Der österreichische Skifahrer Marco Schwarz
GEPA/Harald Steiner
Ski-WM

Schwarz mit Glück zur Sensationsmedaille

Die zweite Medaille „glänzte wie Gold“ – tatsächlich hat Kombinationsweltmeister Marco Schwarz mit Bronze im Riesentorlauf für eine veritable Sensation gesorgt. Ausgerechnet in der ÖSV-Problemzone wurde der Kärntner am Freitag in Cortina d’Ampezzo wie Katharina Liensberger tags davor in einem dramatischen und höchst anspruchsvollen Rennen auf der Suche nach dem zweiten Edelmetall mit ein bisschen Glück fündig. Unter dem Strich stand das erste ÖSV-Podest in der Kerndisziplin seit Marcel Hirscher, der am 24. Februar vor zwei Jahren Weltcup-Zweiter und neun Tage davor Vizeweltmeister in Aare geworden war.

Die Erwartungen der ÖSV-Athleten vor dem WM-Riesentorlauf waren gering gewesen, waren sie doch mit der Hypothek von zwei achten Plätzen als Weltcup-Highlights am Start gestanden. Schwarz selbst hatte einen zwölften Platz zu Buche stehen, auf dem Podest war er im Riesentorlauf noch nie gestanden – und jetzt das. Mit Rückenwind durch Gold in seinem Auftaktbewerb, viel Selbstvertrauen und dem Pech von Alexis Pinturault, der als klar Führender im Finale nach wenigen Toren ausschied, war Bronze möglich geworden. „Ich bin enttäuscht und frustriert“, so Pinturault.

„Ich weiß gar nicht so richtig, was ich sagen soll. Natürlich wusste ich, dass ich es draufhabe. Diesmal konnte ich es endlich einmal zeigen“, sagte Schwarz. „Wenn mir das gestern wer gesagt hätte, dass ich mit einer Medaille heimfahre im Riesentorlauf, hätte ich gefragt, ob er nicht ganz dicht ist. Umso schöner, dass es so aufgegangen ist. Bei Weltmeisterschaften sind oft eigene Gesetze“, so Schwarz, der sich im ersten Durchgang durch Probleme im Steilhang aus dem Konzept habe bringen lassen. „Im zweiten habe ich meinen Plan durchgezogen.“

Schwarz holt Bronze im Riesentorlauf

Nach Gold in der Kombination holte Marco Schwarz bei der alpinen Ski-WM in Cortina d’Ampezzo am Freitag überraschend auch Bronze im Riesentorlauf. Weltmeister wurde der Franzose Mathieu Faivre vor Luca De Aliprandini aus Italien.

Dramatischer Rennverlauf

Dabei hätte nach Lauf eins niemand mehr einen Cent auf eine Medaille gesetzt. Die vermeintlich gute Ausgangsposition mit den Plätzen sieben (Stefan Brennsteiner) und sechs (Schwarz) täuschte. Schon mehr als eine Sekunde lagen beide hinter dem Deutschen Alexander Schmid und einer möglichen Bronzemedaille. Leitinger verlor als Zwölfter auf dem steilen Hang bei wechselnden und also schwierigen Schneebedingungen zwischen griffig, eisig und nass zwei Sekunden auf Pinturault und Platz eins.

Jetzt half nur volles Risiko – Manuel Feller war da nur mehr Zuschauer, im Finale hasardierte auch Brennsteiner zu viel und folgte ihm ins Out. Schwarz machte wie im Kombi-Slalom annähernd alles richtig und trug mit zweitbester Laufzeit das Seine zur späteren Medaille bei. Den Rest besorgten Ausfälle von Schmid und Pinturault, vor dessen Sicherheit und Souveränität sich davor alle verneigt hatten. Dessen Landsmann Mathieu Faivre sprang als Weltmeister ein. Für Leitinger wurde es noch Platz zehn – zwei Sekunden hinter Schwarz, dessen Trainingsleistungen endlich im Rennen gewürdigt wurden.

Bild zeigt den frnazösischen Skifahrer Alexis Pinturault.
Gepa/Patrick Steiner
Pinturault machte für Schwarz den Weg auf das Podest frei

Medaille von hohem Wert

Ein bisschen habe er mit der Medaille schon noch spekuliert, sagte der Kärntner später. Passieren könne immer alles. „Das Rennen ist erst nach dem zweiten Durchgang aus, aber von Pinturault ist man einen Ausfall eigentlich nicht gewohnt.“ Insofern hätte er mit Bronze nicht mehr gerechnet. „Ich hätte mich mit dem vierten Platz auch schon zufriedengegeben, das wäre ein super Ergebnis gewesen angesichts meiner Riesentorlauf-Ergebnisse davor. Aber die Medaille ist mir natürlich lieber und hat einen brutal hohen Stellenwert für mich. Sie glänzt fast wie in Gold.“

Bilanz Weltmeisterschaften seit 1933 – Tabelle
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Teamkollege Leitinger war von Schwarzs Medaille, der insgesamt 300. für den ÖSV, verblüfft. „Bei so schwierigen Verhältnissen, bei so einem schwierigen Hang, das ist gewaltig“, sagte der Salzburger. „Im ersten Durchgang hat es nicht so ausgeschaut, als ob das noch möglich wäre. Aber er hat aus den Fehlern gelernt und das super umgesetzt. Gut gemacht.“ Über seine eigene Leistung urteilte Leitinger wie folgt: „Ich hätte es probiert, es hat mich nur runterbeutelt. Ich muss ehrlich sagen, ich habe es einfach nicht fahren können.“ Brennsteiner sagte nach seinem Aus: „Mir tut’s gerade ein bisserl weh, aber cool für Marco.“

Enttäuschter Roland Leitinger.
Gepa/Patrick Steiner
Leitinger zollte Schwarz Respekt, er selbst fand sich im Rennen nicht zurecht

Nach drei Bewerben in Cortina hält Schwarz bei zwei Medaillen, der österreichische Skiverband (ÖSV) bei sechs – viermal Gold und zweimal Bronze. Und der Lieblingsbewerb von Schwarz kommt erst. Im Slalom am Sonntag (10.00 bzw. 13.00 Uhr, live in ORF1) greift er noch einmal an. Möglich dürfte in der aktuellen Form alles sein. „Das werden wir sehen. Ich freue mich brutal darauf. Alles, was jetzt noch kommt, ist gut. Klimpern tun die Medaillen jetzt schon. Ich werde befreit mein Skifahren durchziehen.“

Feller über dem Limit

Auch Feller wird im Slalom sein Glück suchen. Unverichteter Dinge war er nach dem RTL davongestapft. Der Tiroler teilte das Los mit unter anderen drei von vier Schweizern, die im ersten Lauf gescheitert waren. Wieder war er über sein Limit gegangen – wie davor in drei von fünf Weltcup-Bewerben. Als Elfter in Adelboden zeigte seine Form zuletzt nach oben. „Bei einer WM zählt nur eins, zwei oder drei. Ein vierter Platz käme einem Ausfall gleich. Also versuchte ich, alles hineinzuschmeißen. Ich hab alles probiert, schade“, sagte Feller, der sich im Slalom ungleich höhere Chancen ausrechnet.

Im Riesentorlauf zollte der 28-Jährige wie zahlreiche andere Athleten den selektiven Schneeverhältnissen bei Frühlingswetter auf der Tofana Tribut. Feller: „Steilhang war noch okay, dann wechselte die Piste, und ich war mit dem Schwung hinterher. Die Folge war dann halt leider ein Innenskifehler. Ich hätte gern das Ziel gesehen und ein bisschen um die Medaillen mitgeredet, zumindest hingeschnuppert“, bedauerte er. Dass es schwierig werde, sei ihm bewusst gewesen. Er habe alles gegeben. „Leider hat es nicht funktioniert.“

Bild zeigt den österreichischen Skifahrer Manuel Feller kurz nach dem Ausfall.
Gepa/Thomas Bachun
Feller kam im Riesentorlauf über einen Kurzauftritt nicht hinaus, im Slalom soll es besser klappen

Herausfordernd empfand Feller wie seine Teamkollegen das Rennen, solange er dabei war. Oben extrem steil, der Schnee griffig und fein zu fahren. „Und beim ersten langen Schwung wurde es plötzlich so richtig knackig, die Tore kamen extrem schnell auf einen zu. Man musste sich schnell umstellen. Licht und Schatten wechselten zudem. Das war ein Riesentorlauf der Extraklasse“, sagte Feller, der nach dem Aus überraschend gelassen gewirkt hatte, den Lauf danach analysieren und umgehend abhaken wollte.

Konzentration auf den Slalom

Die Konzentration galt ab sofort dem Slalom, den er neben Schwarz mit Michael Matt und Adrian Pertl in Angriff nimmt. In Aare vor zwei Jahren hatte Hirscher einen Dreifacherfolg vor Matt und Schwarz angeführt. Feller war Sechster, in St. Moritz 2017 Vizeweltmeister hinter Hirscher geworden. „Wir werden uns hundertprozentig auf den Slalom vorbereiten. Jetzt habe ich nur mehr eine Chance, da sollte es funktionieren. Aber in keinem anderen Bewerb gibt es so viele Fahrer, die um die Medaillen mitreden“, sagte er.

Im Verlauf der Saison hätten er und seine Kameraden schon oft genug gezeigt, dass mit den Österreichern in diesem Bewerb zu rechnen sei. Feller feierte im Jänner in Flachau seinen ersten Weltcup-Sieg, Schwarz gewann in Adelboden und Schladming. Der Countdown für den WM-Slalom in Cortina begann mit Ende des Riesentorlaufs und einer kurzen konditionellen Trainingseinheit („um den Körper auf Vordermann zu bringen“), am Samstag wird zwischen den Stangen trainiert. „Dann sind wir hoffentlich bereit.“