Michael Liendl (WAC) und Moussa Sissoko (Tottenham)
GEPA/Csaba Doemoetoer
Europa League

WAC bündelt für Spurs die Kräfte

Der Zug in das Achtelfinale der UEFA Europa League ist für den WAC nach dem Hinspiel-1:4 in Budapest gegen Tottenham Hotspur wohl bereits abgefahren. Beim Rückspiel in London am Mittwoch (18.00 Uhr) wollen die Kärntner deshalb noch einmal die Kräfte bündeln, um sich gebührend von Europas Bühne zu verabschieden. „Ich sehe es als Bonusspiel, in dem wir den WAC und den österreichischen Fußball gegen einen prominenten Gegner gut vertreten wollen“, sagte WAC-Trainer Ferdinand Feldhofer.

Mit einem Weiterkommen wird im Lager der Kärntner nicht mehr spekuliert. „Über Aufstiegschancen oder Favoritenrolle braucht man nicht mehr reden“, so der 41-jährige Steirer. Die erfolgreichste Europacup-Saison der Clubgeschichte ehrenvoll zu beenden ist das große Ziel. „Es ist keinesfalls ein touristischer Ausflug, und das soll auch allen klar sein“, sagte Feldhofer vor dem zweiten Spiel des WAC in einer europäischen K.-o.-Phase.

Seine Spieler hatten vergangenen Donnerstag die erste Hälfte völlig verschlafen und waren nach Gegentoren von Son Heung Min (13.), Gareth Bale (28.) und Lucas Moura (34.) schnell aussichtslos zurückgelegen. „Wir sind noch immer ein bisschen sauer über die Anfangsphase in Budapest. Den Ärger wollen wir einfach auf den Platz bringen und zeigen, dass wir besser sind und vor allem auch besser verteidigen können“, gab der WAC-Coach die Marschroute vor.

Leere Ränge in Prunkstück von Tottenham

Gelingen muss das neuerlich in einer topmodernen Arena. Nach dem coronavirusbedingten Auftritt im 67.000 Zuschauer fassenden Ausweichstadion Puskas Arena geht es nun im Tottenham Hotspur Stadium zur Sache. Dieses bietet 62.000 Anhängern Platz und wurde erst im März 2019 am ehemaligen Standort des Stadions an der White Hart Lane – Kostenpunkt war mehr als eine Milliarde Euro – eröffnet.

EL-Sechzehntelfinale

Beginn 18.00 Uhr:

Tottenham – WAC

London, Tottenham Hotspur Stadium, SR Jug (SLO)

Mögliche Aufstellungen:

Tottenham: Hart – Doherty, Alderweireld, Tanganga, Davies – Sissoko, Winks – Bale, Alli, Moura – Vinicius

WAC: Kofler – Baumgartner, Henriksson, Lochoshvili – Novak, Taferner, Sprangler, Scherzer – Liendl – Vizinger, Joveljic

Hinspiel: 4:1

Umso bitterer ist es für die WAC-Kicker, dass aufgrund der Coronavirus-Pandemie neuerlich vor leeren Rängen gespielt werden muss. „Es ist für beide nicht von Vorteil, dass keine Fans dabei sind. Aber es ist eine der modernsten Arenen der Welt, das alleine sollte Motivation und Vorfreude genug sein“, sagte Feldhofer.

Negativlauf der Spurs in der Liga

Offen ist, welche Bedeutung die Engländer der Partie nach dem deutlichen Hinspielergebnis beimessen. In der Liga hat man fünf der jüngsten sechs Spiele verloren, darunter am Sonntag bei West Ham United mit 1:2, und die Champions-League-Startplätze als Neunter aus den Augen verloren. Die Ligapartie am Sonntag gegen Burnley wird daher als wichtiger gesehen werden.

Feldhofer macht sich deshalb aber keine allzu großen Hoffnungen. „Ich denke nicht, dass sie uns auf die leichte Schulter nehmen. Man hat im ersten Spiel gesehen, dass sie uns wirklich sehr ernst genommen haben“, erinnerte der Ex-ÖFB-Teamspieler. Auch den Liganegativlauf der Truppe von Coach Jose Mourinho wollte Feldhofer nicht überbewerten. „Sie haben da alles andere als eine schlechte Leistung geboten. In der Liga fehlt ihnen vielleicht ein bisschen das Glück, das sie gegen uns auf jeden Fall gehabt haben“, meinte der WAC-Trainer.

Mourinho macht sich keine Sorgen

Den durchwachsenen Leistungen in der Liga zu viel Bedeutung beimessen wollte auch Mourinho nicht. „Gott sei Dank bin ich nicht mehr der Trainer, der ich einmal war“, meinte der Portugiese. „Ich bin nicht glücklich, aber Reife hilft, und ich bin sehr zuversichtlich“, sagte der 58-Jährige. In seiner Vergangenheit, in der er u. a. insgesamt sechs Meistertitel in England, Italien und Spanien sowie zweimal die Champions League gewann, habe er auf Probleme abseits des Sportlichen „viel emotionaler“ reagiert.

„Anstatt mir selbst zu helfen, habe ich noch mehr Konflikte provoziert“, erinnerte sich Mourinho. Bleiben Ergebnisse aus, fühlten sich Trainer oft als „einsame Männer“. „Ich habe das hier nie gespürt. Ich fühle mich nicht nur respektiert, sondern auch unterstützt. Wir sitzen alle im selben Boot. Niemand ist glücklich, aber auch niemand niedergeschlagen. Ich bin optimistisch. Vielleicht ist das ein bisschen komisch nach so vielen Niederlagen, aber ich bin optimistisch“, betonte Mourinho. „Ich wache auf und freue mich, hierherzukommen.“

WAC auf Weg in Meistergruppe

Klar sei nicht zuletzt im Hinblick auf den WAC aber auch eines: „Wenn du einen schlechten Lauf hast, brauchst du Siege. Ich bin sicher, dass jeder nicht nur weiterkommen, sondern auch gewinnen will“, gab Mourinho an. Tatsächlich ist Gareth Bale und Co. der Aufstieg ins Achtelfinale kaum mehr zu nehmen. „Im Fußball kann alles passieren, aber die Realität ist, dass ein 4:1-Auswärtssieg gut ist“, sagte Mourinho lapidar. Zudem kündigte er eine Aufstellung „sehr ähnlich jener von Budapest“ an.

Der WAC konnte sich in der Liga im Gegensatz zu den Spurs am Sonntag nicht über mangelndes Glück beklagen. Dario Vizinger fixierte den 2:1-Erfolg bei Sturm Graz, der ein großer Schritt in Richtung Bundesliga-Meistergruppe war, mit seinem Tor erst in der 90. Minute. „Ich denke, dass wir wieder mehr Selbstvertrauen gewonnen haben, und das spürt man auch“, so Feldhofer, der auf eine positive Auswirkung hofft. Nicht helfen können weiter der nicht fitte Mario Leitgeb und der schon wieder ins Teamtraining eingestiegene Eliel Peretz, der für Mittwoch „noch kein Thema“ ist.