Daniil Medvedev
APA/AFP/William West
Australian Open

Medwedew reif für Grand-Slam-Titel

Zum neunten Mal Novak Djokovic oder zum ersten Mal Daniil Medwedew? Das ist die Frage vor dem mit Spannung erwarteten Finale bei den Australian Open. Nicht wenige setzen da trotz des Legendenstatus von Djokovic gerade in seinem „Wohnzimmer“ Melbourne mittlerweile auf den 25-jährigen Russen, der sich in den letzten Monaten reif für seinen ersten Grand-Slam-Titel präsentierte.

Medwedew hat seit Paris-Bercy im vergangenen Herbst einen Lauf von 20 Siegen, davon 12:0-Erfolge über Top-Ten-Spieler, darunter auch Djokovic bei den ATP-Finals. Bei den US Open war es noch Dominic Thiem vorbehalten, als erster Spieler der jüngeren Generation die Phalanx der „Big three“ bei Grand Slams zu brechen. Nun scheint die Zeit reif für den nächsten Teil einer schleichenden Wachablöse.

Medwedew strotzt jedenfalls zu Recht vor Selbstbewusstsein. „Wie man sieht, kann ich einige große Namen schlagen, wenn ich gut spiele“, sagte Medwedew: „Natürlich ist es für das Selbstvertrauen großartig, wenn du jeden schlägst, weil Leute – glaube ich – vielleicht anfangen, sich ein bisschen vor dir zu fürchten.“

Djokovic peilt 18. Major-Titel an

Ihm gegenüber steht allerdings eine Macht in Melbourne: Achtmal erreichte Djokovic bisher das Finale von Melbourne, achtmal hat er dann auch gewonnen – vor einem Jahr in fünf dramatischen Sätzen gegen Thiem. Schafft er in Melbourne alle Neune, dann hat er die Hälfte all seiner Majors (es wären dann 18) „down under“ geholt.

Novak Djokovic
APA/AFP/Brandon Malone
Was Rafael Nadal in Paris ist, ist Novak Djokovic in Melbourne – nahezu unschlagbar

Der Weltranglistenerste sprach anerkennend über die Siegesserie des Russen, sagte aber auch: „Es wird viel geredet über die neue Generation, die von uns übernehmen soll. Aber realistisch gesehen ist das noch nicht passiert. Mit allem Respekt gegenüber den anderen Burschen, sie haben noch viel Arbeit vor sich.“

Medwedew sieht Druck bei Djokovic

Umgekehrt weiß auch Medwedew, dass die Rekorde von Roger Federer, Nadal (je 20 Titel) und Djokovic (17) ohnehin außer Reichweite sind. Doch die Rekordjagd ist auch eine Bürde. „Ich habe nicht viel Druck, weil er hat hier im Finale achtmal nicht verloren. Er ist es, der allen Druck hat, auch weil er Roger und Rafa und den Grand-Slam-Rekord haben will“, versucht Medwedew die Erwartungshaltung zurückzuschrauben.

Stefanos Tsitsipas, der im Halbfinale am Freitag gegen Medwedew letztlich chancenlos war, wäre von einem Sieg des Russen nicht überrascht. „Es könnte auch Medwedew gewinnen, es wäre gut für ihn und gut für das Tennis.“ Die Namen in den Siegerlisten etwas zu ändern wäre jedenfalls kein Fehler, so der Grieche.

Duell der zwei stärksten Spieler

Wie das Endspiel auch endet, es ist ein würdiges Endspiel der zwei aktuell stärksten Spieler. Schon vor dem Finale steht für Djokovic fest, dass er in rund zwei Wochen einen weiteren für ihn wichtigen Rekord innehaben wird: Roger Federers Rekord von gesamt 310 Wochen an der Spitze der Weltrangliste wird fallen.

Geld spielt für Djokovic wohl gar keine, für Medwedew auch nur noch eine untergeordnete Rolle: Der Sieger erhält rund 1,77 Millionen Euro, der Finalist etwa 966.000 Euro. Der 81-fache Titelträger Djokovic hält schon jetzt bei knapp 147 Millionen Dollar allein an Preisgeld, Medwedew übertrifft mit Melbourne immerhin die 15-Millionen-Marke.

Australian Open Melbourne

Finale:
Novak Djokovic (SRB/1) Daniil Medwedew (RUS/4) 7:5 6:2 6:2
Halbfinale:
Novak Djokovic (SRB/1) Aslan Karazew (RUS) 6:3 6:4 6:2
Daniil Medwedew (RUS/4) Stefanos Tsitsipas (GRE/5) 6:4 6:2 7:5
Viertelfinal-Tableau:
Novak Djokovic (SRB/1) Alexander Zverev (GER/6) 6:7 (6/8) 6:2 6:4 7:6 (8/6)
Aslan Karazew (RUS) Grigor Dimitrow (BUL/18) 2:6 6:4 6:1 6:2
Daniil Medwedew (RUS/4) Andrej Rublew (RUS/7) 7:5 6:3 6:2
Stefanos Tsitsipas (GRE/5) Rafael Nadal (ESP/2) 3:6 2:6 7:6 (7/4) 6:4 7:5