Skifaherin auf der Piste
GEPA/Harald Steiner
Ski alpin

Söldner Gletscher wird zu CoV-Testpiste

Nach Formel 1 und Moto-GP ist Österreich mit dem alpinen Weltcup-Auftakt neuerlich das „Versuchslabor“ eines sportlichen Großereignisses in der Coronavirus-Pandemie. Der Druck ist groß, denn die ganze Wintersportwelt blickt gespannt ins Tiroler Ötztal und hofft auf gutes Gelingen. Die 55. Weltcup-Saison wird jedenfalls eine ganz besondere.

Denn nach dem vorzeitigen Ende der vergangenen Saison wird der Auftakt in den WM-Winter mit zwei Riesentorläufen bei Damen und Herren (Samstag und Sonntag, jeweils ab 10.00 Uhr live in ORF1) wegen der nach dem Sommer wieder aufgeflammten Epidemie zu einer Nagelprobe.

Nicht nur sportlich, sondern wegen ständig steigender Infektionszahlen und Veranstaltungsverboten in Österreich auch für den Wintertourismus. FIS-Renndirektor Markus Waldner hat die erfolgreiche Durchführung des Weltcups 2020/21, in dem Geschlechter- und Disziplinentrennung für zusätzliche Sicherheit sorgen soll, schon vor dem Saisonstart zur „Überlebensfrage“ erklärt.

Saisonauftakt in Sölden

Obwohl das Training der Damen am Donnerstag wetterbedingt abgesagt werden musste, ist im Damen-Team die Vorfreude auf den Saisonauftakt des alpinen Skiweltcups in Sölden am Samstag groß.

Umfangreiches Konzept

Aber Sölden war bereit, mehr oder weniger alle Veranstaltungen im Ort selbst abzusagen, und bietet mit dem spektakulären Rennhang am abgelegenen und drei Tage lang abgeschotteten Rettenbachgletscher nahezu ideale Voraussetzungen. Zudem ist der Weltcup-Auftakt eine Angelegenheit nationaler Wichtigkeit, was behördliche Erleichterungen bringen kann. Vor allem aber hat der ÖSV ein umfangreiches Präventionskonzept erstellen lassen, das man gemeinsam mit der FIS und dem Weltcup-Ort Sölden umsetzt.

Die Eckpfeiler dieses Konzepts, das von einer Taskforce koordiniert wird, sind folgende:

  • Keine Zuschauer: Bei der Konzepterstellung stand wegen der aktuellen Covid-19-Verordnungen rasch fest, dass es nur ohne Zuschauer geht. Dank der Vorverlegung der Rennen um eine Woche hat man den Gletscher drei Tage exklusiv für die Rennen. Der ÖSV plant zunächst bis zum Jahresende alle Weltcup-Events ohne Zuschauer, evaluiert aber monatlich die Situation auf eventuelle Lockerungen.
  • An- und Abreise: Der Weltcup-Auftakt wurde zu einer nationalen Angelegenheit erhoben, was Dinge erleichtert. So kommt der ÖSV den teilnehmenden Nationen auch in der Administration entgegen, indem er diesen hilft, wenn nötig die für eine Einreise benötigten Vorgaben zu erfüllen. Die Rennteams und ihre Entourage genießen eine Art Sonderstatus. Schwieriger könnte sich für einige Nationen die Rückreise ins Heimatland erweisen. Die Auffahrt über die Gletscherstraße erfolgt individuell bzw. mit begrenzter Personenzahl in Pkws oder Bussen. Staus wie sonst üblich sind nicht zu erwarten, weil das Renngelände für den Tourismus gesperrt ist.
Zuschauer an der Piste in Sölden
GEPA/Patrick Steiner
Ein Spektakel wie im Vorjahr wird es heuer im Schatten des Rettenbachferners nicht geben
  • Viele Tests: Negative PCR-Tests nicht älter als 72 Stunden sind Voraussetzung für eine Teilnahme bzw. den Erhalt einer Akkreditierung. In Sölden selbst wird zudem ab Mittwoch für kurzfristige Schnelltests ein „LAB Truck“ mit mobilem Hightech-Labor vom Land Tirol stationiert. Das Ergebnis soll innerhalb weniger Stunden vorliegen.
  • Vier „Blasen“: Die am Weltcup-Auftakt beteiligten Personen werden in vier „Blasen“ aufgeteilt und wohnen in zugeteilten Hotels. Athleten, Serviceleute und der FIS-Staff bilden die Gruppe „Rot“. Mitarbeiter und Personen aus Fremdfirmen sind „Blau“. Unter „Gelb“ versammeln sich Medien und die Mitarbeiter des Host-Broadcasters ORF. Sie dürfen die Aktiven auch in offenen Mixed-Zonen wie einer, die in einer Tiefgarage errichtet wurde, interviewen. Rund 200 spezielle Gäste („Grün“) dürfen im Zielbereich auf zugeteilten Plätzen der fixen Betontribüne Platz nehmen. Sie brauchen keinen Test.
  • Abstand halten: Abstand halten ist auch in Sölden die oberste Maxime. Die Siegerehrungen finden zwar wie immer direkt im Zielraum statt, die Sportler und Sportlerinnen müssen sich ihre Preise aber voraussichtlich selbst von einem Tisch abholen. Händeschütteln und Gratulationen im klassischen Sinn fallen aus. Abseits der Rennen wird an die Eigenverantwortung der Athletinnen und Athleten sowie aller Verantwortlichen appelliert.

Neues Konzept im Dezember?

Der ÖSV veranstaltet mit Lech/Zürs Mitte November auch das zweite Weltcup-Event dieser nach dem Wegfall der Nordamerika-Rennen zum „Europacup“ gestutzten Saison und will das Söldener Präventivkonzept dort – angepasst – erneut anwenden. Auch das abgelegene Levi im finnischen Lappland bietet günstige Voraussetzungen. Spätestens im Dezember, wenn es für Damen und Herren in St. Moritz, Courchevel bzw. Val d’Isere inmitten des normalerweise dann einsetzenden Wintertourismus voll losgeht, braucht der Weltcup aber wohl einen neuen Plan.