Das Altersgefälle zwischen den beiden Conferences, von der sich letztlich jede einen Finalisten ausspielt, ist bemerkenswert: Während in der American Football Conference (AFC) kein Spielmacher älter als 25 Jahre ist, sind in der National Football Conference (NFC) mit einer Ausnahme nur Altmeister am Werk. In Summe trennen die Quarterback-Quartette der AFC und NFC damit satte 50 Jahre.
Zählt man das Alter der Quarterbacks in der AFC zusammen, kommt man auf nicht einmal 100 Jahre (98). Mit im Schnitt 24 Lenzen und 345 Tagen ist es die jüngste Gruppe an Quarterbacks, die jemals im Viertelfinale in einer Conference zum Einsatz kommen wird. Im Duell zwischen den Buffalo Bills und den Baltimore Ravens sind am Samstag mit Josh Allen sowie Lamar Jackson zwei 24-Jährige am Werk, mit Patrick Mahomes (Kansas City Chiefs) und Baker Mayfield (Cleveland Browns) kämpfen am Sonntag zwei 25-Jährige um den Halbfinal-Einzug.
Bei den vier verbliebenen vier Play-off-Teams in der NFC versammeln sich insgesamt 148 Lebensjahre auf den Spielmacherpositionen. Alleine 85 Jahre davon gehen auf das Konto von Drew Brees (42/New Orleans Saints, Anm.) und Tom Brady (43/Tampa Bay Buccaneers). 37 Jahre steuert Aaron Rodgers zum Veteranentreffen bei, einzig Rams-Spielmacher Jared Goff gehört mit 26 Jahren zur Kategorie Jungspund. Die NFC liefert eine weitere Premiere: Mit acht Titeln (Brady 6, Rodgers und Brees je 1) hat diese Gruppe so viele Super-Bowl-Erfolge vorzuweisen wie keine andere zuvor in einem Conference-Halbfinale.
AFC krallte sich Toptalente
Das Altersgefälle kommt nicht völlig überraschend, haben doch vor allem die AFC-Teams in den vergangenen Jahren die offenkundig richtigen Quarterback-Talente im NFL-Draft gezogen. Titelverteidiger Kansas City wählte Patrick Mahomes 2017 aus, der sich als absoluter Senkrechtstarter entwickelte und den Chiefs mit seiner spektakulären Spielweise nach 50 Jahren wieder den Titel bescherte. Als Belohnung erhielt Mahomes, der als Most Valuable Player (MVP) 2018 und ein Jahr später als Super-Bowl-MVP ausgezeichnet wurde, im vergangenen Jahr einen Zehnjahresvertrag im Wert von einer halben Milliarde Dollar.
Im Duell mit Mayfield, der 2018 an Nummer eins gedraftet wurde und mit 25 Jahren und 272 Tagen schon der älteste Spielmacher des AFC-Quartetts ist, kommt es im Übrigen zum erstmaligen Duell seit einem historischen Offensivspektakel am College. Im Oktober 2016 setzten sich Mayfields Oklahoma Sooners mit 66:59 gegen Mahomes’ Texas Tech durch. Mayfield warf damals gleich sieben Touchdownpässe zum Sieg. Mahomes kam zwar nur auf fünf erfolgreiche Pässe in die Endzone, zog aber mit zwei erlaufenen Touchdowns gleich – er leistete sich im Gegensatz zu seinem Gegner jedoch eine kostbare Interception.
2018 war aber nicht nur für Cleveland ein einschneidendes Draftjahr. Auch Buffalo und Baltimore wählten ihre neuen Franchise-Spielmacher aus. Die Hoffnungen der Bills auf den ersten Super-Bowl-Triumph nährte Allen nach seinem endgültigen Durchbruch in dieser Saison, und auch „Laufwunder“ Jackson verbuchte als regierender MVP mit dem Erfolg der Ravens bei den Tennessee Titans einen Teilerfolg, war es doch sein erster Sieg in der K.-o.-Runde. Große Erfahrungswerte fehlen diesem Quartett in dieser Phase naturgemäß: Insgesamt kommen die vier Jungspunde auf bisher zehn Play-off-Spiele.
Viel Erfahrung und viele Erfolge in NFC
Im Gegensatz zu den Kollegen der AFC bringt das NFC-Quartett nicht nur eine durchschnittliche Alterserfahrung von 37 Jahren mit, sondern auch genügend Erfahrung in Sachen Play-off. Alleine „Youngster“ Goff hat mit fünf Spielen bereits halb so viele Postseason-Partien im Arm wie das AFC-Quartett. Rekordhalter Brady hat mit 42 Play-off-Spielen mehr als viermal so viele auf dem Buckel wie Mahomes und Co.
Mit 31 Siegen in der K.-o.-Runde ist Brady, der in seinen 20 Jahren mit dem AFC-Team New England Patriots sechs Super-Bowl-Titel geholt hat, auch auf diesem Gebiet Rekordhalter. Selbst Rodgers (18 Spiele als Starter) und Brees (17) „stinken“ im Vergleich zum Kapitän von Tampas „Seeräubern“ gehörig ab. Brady ist neben Joe Montana und Brett Favre der einzige Quarterback, der zwei verschiedene Teams (New England und Tampa Bay) zu einem Play-off-Sieg führte.
Jeder der vier stand außerdem bereits zumindest einmal in einer Super Bowl, in der AFC kennt hingegen mit Mahomes nur ein Quarterback den Nervenkitzel, im Endspiel aufzulaufen. Brady, Brees und Rodgers durften die Vince-Lombardi-Trophy sogar schon in Händen halten – Erstgenannter sechsmal so oft wie kein anderer Spieler vor ihm. Im Schatten von Brady hat vor allem Rodgers mit zehn Siegen und acht Niederlagen die beste Bilanz im Feld.
Die besten zwei im direkten Duell
Brees folgt mit einer Bilanz von 9:8. Der 42-Jährige kann jedoch auf eine besondere Bilanz verweisen: Brees hat in bisher jedem seiner Play-off-Spiele zumindest einen Touchdown-Pass geworfen und damit die drittlängste Serie der NFL-Geschichte. Nur der langjährige Packers-Superstar Brett Favre (20) und einmal mehr Brady (18) haben längere Play-off-Serien mit zumindest einem Touchdown-Pass pro Spiel vorzuweisen. Ausgerechnet im Duell der Altmeister entscheidet es sich, ob Brees mit Brady gleichzieht oder seine Serie endet.
Das Duell zwischen den zwei Veteranen ist nicht nur jenes mit dem höchsten kombinierten Alter zweier Quarterbacks – Brady und Brees bringen es zusammen auf 85 Jahre und 169 Tage – sondern auch jenes der bisher erfolgreichsten Passer der NFL-Geschichte. Inklusive Play-offs hält Tampas Superstar bei 90.973 Yards Raumgewinn und 656 Touchdowns, Brees folgt mit 85.590 bzw. 607 auf Rang zwei.
Brees, der seit 2006 in New Orleans spielt, blickt dem Schlagabtausch der NFL-„Opas“ jedenfalls gelassen entgegen. „Das Duell war einfach unvermeidbar. In dem Moment, als er bei den Bucs unterschrieb, wusste man, dass das ein ernst zu nehmendes Team wird. Sie haben große Ambitionen, genau wie wir“, sagte der 42-Jährige.
Weil Saints und Bucs in derselben Division spielen, trafen die Altstars heuer bereits zweimal aufeinander – und beide Male ging Brees als Sieger vom Platz. Vor allem an die Partie im November hat Brady schmerzliche Erinnerungen: Mit 3:38 kassierte er die schlimmste Abfuhr seiner Profikarriere. „Ich weiß schon, gegen wen ich spielen möchte“, sagte Brady deswegen mit einem Lächeln, als noch offen war, ob es gegen die Saints oder ein anderes Team gehen würde.