Skispringer auf einer Schanze
APA/AFP/Sascha Schuermann
Skispringen

Covid-19: Tauziehen um faire Wettkämpfe

Schon zu Saisonbeginn deutet sich an, dass die Coronavirus-Pandemie in diesem Winter für Konfusion sorgen wird. Nicht erst der Ausfall des gesamten ÖSV-A-Kaders für die Weltcup-Springen in Finnland und das Fehlen der meisten ÖSV-Asse am kommenden Wochenende in Russland wirft Fragen dazu auf, wie faire Wettkämpfe garantiert werden können. Der Italiener Sandro Pertile ist gleich in seiner ersten Saison als Rennleiter des Internationalen Skiverbands (FIS) gefordert.

Der Ex-Springer, der Walter Hofer nach 30 Jahren als FIS-Rennleiter abgelöst hat, erlebt jedenfalls inmitten der Coronavirus-Pandemie ein schwieriges Startjahr, immerhin waren neben den besten ÖSV-Skispringern rund um Weltcup-Titelverteidiger Stefan Kraft am Sonntag im finnischen Ruka auch alle Tschechen coronavirusbedingt nicht dabei. Mit Daniel Huber und Jan Hörl sind in Russland nun immerhin wieder zwei Athleten aus der ersten ÖSV-Trainingsgruppe dabei.

Schon tauchen erste Fragen auf, ob es durch die Ausfälle nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommen könnte. Die Skispringer haben im Gegensatz etwa zum Biathlon keine Streichresultate, bei den „Skijägern“ hatte man die Anzahl der „Streicher“ sogar von zwei auf vier Rennen erhöht. Bei den Skispringern gibt es eigentlich bisher nur eine Maßnahme im Regulativ: Team-Bewerbe wurden bisher erst ab zumindest acht Mannschaften gewertet, das ist nun ab sechs möglich. Falls, wie eben zuletzt die Österreicher, ein ganzes oder mehrere Teams wegen CoV ausfallen.

FIS-Rennleiter Sandro Pertile und sein Vorgänger Walter Hofer
AP/Matthias Schrader
Gleich im ersten Jahr als Nachfolger von Hofer (l.) steht Pertile (r.) als FIS-Rennleiter vor großen Herausforderungen

100 Prozent Sicherheit gibt es nicht

„Wir hatten bis jetzt vier verschiedene Situationen, aber wir müssen sie erst analysieren, dann können wir die nächsten Schritte gehen“, erklärte Pertile am Dienstag im Gespräch mit der APA. „In Ruka hatten wir noch drei Fälle, zwei waren Betreuer in einem gemeinsamen Zimmer. Das kann passieren.“ Pertile ist sich der Herausforderung bewusst. „100 Prozent sicher können wir nicht sein, wir müssen einiges Risiko nehmen. Aber die andere Möglichkeit ist, zu Hause zu bleiben. Und vielleicht ist man auch da nicht 100 Prozent sicher“, betonte der Italiener. Bei einem Athleten sei offenbar noch eine Covid-19-Erkrankung vom August nachgewiesen worden.

Herausforderung auch für FIS

Spezielle FIS-Vorschriften im eigentlichen Sinne gibt es nicht. „Bei uns ist die Regel, dass die nationalen Gesundheitsbehörden verantwortlich für die Richtlinien sind.“ Es kristallisieren sich aber mehrere PCR-Tests bzw. Antigentests innerhalb einer Woche bei normalem Wettkampf-Rhythmus heraus: vor der Anreise und nach der Ankunft sowie vor der Weiterreise.

Die FIS muss auf die jeweiligen Labors der Veranstalterländer vertrauen und hat nicht etwa eigene Testteams mit. „Sonst müssen wir zu Hause bleiben. Wir glauben, dass der Sport jetzt eine sehr wichtige Aufgabe hat.“ Man müsse die Leute zu Hause motivieren und auch ein positives Signal senden. Auch der Weltcup-Titelverteidiger, sprach Pertile Stefan Kraft an, werde nach ein paar Wochen wieder beim Tross sein.

Hintertür für Fans bei Tournee

Vorgaben wie Einzelzimmer, zur Art der Masken oder auch betreffend die Anreise gibt es vonseiten der FIS bisher nicht. „Die Entscheidung der FIS im September war, dass wir uns an die nationalen Gesundheitsregeln halten. Sonst vertrauen wir der persönlichen Verantwortung.“ Eine Kurskorrektur hält Pertile vorerst nicht für nötig. „Wir glauben, dass wir mit Abstand und Masken die ganze Saison durchgehen, aber alles kann passieren.“

Auch die Skiflug-WM von 11. bis 13. Dezember in Planica wird so abgehalten, natürlich ebenso ohne Zuschauer. Am Samstag werde es vor der Weiterreise den nächsten PCR-Test geben. Apropos Fans: Die österreichischen Veranstalter der Vierschanzentournee in Innsbruck und Bischofshofen haben noch ein Hintertürchen für Publikum offen. Pertile ist diesbezüglich weniger optimistisch: „Ich bin normal sehr ehrlich, ich glaube, das ist illusorisch. Ich glaube, der nächste Bewerb mit Zuschauern wird Zakopane Mitte Jänner sein.“ Dort dürfe man derzeit bis zu 25 Prozent der Kapazität ins Stadion lassen.

Kraft hofft auf Comeback bei Skiflug-WM

Die Skispringer selbst halten sich mit kritischen Aussagen bisher zurück. „Es tut sehr weh, den Kollegen im TV zuzusehen, aber Gesundheit geht vor“, ließ Kraft via Instagram wissen. Der 27-Jährige hofft, bei der Skiflug-WM ab dem 10. Dezember in Slowenien wieder dabei zu sein. Im Gesamtweltcup wird es mit der Titelverteidigung jetzt schon extrem schwer. Durch einen Sieg und einen zweiten Platz sammelte Markus Eisenbichler in Ruka weitere 180 Punkte für die Erfüllung seines „Kindheitstraums“. Insgesamt hat der Deutsche nun schon 280 Zähler. Mit null Punkten taucht Kraft in der Liste dagegen noch gar nicht auf.