Diego Maradona
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Chronik

Stehaufmännchen Maradona feiert 60er

Diego Armando Maradona: Dieser Name steht für ein Leben zwischen den Extremen, zwischen Himmel und Hölle, zwischen Genie und Wahnsinn. Als Fußballer war die „Hand Gottes“ so unbeschreiblich gut wie vielleicht niemand davor oder danach. Als Mensch aber hatte er zahlreiche Krisen zu bewältigen – und erwies sich doch immer als Stehaufmännchen. Am Freitag feiert er seinen 60. Geburtstag.

Maradona wird sein Jubiläum wohl in Argentinien begehen. Seit dem vergangenen September trainiert er den Erstligisten Gimnasia y Esgrima La Plata. Auch auf Instagram ist er seit einiger Zeit aktiv. Dort sieht man ihn mit einem kleinen Hund auf dem Arm, mit einer Taktiktafel im Garten oder mit einer einem Astronautenhelm ähnelnden Spezialmaske zum Schutz vor dem Coronavirus auf dem Kopf. Auf den Fotos sieht Maradona meist schlank und gesund aus, einmal trägt er sogar eine modische Brille. Die Botschaft: Es geht ihm gut.

Für die meisten ist Maradona ein Mythos geblieben. Die Legende begann in der Siedlung Villa Fiorito am Rande von Buenos Aires, wo „El Pibe de Oro“ (der Goldjunge) früh vom Erstligisten Argentinos Juniors entdeckt wurde. Als zwölf Jahre alter Ballbub soll er den Zuschauern mit seinen Kabinettstückchen während der Halbzeitpausen schon mehr Unterhaltung als die erste Mannschaft geboten haben. Im Alter von 15 Jahren gab er sein Debüt in der ersten Liga, mit 16 war er Nationalspieler, mit 17 Torschützenkönig und als 19-Jähriger erstmals Südamerikas Fußballer des Jahres.

Maradona scheute Vergleich mit Pele

Ob er der neue Pele sei, wollten argentinische Reporter damals von ihm wissen. „Ich bin Maradona, kein neuer Irgendwas. Ich will einfach nur Maradona sein“, antwortete der junge „Diegito“. Und das ist ihm ohne Zweifel gelungen: dass sein Lebensweg unvergleichlich war. Am Anfang ging noch vieles gut. 1982 wechselte Maradona für eine Rekordablösesumme zum FC Barcelona, zum Halbgott stieg er aber erst zwei Jahre später auf. Für eine weitere Rekordablöse ging es weiter zum SSC Napoli, also nicht zu den großen Clubs im Norden Italiens, sondern zum verspotteten Fast-Absteiger in den verachteten Süden. „Kloake Italiens“, tönen Juve- oder Milan-Fans beim direkten Duell.

Diego Maradona
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In seiner Zeit bei Napoli holte Maradona zweimal den Serie-A-Titel, gewann den UEFA-Cup und wurde mit Argentinien Weltmeister

Hier begann die Verwandlung. Maradona stieg höher und höher, 1987 und 1990 führte er Napoli zu den bis heute einzigen Meisterschaften der Vereinsgeschichte. Schon bei seiner Begrüßung hatten ihn mehr als 70.000 Fans im Stadio San Paolo empfangen, später lungerten die Menschen immer wieder vor seiner Haustür herum. Einmal soll eine Krankenschwester eine Blutprobe von ihm gestohlen und in die Kirche gebracht haben. Maradona kam mit dem Hype klar, solange er Fußball spielte, auf dem Rasen wurde er besser und besser. Die Neapolitaner verehren ihn noch immer wie einen Heiligen.

„Auf dem Platz wird das Leben unwichtig. Die Probleme, all das wird unwichtig“, sagte er in der Amazon-Dokumentation „Diego Maradona“. Mit Argentinien wurde er 1986 Weltmeister, 1989 gewann er mit Napoli auch noch den UEFA-Cup. Abseits des Platzes wurde er genauso unkontrollierbar wie für seine Gegenspieler. Er verfiel dem Kokain („Eine Line – und ich fühlte mich wie Superman“), zog zum Teil von Sonntagabend bis Mittwoch um die Häuser, um danach bis zum nächsten Spiel am Wochenende wieder alles auszuschwitzen. Seine Nationalmannschaftskarriere endete bei der WM 1994 wegen einer zweiten, monatelangen Dopingsperre durch den Fußballweltverband (FIFA).

„Ein Leben wie ein Traum. Und wie ein Alptraum“

„Diego hatte ein Leben wie ein Traum. Und wie ein Alptraum“, sagte sein langjähriger Fitnesstrainer Fernando Signorini. Unvergessen sind die „Hand Gottes“, mit der er bei der WM 1986 gegen England getroffen hatte, oder sein Jahrhunderttor nach einem unfassbaren Dribbling im selben Spiel. Unvergessen sind aber auch die Jahre später erschienenen Bilder vom kugelrunden Maradona mit blondiertem Haar. Er scheiterte als TV-Moderator und argentinischer Teamchef, verbrachte Wochen in Krankenhäusern, ließ sich den Magen verkleinern und schrammte mehrmals knapp am Tod vorbei. All das war und ist auch Diego Armando Maradona.

„Ich glaube, er hält sich für einen Gott, und das könnte einer der Gründe für seine Probleme sein“, sagte vor vielen Jahren der Leiter der Klinik Guemes in Buenos Aires, Hector Pezzella, wo Maradona 2007 in Behandlung war. Nun scheint es ihm aber deutlich besser zu gehen. Zumindest sieht es auf seinen Fotos in den Sozialen Netzwerken danach aus.