Die österreichische Biathletin Lisa Theresa Hauser mit WM-Goldmedaille
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Biathlon-WM

Sternstunde krönt Hausers Aufstieg

Am österreichischen Sporthimmel funkelt seit Sonntag ein neuer Stern besonders hell. Lisa Hauser krönte sich bei den Titelkämpfen in Pokljuka im Massenstart zur ersten heimischen Weltmeisterin im Biathlon überhaupt. Die historische Goldmedaille ist die vorläufige Krönung eines Gipfelsturms in dieser Saison, in der seit dem Jahreswechsel ein Meilenstein auf den nächsten folgt. „Es ist einfach zum Genießen“, sagte die 27-Jährige.

Hausers Triumph im Massenstart über 12,5 km am Sonntag auf der slowenischen Hochebene von Pokljuka war nicht nur der erste bei den Frauen, sondern der erst dritte rot-weiß-rote Titel in der Geschichte von Biathlon-Weltmeisterschaften. Vor der Tirolerin, die damit um den Titel Sportlerin des Jahres ein gewichtiges Wort mitreden darf, hatten Wolfgang Rottmann 2000 in Oslo im Einzel und 2009 im südkoreanischen Pyeongchang Dominik Landertinger ebenfalls im Massenstart eine WM-Goldene nach Hause gebracht.

Angesichts ihrer sporthistorischen Leistung standen der 27-Jährigen bei der Siegerehrung, bei der sie sich aufgrund der Coronavirus-Bestimmungen selbst die Goldmedaillen umhängen musste, auch die Tränen in den Augen. Es sei „unglaublich schön“ gewesen, dass man ihr zu Ehren die österreichische Bundeshymne intoniert hatte, sagte Hauser im ORF-Interview: „Ich kann noch gar nicht glauben, dass ich jetzt zu den ganz Großen zähle.“

WM-Gold für Hauser im Massenstart

Biathletin Lisa Hauser durfte sich zum Abschluss der Weltmeisterschaften über eine Goldmedaille freuen. Die Tirolerin blieb im Massenstart fehlerfrei und holte damit den erst dritten Titel für Österreich.

Rasanter Aufstieg 2021

Ihr Aufstieg in die Weltspitze vollzog sich vor allem heuer rasant. Hauser holte Anfang Jänner ihre ersten drei Podestplätze im Weltcup – und das gleich in Folge. Bei der WM-Generalprobe in Antholz – genau einen Monat vor ihrem Massenstart-Triumph – durfte sich die 27-Jährige im Einzel über ihren ersten Sieg, den erst zweiten einer Österreicherin nach jenem von Katharina Innerhofer 2014 im Sprint in Poklujka, freuen. Und bei der WM nahe Bled verewigte sich Hauser mit Silber in der Mixed-Staffel und Platz zwei in der Verfolgung endgültig in den heimischen Sportgeschichtsbüchern.

Die österreichische Biathletin Lisa Theresa Hauser
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Bis zum letzten Schießen hatte Hauser (vorn) in der Lettin Baiba Bendika noch eine Begleiterin

Der Schlüssel zum Erfolg im Massenstart war simpel: Hauser blieb als einzige der 30 Teilnehmerinnen fehlerfrei. „Mit viermal null ist es einfach cool. Fehlerlos Weltmeisterin zu werden, besser geht es nicht. Es war immer so schön, als Erste vom Schießstand wegzulaufen, und es war so zum Genießen, wie ich als Erste zum Ziel gelaufen bin“, sagte die Tirolerin, die in der Schlussrunde auch in der Loipe nicht nachließ: „Ich war so nervös, dass ich immer noch Vollgas gegeben habe bis zum höchsten Punkt der Strecke, weil ich immer Angst gehabt habe, dass noch irgendwer kommt.“

Der Langlauf war lange Zeit die Schwachstelle. Doch heuer ging Hauser mit einem Jahr Verspätung der viel zitierte Knopf auf. „Es ist an der Zeit, den nächsten Schritt zu machen“, hatte die 27-Jährige bereits 2019 gemeint – als Top-Ten-Plätze sich wie Siege anfühlten. Die harte Arbeit am Schießstand und auf den Ski zahlte sich aus. Endlich würden einmal alle nötigen Faktoren zusammenpassen, und auch Verletzungen oder Erkrankungen blieben aus, sagte Hauser kürzlich. Nach vielen kleinen ist nun ein größerer Schritt gelungen, der nun sogar einen Medaillenregen auslöste.

Frühe Erfolge und Rückschläge

Die Affinität zum nordischen Sport entwickelte sich bei Hauser erst nach und nach, als Kind galt ihr Interesse eher dem Skifahren. Der Wechsel zum Biathlon erfolgte im Skigymnasium Saalfelden. Maßgeblich daran beteiligt war 2011 Trainerin Sandra Flunger, so Hauser. Die Cousine von Simon Eder hatte die 17-Jährige in der abseits der ÖSV-Strukturen werkenden Biathlonschmiede von Alfred Eder unter ihren Fittichen. Das Schießen sei ihr dabei stets nur von den Besten beigebracht worden, sagte Hauser. Nachwuchserfolge stellten sich schnell ein. 2012, 2013 und 2014 holte sie mehrere Junioren-WM-Medaillen. Auch im Weltcup etablierte sich Hauser rasch. Im Winter 2016/17 gelang ihr der erstmalige Vorstoß unter die ersten fünf.

Die österreichische Biathletin Lisa Theresa Hauser nach dem Sieg in Antholz im Jänner 2021
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In Antholz schaffte es Hauser genau vor einem Monat erstmals auf die oberste Stufe des Podests

Bis zu ihren ersten großen Erfolgen musste sie allerdings auch Rückschläge hinnehmen. So gingen etwa die Heim-WM 2017 in Hochfilzen und Olympia 2018 in Pyeongchang, dort wo sich einst Landertinger als erster Österreicher im Massenstart vergoldete, völlig daneben. Und vor zwei Jahren bei der WM im schwedischen Östersund schoss sie im Sprint in aussichtsreicher Position liegend auf die falschen Scheiben. Wenige Tage später zeigte sie sich über 15 km jedoch schon wieder bestens erholt von diesem Blackout und wurde Siebente. „Vielleicht bin ich der Typ: nach einem Rückschlag erst recht“, so Hauser.

Fair Play als oberste Maxime

Viele Sympathien und den deutschen Fair-Play-Preis brachte ihr eine selten gesehene Aktion vor vier Jahren ein. Damals überließ sie ihrer Konkurrentin Vanessa Hinz während eines Weltcup-Rennens in einem langen Anstieg selbstlos einen Skistock, nachdem die Deutsche ihren bei einem unabsichtlichen Touchieren mit Hauser verloren hatte. Nicht nur aufgrund solcher Aktionen waren Hauser viele Gratulationen nach ihrem WM-Triumph sicher. Allen voran jene der Topstars Dorothea Wierer aus Italien und der Deutschen Franziska Preuß, mit denen sich Hauser neben Teamkollegin Julia Schwaiger auf der Weltcup-Tour am besten versteht.

Dass Hausers großer Durchbruch ausgerechnet in der durch die Coronavirus-Pandemie einzigartigen Saison passiert ist, bringt es mit sich, ihre Erfolge vor leeren Rängen zelebrieren zu müssen. Das Fehlen der Fans sei sehr schade, dass nach ihren ersten Podiumsplätzen ihr Lächeln hinter einer Maske versteckt sein musste, ebenfalls, so Hauser. Die historischen Medaillen von Pokljuka – davor war nur Andrea Grossegger mit Sprint-Bronze 1984 in der österreichischen Statistik gestanden – wird die Tirolerin nun jedenfalls daheim in Reith bei Kitzbühel mit Freund und Familie feiern. „Ich glaube, die weinen jetzt alle“, sagte Hauser nach der Siegerehrung, bei der ihr selbst das Wasser in den Augen gestanden war.