu Statisten. Der zweitplatzierte niederländische Roglic-Edelhelfer Tom Dumoulin hatte bereits 1:21 Minuten Rückstand. Der kreidebleiche Roglic lag nach dem enorm steilen Schlussanstieg als Fünfter 1:56 zurück.

Der Favorit hatte das Rennen mit seinem dominanten Jumbo-Team eigentlich von Beginn an dominiert, nach elf Tagen im Führungstrikot steht der 30-Jährige nun aber völlig unerwartet mit leeren Händen da. Als Dritter neben den beiden Slowenen wird Richie Porte vom Trek-Team erstmals auf dem Tour-Podest stehen. Der Australier schob sich als Dritter des Zeitfahrens noch auf Rang drei vor. Bora-Profi Felix Großschartner belegte Rang 32 und ist Gesamt-63., Marco Haller – der zweite im Feld verbliebene Österreicher – landete nicht in den Top 100.

Die 21. und letzte Etappe startet am Sonntag in Mantes-la-Jolie und endet nach 122 Kilometern auf den Champs Elysees in der Hauptstadt. Erwartet wird ein Massensprint, wegen der steigenden CoV-Infektionszahlen sind im Zielbereich aber nur 5.000 Zuschauer erlaubt.

107. Tour de France

20. Etappe

Zeitfahren Lure - La Planche des Belles Filles (36,2 km):
1. Tadej Pogacar SLO 55:55
2. Tom Dumoulin NED + 1:21
3. Richie Porte AUS 1:31
4. Wout van Aert BEL 1:31
5. Primoz Roglic SLO 1:56
6. Remi Cavagna FRA 1:59
7. Damiano Caruso ITA 2:29
8. David De la Cruz ESP 2:40
9. Enric Mas ESP 2:45
10. Rigoberto Uran COL 2:54
14. Mikel Landa ESP 3:27
23. Adam Yates GBR 4:27
32. Felix Großschartner AUT 5:31
36. Nairo Quintana COL 5:54
45. Miguel Angel Lopez COL 6:17
47. Alejandro Valverde ESP 6:26
81. Richard Carapaz ECU 7:53
139. Marco Haller AUT 10:45

Gesamtwertung

Stand nach 20 von 21 Etappen:
1. Tadej Pogacar SLO 84:26:33
2. Primoz Roglic SLO + 0:59
3. Richie Porte AUS 3:30
4. Mikel Landa ESP 5:58
5. Enric Mas ESP 6:07
6. Miguel Angel Lopez COL 6:47
7. Tom Dumoulin NED 7:48
8. Rigoberto Uran COL 8:02
9. Adam Yates GBR 9:25
10. Damiano Caruso ITA 14:03
12. Alejandro Valverde ESP 17:41
13. Richard Carapaz ECU 24:44
17. Nairo Quintana COL 1:02:46
63. Felix Großschartner AUT 3:24:11
143. Marco Haller AUT 5:46:27
Aufgabe u.a.: Gregor Mühlberger (AUT), Lukas Pöstlberger (AUT), Michael Gogl (AUT), Egan Bernal (COL)