Ski alpin

Feuz gewinnt chaotische Kitz-Abfahrt

Matthias Mayer ist am Freitag bei einem turbulenten Auftakt der Hahnenkamm-Rennen in Kitzbühel um nur 16 Hundertstelsekunden an seinem zweiten Abfahrtssieg auf der Streif en suite vorbeigeschrammt. Der Kärntner fand im Ersatzrennen für Wengen in Beat Feuz seinen Meister. Das Rennen wurde aber einmal mehr von schweren Stürzen überschattet – und nach immer stärker werdendem Wind abgebrochen.

Feuz erzielte bei strahlendem Sonnenschein in Kitzbühel in 1:53,77 Min. eine famose Bestzeit, der nur Mayer halbwegs nahe kam. Für den Schweizer war es sein insgesamt 14. Weltcup-Sieg und der elfte in einer Abfahrt. Als Gewinner der Lauberhorn-Abfahrt 2020 verteidigte der 33-Jährige beim Ersatzrennen für seine abgesagten Heimbewerbe zudem theoretisch seinen Wengen-Erfolg aus dem Vorjahr. Der dreifache Streif-Sieger Dominik Paris (ITA) landete mit 0,56 Sek. Rückstand auf dem dritten Platz.

Der erste Erfolg von Feuz auf der Streif wurde allerdings zur Geduldsprobe. Das Rennen wurde nicht nur nach den Stürzen von Feuz’ Schweizer Landsmann Urs Kryenbühl und davor Ryan Cochran-Siegle (USA) unterbrochen, sondern zwischenzeitlich auch aufgrund des immer stärker aufkommenden Windes für mehr als eine halbe Stunde gestoppt. Am Ende schaffte es die Jury aber doch noch, die zur Wertung nötigen 30 Fahrer aus dem Starthaus zu befördern.

Mayer knapp geschlagen

Im Vorjahr hatte der Kärntner noch knapp die Nase vorne, diesmal muss er Feuz den Vortritt lassen.

Mayer „sehr zufrieden“

Mayer konnte nach zwei durchwachsenen Trainingsläufen mit Platz zwei trotzdem gut leben. „Ich bin sehr zufrieden, es war eine extreme Steigerung zum Training“, sagte der zweifache Olympiasieger im ORF-Gespräch, „16 Hundertstel ist eine knappe Partie. Man kann die natürlich überall suchen.“ Der Kärntner zog daher auch seinen Hut vor dem Sieger: „Feuz ist einer der besten Abfahrer der Gegenwart, war hier runter schon viermal Zweiter und hat es sich verdient, endlich einmal ganz oben zu stehen. Morgen wird es eine Revanche geben.“ Die Chance zur Revanche bei der dann klassischen Hahnenkamm-Abfahrt gibt es bereits am Samstag (11.30 Uhr, live in ORF1).

Feuz durfte hingegen nach einer aufgrund der schweren Stürze und der langen Warterei „emotionalen Achterbahnfahrt“ nach Siegen in Beaver Creek, Gröden und Wengen erstmals auch auf der schwersten Abfahrt der Welt jubeln. „Wenn ein Matthias Mayer knapp hinter mir ist, dann kann die Fahrt nur gut gewesen sein. Aber wir waren beide noch nicht perfekt“, sagte der Abfahrtsweltmeister von 2017, „es war ein schwieriges und dann sehr langes Rennen.“ Die Anspannung, ob die nötigen 30 Fahrer vom Start gehen können, sei groß gewesen, so Feuz im ORF: „Ich habe gesagt, wenn es nach 23 Fahrern abgebrochen wird, dann fahre ich morgen nicht. Das hätte ich im Kopf nicht ausgehalten.“

1. Beat Feuz (SUI)
2. Matthias Mayer (AUT)
3. Dominik Paris (ITA)

Zielsprung wird Kryenbühl zum Verhängnis

Davor wurde die Gefährlichkeit der Streif auch bei vermeintlich perfekten Bedingungen einmal mehr bei schweren Stürzen vor Augen geführt. Vor allem bei Kryenbühl stockte den Fahrern und Trainern im ansonst leeren Zielgelände der Atem. Der Schweizer geriet beim, trotz Entschärfungen im Vergleich zum Training, wieder sehr weiten Zielsprung zu stark in Vorlage und schlug hart mit dem Kopf voraus auf der Piste auf.

Der 26-Jährige rutschte zwar regungslos ins Ziel, erlangte aber zur Erleichterung aller zumindest bald sein Bewusstsein wieder. Laut Sieger Feuz erkannte sein Teamkollege zumindest seinen Trainer wieder. „Das ist mal positiv“, sagte ein sichtlich schockierter Feuz. Kryenbühl musste jedoch länger im Zielraum erstversorgt werden, ehe er per Helikopter ins Spital geflogen wurde. Er zog sich eine Gehirnerschütterung, einen Bruch des rechten Schlüsselbeines sowie einen Riss des Kreuz- und Innenbandes im rechten Knie zu.

Auch für den Schnellsten des ersten Trainings, Ryan Cochran-Siegle, endete das erste Streif-Rennen im Fangnetz. Der US-Amerikaner, seines Zeichens Sieger des Super-G von Bormio, geriet in der Traverse in Rückenlage und wurde hart abgeworfen. Cochran-Siegle klagte danach über Schmerzen in der linken Schulter und wurde vorsichtshalber von den Ersthelfern ebenfalls mit dem Hubschrauber abtransportiert.

Cochran-Siegle stürzt in Traverse

Der US-Amerikaner erfährt am eigenen Leib, dass die Streif keine Fehler verzeiht.

Kein Renntag für die Trainingsbesten

Sportlich enttäuschend endete das Ersatzrennen für Wengen für Vincent Kriechmayr mit einem neunten Platz. Der Oberösterreicher, der im Abschlusstraining noch die Konkurrenz abgehängt hatte, fand im Rennen nie die Ideallinie und riss 1,62 Sek. auf Feuz auf. „Ich bin gerade sprachlos. Oben bin ich nicht so gut gefahren wie gestern, unten dafür besser. Ich habe kontinuierlich zwei, drei Zehntel verloren. Mit dem Rückstand habe ich nicht gerechnet“, sagte der 29-Jährige im ORF-Interview. Otmar Striedinger landete auf dem 13. Platz, Hannes Reichelt und Daniel Danklmaier belegten unter den gewerteten Läufern die Ränge 16 und 17.

Keine gewertete Zeit gab es auch für Max Franz. Der Trainingsdritte vom Donnerstag erwischte laut eigener Aussage das „U-Hakerl“ vor dem Steilhang und auch die Ausfahrt aus letztgenannter Schlüsselstelle nicht optimal, lag bis zur letzten Zwischenzeit aber trotzdem auf Kurs zu einem Topplatz. Vor dem Zielschuss riskierte Franz aber zu viel, konnte dem Druck nicht standhalten und fuhr an einem Tor vorbei. „Es hat heute nicht so funktioniert, wie ich es mir vorgestellt haben, aber morgen habe ich die nächste Chance“, sagte der Kärntner.