Kingsley Coman und Rasmus Kristensen
ORF.at/Christian Öser
Champions League

Salzburg und Bayern vor Duell unzufrieden

Sowohl für den FC Salzburg als auch für Bayern München ist die Generalprobe vor dem zweiten Fußball-Champions-League-Duell alles andere als nach Wunsch verlaufen. Österreichs Serienmeister unterlag zu Hause Sturm Graz mit 1:3, das deutsche Pendant spielte daheim gegen Werder Bremen nur 1:1. Entsprechend unzufrieden zeigten sich beide Teams unmittelbar vor dem direkten Duell am Mittwoch (21.00 Uhr) in München.

Salzburg verlor zum ersten Mal in dieser Bundesliga-Saison, und vor allem die Art und Weise war bedenklich. „Das war sehr peinlich von uns“, sagte Salzburg-Tormann Cican Stankovic. Diese Einschätzung passte vor allem zur ersten Viertelstunde nach der Pause. Da leitete Ivan Ljubic (48.) den Gästesieg ein, und Jakob Jantscher ließ wie in besten (auch Salzburger) Zeiten einen Doppelpack (53., 59.) folgen.

„Wir waren nicht wir, und Sturm hat so gespielt, wie wir spielen wollten. Das war der Grund, warum wir verloren haben“, analysierte der ÖFB-Teamtormann. Die erste Hälfte sei schon „nicht gut genug“ gewesen, in der zweiten dann „sehr viel schiefgegangen“. „Es tut richtig weh. Das einzig Positive war, dass keine Zuschauer da waren.“

Sturm überrascht gegen Salzburg

Sturm Graz hat Tabellenführer Salzburg die erste Niederlage in dieser Saison zugefügt. Die Grazer feiern einen 3:1-Auswärtssieg.

Coach Jesse Marsch sah das ähnlich. Die dritte Liganiederlage in seinem 40. Spiel war die deutlichste nach zwei 2:3 in der vergangenen Saison, einmal gegen den LASK (12. Februar) und einmal in Altach (2. März). „Ich bin sehr, sehr enttäuscht. Sturm hatte viel mehr Wille als wir, hat mehr Zweikämpfe, Laufduelle und auch Luftduelle gewonnen. Wir waren in fast jeder Situation Zweiter“, musste der US-Amerikaner eingestehen, der die Leistung nach dem Spiel als „unreif“ bezeichnet hatte.

Marsch fordert „gute Reaktion“

Vier Änderungen gegenüber dem 1:1 bei Rapid waren wohl auch zu viel. Ohne Maximilian Wöber und Andreas Ulmer fehlte der in dieser Saison ohnehin anfälligen Abwehr weitere Stabilität. Der 20-jährige Sommer-Zugang Oumar Solet konnte sie jedenfalls nicht garantieren, war etwa beim Führungstreffer von Ljubic zu weit weg vom Gegenspieler. Aber auch im Spiel nach vorn blieben die „Bullen“ vieles schuldig, schön herausgespielte Topchancen waren Mangelware, der sehenswerte Ehrentreffer von Mergim Berisha (86.) die Ausnahme.

Ersichtlich war aber schon, dass das Spiel der Hausherren in der letzten halben Stunde besser funktionierte. Da waren mit Wöber, Ulmer und Sekou Koita drei Stammkräfte eingewechselt. „Da haben wir dann auch besser gespielt“, sagte Marsch. Auch deshalb versuchte er positiv nach vorn zu blicken: „Die Jungs haben den größten Teil der Saison sehr gut gespielt und heute nicht gut genug. Jetzt gilt es, eine gute Reaktion zu zeigen. Hoffentlich können wir aus der wichtigen Lektion lernen und gegen Bayern etwas ganz Anderes abliefern.“

Jesse Marsch
GEPA/Jasmin Walter
Salzburg-Trainer Jesse Marsch bezeichnete die Leistung gegen Sturm Graz als „unreif“

Beim Hinspiel-2:6 in Salzburg ist das über weite Strecken gelungen, erst am Schluss kam der deutsche Rekordmeister in den Torrausch. „So wie heute kann man sich nicht präsentieren. Gute Nacht, wenn wir in der Champions League so spielen“, betonte Stankovic. Wollen die Marsch-Schützlinge im Kampf um den Aufstieg mitreden, ist nach nur einem Punkt aus drei Spielen Zählbares wichtig. Gut möglich ist, dass sie das Highlight in München schon in den Köpfen gehabt haben.

Terminhatz und Verletzungen keine Ausreden für Bayern

Die Bayern haben beim 1:1 gegen Werder Bremen einen Vorgeschmack auf den schwierigen Jahresendspurt bekommen. „Wir haben jetzt noch vier Wochen mit acht Spielen, da müssen wir uns drauf einstellen“, meinte Trainer Hansi Flick nach seinem 50. Bayern-Pflichtspiel.

„Aber wir lassen uns nicht einreden, dass es jetzt zu viel des Guten ist“, stellte Flick klar. Als Ausrede will der Erfolgscoach die Terminhatz nicht gelten lassen. Wie auch nicht die Ausfallliste, die durch die Verletzung von Lucas Hernandez am Samstag noch etwas länger wurde. „Wir haben genügend Spieler an Bord, auch wenn es auf gewissen Positionen ein bisschen eng ist“, sagte Flick mit Blick auf das defensive Mittelfeld und den Linksverteidigerposten. „Wir müssen kreativ sein.“

Der herausragende Tormann Manuel Neuer und der Ausgleichstreffer von Kingsley Coman verhinderten gegen Werder die erste Heimniederlage seit einem Jahr. Doch der verpasste Sieg gegen den in zehn Jahren stets bezwungenen Lieblingsgegner ließ die nahende Schwerstarbeit in einer strapaziösen Vorweihnachtszeit erahnen.

„Müssen an uns glauben“

Gegen die mutig und diszipliniert agierenden Gäste fehlte es dem Tabellenführer mitunter an Kreativität, dazu gab es Anfälligkeiten in der Defensive um David Alaba. Neuer musste öfter eingreifen, als ihm lieb war. Mit starken Paraden hielt der nach dem 0:6-Debakel der Nationalelf so angefressene Kapitän wenigstens einen Punkt.

Als Tabellenführer in Bundesliga und Champions League bleiben die Münchner auf Kurs, doch die Zahl mühsamer Auftritte nimmt im Vergleich zur imposanten Triple-Saison zu. „Es ist ja grundsätzlich nicht schlecht, das war das erste Unentschieden, dazu haben wir eine Niederlage. Wir müssen an uns glauben, uns vertrauen“, sagte Neuer, dem seine Glanzparaden beim Frustabbau nach der Länderspielpleite helfen konnten. „Das hab ich im Training auch schon gemacht.“

Manuel Neuer
Reuters/Maxim Shemetov
Bayern-Tormann Manuel Neuer, selbst aktuell in bestechender Form, spricht seinen Teamkollegen Mut zu

Neuer war der einzige Nationalspieler, der vier Tage nach der Spanien-Schlappe in der Bayern-Startelf von Anfang an eingesetzt wurde. Leon Goretzka kam nach 19 Minuten für Hernandez, der nach einem Luftduell auf den Boden krachte. „Er hat Probleme gehabt, aufzutreten“, sagte Flick. Die Teamspieler Leroy Sane und Serge Gnabry mühten sich im Finish vergeblich um den Siegestreffer.

Niklas Süle blieb wegen Trainingsrückstands überhaupt draußen und schaute an der Seite des länger ausfallenden Mittelfeldchefs Joshua Kimmich sowie des verletzten Linksverteidigers Alphonso Davies zu. „Wir müssen die Belastung vernünftig steuern“, sagte Flick. „Aber auch die, die angefangen haben, haben die Qualität, Bremen zu schlagen.“

„Gehen verärgert aus dem Spiel“

Offensiv kam lange zu wenig aus dem Mittelfeld, Stürmerstar Robert Lewandowski blieb ohne Durchschlagskraft. Auch defensiv haperte es. Javi Martinez ließ sich vor dem 0:1 übertölpeln. „Ein ganz, ganz billiges Gegentor“, haderte Thomas Müller. „An vielen Tagen gewinnen wir solche Spiele noch, diesmal hat es leider nicht geklappt. Deswegen gehen wir sehr verärgert aus dem Spiel.“

Flick nahm vor den noch drei Königsklassen-Spielen und fünf Bundesliga-Partien in diesem Jahr die wichtige Erkenntnis mit, dass der Wille des Serienchampions aber weiter groß ist. „In der zweiten Hälfte hat die Mannschaft alles versucht. Sie hat die Mentalität. Das ist das, was mir sehr imponiert“, sagte der 55-Jährige. Imponierend auch seine Bilanz: 50 Spiele, 45 Siege, zwei Remis und drei Niederlagen.