Nicole Schmidhofer
GEPA/Michael Meindl
Ski alpin

Schmidhofer denkt nicht ans Aufgeben

Nicole Schmidhofer hat sich am Freitag bei ihrem Sturz in der Weltcup-Abfahrt in Val d’Isere wesentlich schwerer am linken Knie verletzt als ohnehin schon befürchtet. Ob eine Karriere im Spitzensport weiter möglich sei, könne momentan nicht beantwortet werden, sagte am Montag Michael Plecko, der ärztliche Leiter am Unfallkrankenhaus der Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) Graz. Schmidhofer selbst denkt trotz der Diagnose aber nicht ans Aufgeben.

Wie Plecko bei einer Videopressekonferenz erläuterte, habe sich Schmidhofer einen Verrenkungsbruch des linken Kniegelenks zugezogen, der das Zerreißen aller Kniegelenksbänder zur Folge gehabt habe. „Es ist sicher ein abgestuftes Versorgungskonzept notwendig“, sagte der Arzt. „Wir werden zuerst einmal versuchen, den Knochen wieder in die optimale Form zu bringen, zu stabilieren und dann einen Teil der Bänder zu versorgen."

Erst nach einer Regenerationsphase könnten die weiteren Bandstrukturen rekonstruiert und in fünf bis zehn Wochen mittels Arthroskopie das vordere und hintere Kreuzband versorgt werden. Es sei eine schwere Verletzung, aber kein „Totalschaden“, da etwa die Blutgefäße und Nerven nicht geschädigt seien, erklärte Plecko.

Schmidhofer über ihre Verletzung

ÖSV-Skifahrerin Nicole Schmidhofer blickt nach ihrem Sturz in Val d’Isere positiv in die Zukunft.

„In acht, zehn Monaten wieder Ski fahren“

„Ich bin sehr, sehr gut versorgt, und mir geht es gut“, sagte Schmidhofer bei einer Videokonferenz aus dem Krankenbett. Die 31-jährige Steirerin gab sich optimistisch und gewohnt kämpferisch. Fragen nach dem Karriereende ließ sie eigenen Aussagen zufolge nicht an sich heran. „Wenn man denkt, wie gut sich so ein guter Schwung anfüllt, dann hat sich diese Frage schnell wieder erledigt.“

Auf dem Weg zurück wolle sie sich keinen Druck machen, im Grazer Krankenhaus fühle sie sich in guten Händen. „Ich möchte in acht, vielleicht zehn Monaten wieder Ski fahren. Das ist mein Druck an die Ärzte“, sagte Schmidhofer.

Abflug hat „ein bisschen cool ausgeschaut“

Die Steirerin war am Freitag bei der Abfahrt in Val d’Isere im unteren Streckenabschnitt nach einem Sprung bei hohem Tempo ins Netz geflogen, durchschnitt dieses mit den scharfen Kanten der Ski und blieb für die Kameras verborgen zwischen zwei Netzen liegen. Das erschwerte die Bergung, gleichzeitig wurde damit ein Fall der Rennläuferin in den Wald verhindert.

„Es hat ein bisschen cool ausgeschaut“, sagte Schmidhofer nach dem Studium ihres dramatischen Abflugs. „Es hat im TV ein bisschen wie Magic … wie David Copperfield ausgesehen. Da fährt die Nici, und da ist der (Kamera-)Schnittpunkt, und dann ist die Nici weg.“ Auch sie war in der Saisonvorbereitung am Coronavirus erkrankt, einen Zusammenhang mit dem Sturz schloss sie aus. „Mir ist es in dieser Woche sehr gut gegangen. Da war von müde nie was zu merken, es hatte mit Corona nichts zu tun.“

Zweite schwere Verletzung

Für die Steirerin ist es die nächste schwerwiegende Verletzung nach Jänner 2016, als sie sich im Abfahrtstraining von Cortina d’Ampezzo einen Riss des vorderen Kreuzbands und einen Einriss des Innen- sowie Außenmeniskus im rechten Knie zugezogen hatte. Im Februar 2017 krönte sie ihre Karriere mit Super-G-Gold bei der WM in St. Moritz, im März 2019 gewann sie Abfahrtskristall. Bei vier Weltcup-Rennen trug sie sich bisher in die Siegerliste ein – dreimal in der Abfahrt, einmal im Super-G.

Oft sei sie in den vergangenen Stunden von Wegbegleitern an schlimme Stürze wie jenen des Schweizers Silvano Beltrametti erinnert worden, meinte Schmidhofer. Dieser landete 2001 – ebenfalls in Val d’Isere – querschnittgelähmt im Rollstuhl. „An ihn habe ich zunächst gar nicht gedacht. Aber ich habe mir die TV-Bilder von meinem Sturz angesehen und weiß, dass ich riesiges Glück hatte“, sagte Schmidhofer.