LASK-Spieler im Flugzeug
GEPA/Manfred Binder
Fußball

Terminstress für Spieler als Trugschluss

Das Coronavirus hat die Sportwelt auf den Kopf gestellt. Betroffen sind auch die Fußballer, die mit teils völlig neuen Bedingungen konfrontiert sind. Neben einem Gesundheits- und Hygienekonzept haben sie sich laut ihren Trainern an einen höheren Kräfteverschleiß sowie eine signifikant größere Verletzungsgefahr gewöhnen müssen. Bei genauerer Betrachtung ist der Terminstress aufgrund des verspäteten Saisonstarts aber oft nur ein Trugschluss.

Mit dem Auftakt zu drei englischen Europacup-Wochen werden sich die Hinweise auf die hohe Belastung der Spieler jedenfalls wieder mehren. Konsens herrscht über den völlig veränderten Ablauf vor nationalen und internationalen Spielen. Gesundheitstagebuch, Kontaktdokumentation sowie PCR-Test-Screening stehen an der Tagesordnung. Die Angst vor einem positiven Test oder widersprüchlichen Resultaten – wie etwa vor der Länderspielpause bei Red Bull Salzburg passiert, wo sechs Nationalspieler fälschlich positiv getestet worden waren – ist allgegenwärtig.

Physisch scheinen sich die Strapazen indes überraschenderweise in Grenzen zu halten, wenn man lediglich auf die Zahlen schaut. Zumindest in der Zeit vom Saisonstart bis zur Winterpause ist die durchschnittliche Anzahl von Matches für die meisten heimischen Clubs sogar eine Spur geringer als im Vorjahr, wie etwa am Beispiel des LASK zu sehen ist. Die Linzer absolvierten 2019/20 von Saisonbeginn bis zum letzten Spieltag des Jahres 31 Bewerbspartien in 149 Tagen und brachten es daher im Schnitt auf ein Match pro 4,8 Tagen.

Dominik Reiter (LASK) und Tahith Chong  (Manchester)
GEPA/Manfred Binder
Im August musste der LASK vor dem Saisonstart noch das EL-Rückspiel gegen Manchester United bestreiten

Belastung für LASK annähernd gleich

In der laufenden Spielzeit kommen die Linzer im gleichen Zeitraum auf 23 Auftritte in 114 Tagen, was einem Schnitt von einem Spiel in fünf Tagen entspricht. Die beiden Saisonen der Oberösterreicher sind insofern vergleichbar, als der LASK sowohl 2019/20 als auch 2020/21 in zwei Europacup-Qualirunden und danach in der Europa-League-Gruppenphase antrat sowie im Uniqa-ÖFB-Cup jeweils dreimal im Einsatz war bzw. sein wird. Die Europa-League-Quali-Partien wurden von der UEFA heuer jeweils in einem Spiel durchgeführt, um den Terminstress zu reduzieren.

Erschwerend kommt aus Sicht der Linzer zwar hinzu, dass man am 5. August das Vorsaisonrückspiel im Europa-League-Achtelfinale gegen Manchester United austragen musste. Laut Trainer Dominik Thalhammer war die Vorbereitung aber nicht auf den Trip ins Old Trafford ausgelegt, die Partie hatte also in puncto Trainingssteuerung einen testspielähnlichen Charakter. Außerdem ist es den Clubs bis auf Weiteres erlaubt, bis zu fünf Spieler pro Match auszutauschen.

Bis Winterpause keine Verschärfung

Eine ähnliche Situation wie beim LASK zeigt sich beim WAC, der in diesem Herbst wie in der vergangenen Spielzeit einen Fixplatz in der Europa-League-Gruppenphase hatte und wie 2019/20 drei Cuppartien auf der Agenda hat. Hier sieht der ursprünglich konzipierte Spielplan genauso wie im Herbst 2019 ein Match pro 5,5 Tagen vor. Sollte die gegen Sturm Graz verschobene Partie tatsächlich am 23. Dezember nachtragen werden, würde sich der Schnitt auf 5,6 erhöhen.

Wenn das Match erst 2021 steigt, wäre man bis zum Beginn der Winterpause bei einem Schnitt von 5,75. Für einen Bundesligisten mit drei Herbst-Cup-Spielen, aber ohne Europacup-Teilnahme reduziert sich die Belastung in dieser Saison im Zeitraum vom ersten Match bis zur letzten Partie vor der Winterpause ebenfalls minimal von durchschnittlich 7,1 auf 7,6 Tage zwischen zwei Pflichtspielen.

Nur Salzburg tanzt aus der Reihe

Aus der Reihe tanzt nur Red Bull Salzburg, und das aus zwei Gründen: Zum einen wurde die erste Cuprunde des Meisters in diesem Sommer, gleichzeitig das erste Bewerbsmatch der „Bullen“, um zwölf Tage nach hinten verlegt. Zum anderen musste der Serienchampion diesmal zwei Play-off-Partien für die Champions League bestreiten.

Mergim Berisha (RBS) und Jerome Boateng (Bayern)
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Für Salzburg ist die Pause zwischen den Spielen im Vergleich zum Vorjahr kürzer geworden

So bringen es die Salzburger bis Weihnachten 2020 auf 23 Partien binnen 103 Tagen und damit auf ein Spiel pro knapp 4,5 Tagen. Im Vorjahr lag der Schnitt bei 5,4. Zudem waren die Mozartstädter stärker als jeder andere heimische Club davon betroffen, dass es im Herbst acht statt sechs Länderspiele gab. Allerdings hatten sie in der zweiwöchigen Nationalteam-Unterbrechung im Oktober aufgrund von positiven Coronavirus-Tests ihre komplette Mannschaft beisammen. Ebenfalls mehr Termine hat auch Rapid, doch das liegt daran, dass die Hütteldorfer 2019 nicht im Europacup vertreten waren.

Volles Programm nach kurzer Winterpause

In anderen Ländern sind die Belastungen in diesem Herbst ebenfalls mit jenen des vergangenen Jahres vergleichbar oder sogar geringer. RB Leipzig etwa, wie 2019 in der Champions-League-Gruppenphase gestartet, bestritt 2020 zwischen der September- und November-Länderspiel-Pause elf Pflichtspiele und damit zwei weniger als im ebenso langen Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Sachsen können ins Treffen führen, im August das Champions-League-Finalturnier gespielt zu haben. Allerdings gab es davor nach Ligaende eineinhalb Monate Pause und im Frühjahr eine über zwei Monate lange Coronavirus-Unterbrechung.

In Österreich betrug die Saisonpause im Sommer 2020 bei nicht im Europa-League-Play-off oder im Europacup engagierten Oberhausclubs acht Wochen – genauso lang wie im Vorjahr. Der Stress hält sich also in diesem Herbst im Vergleich zu 2019 durchaus in Grenzen, dafür wird 2021 umso aufreibender. Die Winterpause dauert nämlich nur fünf anstatt wie im Vorjahr acht Wochen, dann geht es bis 23. Mai, dem letzten regulären Ligaspieltag, mit Meisterschafts-, Cup-, Europacup- und Nationalteam-Spielen dahin. Die EM beginnt am 11. Juni.