Vincent Kriechmayr
AP/Marco Trovati
Ski-WM

Kriechmayr holt Gold im Super-G

Vincent Kriechmayr hat Österreichs Herren am Donnerstag einen Traumstart bei den Ski-Weltmeisterschaften in Cortina d’Ampezzo beschert. Der Oberösterreicher hielt dem Druck der Favoritenrolle im Super-G stand und holte in 1:19,41 Minuten die Goldmedaille. In einem auch aufgrund der Kurssetzung denkwürdigen Rennen verwies Kriechmayr seinen ehemaligen ÖSV-Kollegen Romed Baumann um Haaresbreite auf Platz zwei.

Der nun für Deutschland fahrende Tiroler Baumann lag am Ende eines dramatischen Rennens nur sieben Hundertstelsekunden hinter Kriechmayr. Die Bronzemedaille ging an den Franzosen Alexis Pinturault (+0,38 Sekunden). Überraschender und dennoch undankbarer Vierter wurde der Kanadier Brodie Seger vor dem Südtiroler Dominik Paris. Der Kärntner Doppelolympiasieger Matthias Mayer verpasste das Podium als Sechster um 22 Hundertstelsekunden.

Max Franz und Christian Walder schieden aus und teilten dieses Schicksal mit vielen weiteren Athleten. Denn der vom Italiener Alberto Ghidoni gesteckte Kurs wird ob einiger extrem schwieriger Passagen noch lange für heftige Diskussionen sorgen. Dazu kam, dass die WM-Strecke Vertigine für die Fahrer neu war, bisher nur bei italienischen Meisterschaften vor zwei Jahren befahren wurde.

1. Vincent Kriechmayr (AUT)
2. Romed Baumann (GER)
3. Alexis Pinturault (FRA)

Favorit erfüllt hohe Erwartungen

Kriechmayr ließ sich davon nicht beeindrucken. Nach den Super-G-Siegen in Kitzbühel und Garmisch-Partenkirchen war der 29-Jährige Favorit auf Gold gewesen. Diese Rolle erfüllte er mit Bravour. Kriechmayr war zwar bei der ersten Zwischenzeit nur Fünfter, danach jedoch immer Erster. Er holte das fünfte Super-G-Gold bei Weltmeisterschaften für Österreich nach zweimal Stephan Eberharter, Hermann Maier und zuletzt Hannes Reichelt (2015).

Für Kriechmayr war es die bereits dritte WM-Medaille nach Super-G-Silber und Abfahrtsbronze vor zwei Jahren in Aare. „Ich habe die ersten Startnummern gesehen, alle raus“, sagte er im ORF-Interview über die entscheidende Passage im oberen Teil mit einem weiten Sprung und darauffolgenden eng gesteckten Toren.

„Das war keine einfache Situation. Ich wusste, es ist eine schwierige Passage. Ich habe beim Sprung schon angestellt. Das waren hundert Meter Drift, bin ich noch nie so gefahren, das hat heute ganz gut funktioniert. Das macht den Super-G aus, dass man hin und wieder improvisieren muss. Ich war heilfroh, dass ich es so gut überstanden habe. Es ist unten ziemlich eng geworden mit Romed.“

Mayers Podestserie gerissen

Für seinen ÖSV-Teamkollegen Mayer riss dagegen eine beeindruckende Podestserie ausgerechnet bei der WM. Zuletzt war er in sechs Speed-Rennen (Vier Abfahrten und zwei Super-G) in Folge in die Top Drei gefahren. „Ich hab da auf alle Fälle zu viel Tempo rausgenommen, ich bin da über den Sprung schon mit zu viel Vorsicht drübergefahren“, sagte Mayer über die Passage im oberen Teil, die davor vielen Läufern mit frühen Startnummern zum Verhängnis geworden war.

„Da hab ich einfach die Zeit verloren, da muss man nicht viel analysieren. Wenn jeder das gefahren wäre, was er sich vorgenommen hat, wären wir alle dort gestanden. Der Vinc hat das super erwischt, ich hab es nicht so hingekriegt“, so ein sichtlich enttäuschter Mayer.

Baumanns „unglaubliche Geschichte“

Alle Österreicher freuten sich jedoch für ihren ehemaligen Mannschaftskameraden Baumann. „Wenn man am Ende der Topgruppe runterfährt und es leuchtet die zwei auf, weiß man, das hat gepasst“, so der DSV-Läufer mit langer ÖSV-Vergangenheit. „Es war heute eine Mischung aus allem. Ein Teil war taktisch zu fahren, da durfte man nicht so viel riskieren. Und unten war dann mein Teil, da bin ich immer schneller geworden. Da ist eine unglaubliche Geschichte.“

Baumann hatte 2011 in Garmisch-Partenkirchen noch für Österreich Team-Silber und dann zwei Jahre später in Schladming Kombi-Bronze gewonnen. Seit 2019 besitzt er nach seiner Heirat auch die deutsche Staatsbürgerschaft und startet für die Bundesrepublik. „Ich habe gewusst, dass es ein cooler Lauf war“, sagte der 35-Jährige, der mit Nummer 20 am Ende der Topgruppe gestartet war. „Es war taktisch, man durfte nicht sinnlos riskieren.“ Baumann holte als erster Skirennfahrer der Nachkriegszeit WM-Medaillen für zwei Nationen.

Pinturault meinte zu Bronze: „Das war sehr schwer, sehr kompliziert, da musste man ein bisschen intelligent fahren. Ich habe mich nicht so gut gefühlt. Ich bin sehr zufrieden, dass ich auf dem Podest bin.“

Testpiloten fielen aus

Walder wiederum war mit Startnummer eins gewissermaßen in der Rolle des Testpiloten gewesen. Der Kärntner verpasste nach dem enorm weiten Sprung ein Tor und musste seine WM-Hoffnungen früh begraben. Unmittelbar danach waren auch die Schweizer Loic Meillard und Mauro Caviezel an derselben Stelle ausgeschieden. Der Kanadier James Crawford war mit Startnummer vier der erste Läufer im Ziel.

„Ich würde nicht sagen, dass die Kurssetzung ein Schas ist“, sagte Walder im Ziel. „Da hätte man einfach mit mehr Hirn fahren müssen, so wie der Vinc. Mit Startnummer eins habe ich das leider nicht gewusst. Ich hatte einen guten Speed, dann fällt plötzlich das Gelände weg. Ich habe mir viel vorgenommen, das ist leider nicht aufgegangen.“

Franz gab sich ebenfalls selbstkritisch: „Der Fehler war vier Tore oberhalb, nach der Kompression und dem Rechtsschwung. Da wollte ich schön hinüberdriften, aber ich war zu früh dran, deshalb ist der Schwung zu weit geworden. Schade, es hat mir heute gut gefallen. Bei der Besichtigung haben wir uns schon gedacht, dass die Stelle schwierig wird. Dass der Sprung aber so weit geht, da haben wir uns aber alle getäuscht. Das ist auch eine coole Passage zu fahren, wenn man es weiß. Davor ist man halt ein Testpilot.“