Cornelia Hütter
GEPA/Patrick Steiner
Ski alpin

Hütters Suche nach Gespür für Schnee

Cornelia Hütter hat acht Monate nach ihrem Kreuzbandriss am Montag erstmals wieder vorsichtige Schwünge in den Schnee gezogen. „Es war sehr emotional, wieder auf Skiern zu stehen“, sagte Hütter bei einem virtuellen Medientermin. Die 28-jährige Steirerin hat aufgrund von Verletzungen drei Seuchenjahre erlebt, ihr Renncomeback in diesem Winter ist ungewiss.

Carbonschienen an beiden Beinen sollen der Speed-Spezialistin auf dem Weg zurück in mehrerlei Hinsicht Halt geben. „Links und rechts, damit es vom Kopf her wie Schuhe anziehen ist.“ Sie hofft, dass diese Prozedur bald Usus wird und sie sagen kann: „Das hilft mir, da habe ich ein gutes Gefühl und da brauche ich nicht mehr darüber nachzudenken.“

In den nächsten Wochen ist für Hütter dosiertes Skikonditionstraining angesagt. Vor möglichem Stangentraining fehlt ihr noch Muskelmasse. „Von meinem ‚Kampfgewicht‘ bin ich noch vier, fünf Kilo weg.“

Conny Hütter wieder auf Schnee

Drei Kreuzbandrisse binnen drei Jahren: Der Leidensweg von ÖSV-Speed-Spezialistin Cornelia Hütter war lange. Am Montag hat die Steirerin nach acht Monaten Pause ihr Comeback auf Schnee gegeben.

Eventuell ist sie Anfang 2021 bei dem ein oder anderen Abfahrtstraining im Weltcup dabei. „Dann schaue ich, wie es mir geht. Vielleicht fahre ich die Rennen am Ende vom Winter oder ich nehme die Trainings als Rennsimulation und Aufbauphase für den nächsten Winter mit.“ Bisher ist Hütter 14-mal aufs Weltcup-Podium (zuletzt am 1. Dezember 2018) gefahren, zwei Siege stehen zu Buche.

Coronavirus ausgeblendet

Am heimischen Bauernhof in Kumberg, inmitten von Pferden und steirischen Hochlandrindern, hat sie in einem Fitnessraum für das erneute Comeback geschuftet. Das Coronavirus war erst sehr präsent, und dann gar nicht mehr da. Hütter hat sich von ihrer Umwelt und dem Thema isoliert. „Ich habe beim täglichen Zahlenschauen gemerkt: Das tut mir nicht gut.“

Mittlerweile habe sie zwei Monate keine Nachrichten konsumiert. „Wenn ich einkaufen gehe, setze ich eine Maske auf. Ansonsten habe ich mich aber von dem abgeschottet.“ Umso größer war der Kulturschock, als die Sportlerin am Sonntag „von der heilen Welt“ zurück „in die Realität“ kam – zum Training nach Obergurgl (Tirol) und ihrem ersten Coronavirus-Test. „Es ist extrem strange, was generell abgeht, nicht nur im Skizirkus. Das habe ich die letzten Monate gar nicht so mitgekriegt.“

Ellenlange Krankenakte

Hütters Krankenakte ist längst schwer überschaubar. Jänner 2017: Riss des vorderen Kreuzbandes sowie Riss des Innen- und Außenmeniskus im rechten Knie; Dezember 2018: Knorpelfraktur an der rechten Oberschenkelrolle; Jänner 2019: Innenbandeinriss im rechten Knie in der Garmisch-Abfahrt; März 2019: Kreuzbandriss, Innenband- und Meniskusverletzung im linken Knie nach Sturz beim Finale in Soldeu; März 2020: Wieder reißt – dieses Mal im Training – das Kreuzband im linken Knie, zudem Innenband- und Meniskusverletzung.

Das muss trotz aller Liebe zum Sport erst verdaut werden. Es habe Tage gegeben, an denen sie Ski fahren „nur mit Operationen und Schmerzen verbunden“ habe. „Man denkt sich: Die g’schissenen Brettl’n können mich jetzt einmal kreuzweise.“ Diese Gefühle sind neuer Motivation und ihrem dokumentierten Geschwindigkeitsdrang gewichen. Denn obwohl das „Schulefahren“ am Montag emotional ausfiel, „hätte ich es eigentlich gern, dass man es pfeifen hört im Helm“, so Hütter.

„Es muss wieder Klick machen“

Die frühere Draufgängerin will die Erfahrungen ihrer Tiefschläge nun „zu einem Vorteil ummünzen“. Es bleibe ihr auch nichts anderes übrig. „Ich glaube, dass ich noch riskieren und draufgängerisch fahren kann. Aber zuerst muss es wieder Klick machen“, sagte Hütter und zeigte zunächst auf ihren Kopf und dann aufs Herz. „Erst dann geht es wieder dahin.“