Zweimal war sie als Favoritin angetreten. Von den Halbzeiträngen eins und drei ging es jeweils auf „Blech“. Wie am vergangenen Donnerstag ließ Kramer die äußeren, für sie ungünstigen Umstände nicht als Ausrede gelten und suchte die Ursachen bei sich. „Ich habe schlechte Sprünge gezeigt. Ich habe leider nicht gezeigt, was ich draufhabe. Ich bin eher wütend auf mich als auf die Bedingungen, denn das gehört zum Sport dazu.“ Das Gefühl für den guten Sprung habe gefehlt.
Leer fühle sie sich, so kurz nach dem Wettkampf. „Du siehst in der Luft die grüne Linie, dann weißt du schon, kennst dich schon aus. Der vierte Platz ist echt hart, aber es geht auch weiter.“ Nachdem sie hinter die letztlich zweitplatzierte Japanerin Sara Takanashi zurückgefallen war, blieben die Slowenin Nika Kriznar und die Halbzeitführende Maren Lundby vor ihr. Die Norwegerin ist damit die erste Großschanzenweltmeisterin. Kramer reist mit Team-Gold und Mixed-Bronze ab.
Nordische WM: Kramer verpasst wieder Medaille
Wie schon von der Normalschanze sprang Marita Kramer auch von der Großschanze auf den undankbaren vierten Platz.
Viel Mitgefühl von den Teamkolleginnen
Dass es für sie zu keiner Einzel-Medaille reichte, nahm auch ihre Teamkolleginnen mit. 2011-Weltmeisterin Daniela Iraschko-Stolz hatte die 19-Jährige schon nach deren erstem vierten Rang zu trösten versucht. „Es hätte ihr jeder eine Medaille gegönnt“, sagte die 37-Jährige. „Manche Menschen müssen einfach härter kämpfen, für andere geht es sich bei Großveranstaltungen immer genau aus. Dafür eine Erklärung zu finden ist schwer.“
Der vierte Platz bei einer Großveranstaltung sei undankbar, und dann gleich zweimal. Iraschko-Stolz: „Sie hat den ganzen Druck von Österreich gehabt, da sie die Medaillenkandidatin Nummer eins war. Das macht das Ganze nicht leichter. Nicht einfach, aber sie wird daraus lernen und wird eine ganz Große. Für mich ist sie das schon.“ Kramer hat übrigens nun neun Saison-Einzel-Ergebnisse stehen, alle in den Top Vier. Im Weltcup bringt das immerhin 50 Punkte, bei der WM nur Enttäuschung.

Blick nach vorn beim Trainer
Das konnten auch Sophie Sorschag und Chiara Hölzl nachvollziehen. „Es tut mir so leid, weil sie hätte es sich so verdient – auf der Großen, aber auch schon auf der Kleinen“, meinte die Kärntnerin Sorschag. Bei Hölzl war die Freude über ihren achten Rang etwas eingetrübt. „Es ist kaum zu glauben, dass es zweimal der vierte Platz geworden ist. Im Training hat sich herausgestellt, dass sie die Favoritin für beide Schanzen ist. Andererseits, mit 19 Jahren zwei Medaillen – da darf sie auch zufrieden sein.“
Ähnlich Harald Rodlauer. „Es waren nicht ihre besten Sprünge, trotzdem ist sie eine tolle WM gesprungen.“ Der ÖSV-Frauen-Chefcoach erinnerte daran, dass Kramer auch das Startverbot vor zwei Wochen beim Rasnov-Weltcup wegen unklarer Coronavirus-Testlage zu verkraften hatte. „Da darf so etwas dann passieren, das ist menschlich. Marita ist eine, die weiß, was sie will. Sie ist eine Bodenständige und hat noch Großes vor sich. Wenn sie verletzungsfrei bleibt, hat sie noch eine großartige Karriere vor sich.“