Boris Zivkovic
GEPA/Michael Riedler
Handball-WM

ÖHB-Team startet in Hammergruppe

Dass CoV die Handball-WM in Ägypten überschatten würde, war vorhersehbar. Doch für Österreichs Männer hat die WM-Mission am Dienstagabend innerhalb weniger Stunden eine völlig neue Dimension erhalten. Nach dem Rückzug des Außenseiters USA steht das Team des Österreichischen Handballbunds (ÖHB) nun vor einer extrem schwierigen Aufgabe. Die Schweiz, Vizeweltmeister Norwegen und der mehrfache Welt- und Europameister Frankreich sind die Gegner.

Mit Nachrücker Schweiz wartet am Donnerstag (18.00 Uhr, live in ORF1 und im Livestream) zum Auftakt eine wesentlich härtere Nuss als die ursprünglich vorgesehenen USA. „Ein schweres Spiel erwartet uns“, sagte Teamchef Ales Pajovic am Mittwoch. Seine Truppe findet sich urplötzlich in einer Gruppe wieder, die selbst bei einer – traditionell qualitativ dichteren – EM als Hammergruppe firmieren würde.

Doch die Betreuer haben nun wenig Zeit, um das ersatzgeschwächte Team auf den neuen Gegner einzustellen. Fehler darf man sich keine erlauben, die Partie entscheidet über das Weiterkommen in die Hauptrunde. Schließlich sind Vizeweltmeister Norwegen und der mehrfache Welt- und Europameister Frankreich in Gruppe E derzeit wohl außer Reichweite. „Wir können es nicht ändern“, sagte Pajovic.

Schweiz neuer Auftaktgegner bei Handball-WM

Aufgrund der CoV-bedingten Absage der USA hat Österreich bei der Handball-WM in Ägypten einen neuen Auftaktgegner. Die Mannschaft trifft auf die Schweiz.

Vor Gegner gewarnt

Anstatt mit Akteuren, die zu weiten Teilen in europäischen Unterhäusern aktiv sind, bekommt man es nun mit einer eingespielten Truppe zu tun, die sich zuletzt nach Jahren in der Versenkung mit EM-Platz 16 wieder auf der internationalen Bühne zurückmeldete – und mit dem 37-jährigen Rückraummann und Regisseur Andy Schmid vom deutschen Tabellenzweiten Rhein-Neckar-Löwen über einen ausgewiesenen Star verfügt. „Sie haben sich gut weiterentwickelt. Und man darf nicht glauben, dass nur Schmid Handballspielen kann“, meinte Flügel Sebastian Frimmel.

Sebastian Frimmel
GEPA/Mario Buehner
ÖHB-Flügelspieler Sebastian Frimmel weiß, wie die Schweizer spielen

Der 25-Jährige muss es wissen, spielt er doch seit 2018 für Schaffhausen in der Schweiz. „Ich kenne viele Spieler aus der Liga und von Schaffhausen und bin extrem motiviert“, sagte der Wiener. Die größten Stärken ortete er neben der Person Schmids im 7:6-Spiel der Schweizer – also ohne Tormann – bzw. in der Defensive im „robusten“ Mittelblock der Eidgenossen.

„Ein Nachteil ist aber, dass sie zwischen Verteidigung und Angriff wechseln müssen, das können wir gut ausnützen, wenn wir schnell nach vorne laufen.“ Die Schweizer, die mehrere Deutschland-Legionäre aufweisen, kommen zudem nicht aus dem Urlaub. Zwar bestritten sie im Gegensatz zu Österreich Anfang Jänner keine Bewerbsspiele, bereiteten sich seit 5. Jänner aber eine Woche lang auf die Springerrolle vor.

„Ein verrücktes Jahr“

Der Groll über die äußerst ungünstige Wendung hielt sich beim ÖHB offiziell in Grenzen. Mit Nordmazedonien war ja schon vor der Schweiz ein Team nachgerückt, weil Tschechien ebenfalls vom Coronavirus lahmgelegt worden war. Zudem „wackelte“ am Mittwoch noch Kap Verde. Von Wettbewerbsverzerrung – der Nachrücker kommt aus Europa und nicht wie die USA aus der Panamerikazone – wollte etwa Sportdirektor Patrick Fölser nicht reden.

„Es ist ein verrücktes Jahr, es ist einfach so.“ Schließlich ersparte sich Österreich aufgrund von CoV auch das WM-Play-off-Spiel gegen die Niederlande. „Man darf nicht lügen“, sagte Fölser. „Ein ‚Exote‘ wie die USA ist etwas anderes als eine gefestigte Mannschaft wie die Schweiz. Ein komplett anderer Gegner und ein völlig anderes Kaliber.“

EM-Quali-Spiele nicht aufbauend

Eines, das Österreich am falschen Fuß erwischen könnte. Denn dass man aktuell nicht mit dem Erfolgsteam der Heim-EM 2020 zu vergleichen ist, das den historischen Platz acht belegte, liegt angesichts der personellen Ausfälle – u. a. fehlen Star und Kapitän Nikola Bilyk sowie „Bomber“ Janko Bozovic – auf der Hand. Und es war in den beiden WM-Generalproben gegen Deutschland in der vergangenen Woche auch zu sehen. In den EM-Quali-Partien war man chancenlos, vor allem das Spiel in Köln geriet in der ersten Hälfte mit nur fünf Treffern zur „Katastrophe“ (Pajovic).

Umso wichtiger ist es für Österreich, sich mit einem Sieg gegen die Schweiz weitere fünf Spiele auf höchstem Niveau zu sichern und damit eine ideale Chance zur Weiterentwicklung zu erhalten. Geht das Spiel gegen die Schweiz hingegen verloren, geht es im ungeliebten President’s Cup gegen Teams wie Angola, die Demokratische Republik Kongo, Chile oder Südkorea um die Plätze 25 bis 32 weiter. Und die Hammer- wäre zur „Todesgruppe“ geworden.

Die Schweizer wittern ihre Chance auf einen Erfolg. „Die Österreicher sind wie wir eine Mannschaft, die intern eine sehr gute Stimmung hat. Ich erwarte ein Duell auf Augenhöhe“, sagte Nationaltrainer Michael Suter.