Ski-WM

Liensberger überrascht mit RTL-Bronze

Der Damen-Riesentorlauf ist am Donnerstag bei der WM in Cortina d’Ampezzo zum Hundertstelkrimi geworden. Im knappsten WM-Damen-RTL der Geschichte überraschte Parallel-Weltmeisterin Katharina Liensberger mit der Bronzemedaille. Auf die Siegerin Lara Gut-Behrami, die bereits im Super-G gewonnen hat, fehlten der Vorarlbergerin nur 0,09 Sekunden. Silber, mit lediglich 0,02 Sekunden Rückstand, ging an Kombi-Weltmeisterin Mikaela Shiffrin.

Es war erst die vierte Medaille für den ÖSV im Damen-Riesentorlauf seit der WM 1999 in Vail. In den letzten 23 Jahren konnten nur Anna Veith (Gold 2015 in Vail und Bronze 2013 in Schladming) und Nicole Hosp (Gold 2007 in Aare) Edelmetall holen. Ramona Siebenhofer wurde als zweitbeste Österreicherin nach einer Aufholjagd im Finale noch Fünfte (+1,26 Sekunden).

Das Rennen war aufgrund der Kurssetzung und Streckenlänge eine Herausforderung für alle Teilnehmerinnen. Liensberger hielt sich im Finale nicht zurück, berührte bereits beim zweiten Tor bei einer extremen Schräglage mit dem rechten Unterarm den Schnee, fuhr aber mit vollem Zug weiter. Die Vorarlbergerin war im ORF-Gespräch im Ziel noch überglücklich über ihre Leistung, die ihr mit der besten Laufzeit im zweiten Durchgang gelungen war.

Lara Gut-Behrami, Mikaela Shiffrin und Katharina Liensberger
AP/Giovanni Auletta
Zwei Weltmeisterinnen und eine Doppelweltmeisterin von Cortina standen im Damen-RTL auf dem Podest

„Das ist so ein schöner Moment“

„Wahnsinn, Bronze im Riesentorlauf. Das ist so ein schöner Moment“, meinte Liensberger. „Ich hab so viel gearbeitet dafür, hab in dieser Disziplin auch viele Tiefschläge erlebt. Das ist wirklich, wirklich wunderschön, wenn sich die Arbeit so auszahlt. Ich hab die Ski angeschnallt und mich wohlgefühlt, hab Spaß am Skifahren gehabt. Bronze ist einfach wunderschön, großen Dank an alle, die dazu beigetragen haben. Diese Medaille hat einen sehr großen Stellenwert für mich.“

Liensberger „über meinem Limit“

In dem Super-G-ähnlich gesetzten Riesentorlauf, der aufgrund seiner Länge von rund 1:13 Minuten auch konditionell anspruchsvoll war, waren alle Läuferinnen voll gefordert. „Ich war heute wirklich über meinem Limit“, meinte auch Liensberger.

„Es war so kräfteraubend, dass ich nach dem ersten Durchgang konditionell am Ende war. Dann habe ich noch einmal die Batterien aufgeladen, mich voll motiviert. Das hat mir heute so viel abverlangt, ich bin superhappy. Ich hab alles gegeben, an mein Können geglaubt, und da sieht man, was alles möglich ist.“

Gut-Behrami und Shiffrin glücklich

Was alles möglich ist, zeigte auch Siegerin Gut-Behrami, die ihre achte WM-Medaille gewann. Nach je drei in Bronze und Silber war es ihre zweite in Gold. „Nein, damit habe ich nicht gerechnet. Es war immer ein Wunsch von mir, eine Medaille im Riesentorlauf zu holen“, so die Schweizerin im ORF. „Es ist eine große Freude für mich, auf so einem langen Riesentorlauf so schnell sein zu können. Ich stehe am Start und probiere immer alles, immer Gas zu geben. Jetzt kann ich heimgehen und genießen.“

Auch die zweitplatzierte Shiffrin war nach dem anstrengenden Bewerb froh über ihre Silbermedaille, auch wenn sie Gold nur um zwei Hundertstelsekunden verpasst hatte. „Das war wirklich ein langer, ermüdender Riesentorlauf. Ich musste viel pushen, um das Tempo aufrecht zu halten. Im Mittelteil war ich im ersten Lauf nicht zufrieden. Das Timing hat nicht so geklappt heute. Eine Riesentorlauf-Medaille oder überhaupt eine Medaille ist immer etwas Spezielles. Ich bin happy.“

Pechvogel des Rennens: Nina O’Brien

Ihre Landsfrau Nina O’Brien war hingegen der Pechvogel des Rennens. Die 23-jährige aus San Francisco, die als bisher beste Platzierung im Riesentorlauf einen 13. Platz aus Kranjska Gora stehen hatte, zeigte im ersten Durchgang als Zweite auf und war auch im zweiten Lauf lange auf Medaillenkurs.

1. Lara Gut-Behrami (SUI)
2. Mikaela Shiffrin (USA)
3. Katharina Liensberger (AUT)

Bis sie wenige Tore vor dem Ziel bei einem Tor wegrutschte und nicht mehr ihren Rhythmus fand und Zehnte (+1,81) wurde. „Natürlich bin ich enttäuscht über den Fehler, aber ich darf trotzdem auch zufrieden sein. Der ganze Speed war weg nach dem Fehler, aber bis dahin war es sehr gut. Im ersten Durchgang hat alles super geklappt.“

Siebenhofer: „Richtig cool angefühlt“

Einen versöhnlichen Abschluss hatte der Bewerb für Ramona Siebenhofer, im ersten Durchgang mit 1,31 Sekunden Rückstand 14., zeigte sie in der Entscheidung mit einer beherzten und technisch gelungenen Fahrt und der drittbesten Laufzeit auf. Auch Läuferinnen, die vor dem Rennen als Medaillenanwärterinnen gehandelt worden waren, wie Wendy Holdener, Tessa Worley, Marta Bassino und Petra Vlhova, bissen sich am Lauf der Steirerin die Zähne aus.

Siebenhofer war im Ziel mit ihrem fünften Platz zufrieden, wenn auch mit einem kleinen Nachtrauern, dass der erste Lauf nur zur Hälfte gut war: „Im ersten Lauf habe ich mich durch einen Fehler rausbringen lassen. Jetzt habe ich es richtig durchziehen können. Das hat sich heute richtig cool angefühlt am Riesentorlauf-Ski.“

Brunner nach Ausfall bitter enttäuscht

Die anderen ÖSV-Damen hatten bereits nach dem ersten Lauf keine Chance auf eine absolute Topplatzierung. Stephanie Brunner (+1,95) verlor ebenso wie die slowakische Titelverteidigerin Vlhova (+1,17) oder Favoritin Marta Bassino (+1,54) aus Italien, die ex aequo mit Liensberger Parallel-Gold gewonnen hatte, mehr als eine Sekunde auf Shiffrin.

Im zweiten Durchgang schied Brunner noch im oberen Teil der Strecke aus, als sie nach einem zu weiten Schwung das nächste Tor nicht mehr ordnungsgemäß passieren konnte. Entsprechend enttäuscht war die Tirolerin. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Im Training ist es so gut gegangen. Ich bin echt enttäuscht. Die ganze Arbeit ist umsonst“, so die 26-Jährige im ORF-Interview mit tränenerstickter Stimme.

Bereits im ersten Lauf, der von ÖSV-Techniktrainer Johannes Zöchling gesetzt worden war, war Franziska Gritsch gescheitert. „Schön langsam ist das frustrierend für mich. Im Rennen will es einfach nicht funktionieren. Aber ich werde mich nicht unterkriegen lassen. Im Leben geht auch nicht immer alles geradeaus“, so die Tirolerin über ihren verpatzten Lauf.