Nordische WM

Kraft vergoldet sich auf Großschanze

Der Weltmeister auf der Großschanze heißt 2021 so wie vor vier Jahren Stefan Kraft. Der Salzburger setzte sich am Freitag bei den Titelkämpfen in Oberstdorf bei dichtem Schneefall mit Sprüngen auf 132,5 und 134,0 Meter zum zweiten Mal auf dem großen Bakken und zum insgesamt dritten Mal in seiner Karriere die WM-Krone auf. Silber ging an den Norweger Robert Johansson, der Oberstdorfer Lokalmatador Karl Geiger holte Bronze für Gastgeber Deutschland.

Kraft, der schon die Qualifikation gewonnen hatte, bewahrte in einer spannenden Entscheidung die Nerven und wehrte den Angriff von Johansson, der 135,5 Meter in den Tiefschnee setzte, souverän ab. Der 27-Jährige, der auch zwei seiner 21 Weltcup-Siege an gleicher Stelle gefeiert hatte, lag am Ende 4,4 Punkte vor dem Norweger. Johansson durfte sich aber mit Silber über seine erste Einzel-Medaille freuen. Geiger katapultierte sich bei schlechteren Windverhältnissen als die Konkurrenz mit einem Satz von 132,0 Meter von Rang sechs noch auf das Podest.

„Unglaublich, dass das hier passiert. Dass ich jetzt hier so dastehe, da muss ich mich bei ganz vielen Leuten bedanken, dass es mir körperlich so gut geht“, sagte Kraft im ORF-Interview. Er habe sich das „Wintermärchen“ so lange eingeredet, „bis es geklappt hat, das Wetter war bei meinem ersten Weltcup-Sieg auch hier in Oberstdorf auch so. Ich wusste, was zu tun ist – ja nicht zurückstecken. Da war so viel Energie drinnen. Mit der Vorgeschichte ist die Medaille so wunderbar, im Sommer war sie so weit weg.

Historischer Triumph für Kraft

Stefan Kraft krönt sich bei der nordischen Ski-WM in Oberstdorf auf der Großschanze zum Weltmeister. Für den 27-Jährigen ist es nach seinem Doppelerfolg 2017 die dritte Einzel-Goldmedaille. Das hat vor ihm noch kein Österreicher geschafft.

Happy End nach durchwachsener Saison

Krafts Erfolg war nach dem bisherigen Saisonverlauf nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Er hatte in dieser Saison, in der das Coronavirus die ÖSV-Springer gleich nach dem Auftakt zu einer Zwangspause geschickt hatte, einen dritten Platz als bestes Resultat erreicht. Der Skiflug-Weltrekordler hatte nach Rückenproblemen in der Vorbereitung zudem Krafttraining und Einsätze dosieren müssen. „In Planica bei der Skiflug-WM konnte ich mir die Socken nicht mehr anziehen, ich war so weit weg“, sagte Kraft.

Stefan Kraft (AUT) bei der Landung
APA/Georg Hochmuth
Kraft übertraf in der Entscheidung die notwendige grüne Linie und landete damit auf dem Großschanzen-Thron

Mit seinen zwei WM-Titeln auf der Großschanze und der Goldenen auf der Normalschanze 2017 ist Kraft der erste Österreicher, der sich in drei Einzel-Bewerben zum Weltmeister krönen konnte. Nach den Skisprung-Damen und Kombinierer Johannes Lamparter sorgte der Salzburger zudem für die dritte österreichische Goldmedaille in Oberstdorf. Kraft ist darüber hinaus der zweite österreichische Großschanzen-Weltmeister im Allgäu bei den bisherigen drei Titelkämpfen. 1987 hatte Andreas Felder auf der Schattenbergschanze triumphiert, 2005 hatte sich der Finne Janne Ahonen Gold gesichert.

Huber fliegt von Podest

Auch die restlichen ÖSV-Adler präsentierten sich im letzten Einzel-Springen der WM 2021 stark, ließen aber in Form von Daniel Huber eine weitere Medaille aus. Der Salzburger lag zur Halbzeit noch auf Rang drei, fiel in der Entscheidung aber auf den achten Platz zurück. Dafür konnten sich Jan Hörl und Philipp Aschenwald im zweiten Durchgang steigern. Das Duo machte je acht Plätze gut und landete in der Endabrechnung auf den Rängen zehn und elf. Gemeinsam mit Kraft wird das Trio auch den Team-Bewerb am Samstag (17.00 Uhr, live in ORF1) bestreiten.

Huber fällt zurück

Der Salzburger kann im zweiten Durchgang seinen dritten Platz nicht halten und fällt auf Rang acht zurück

„Ich bin heute echt mutig Ski gesprungen. Mir hat der zweite Sprung auch nicht schlecht gefallen. Er war vielleicht auf der schärferen Seite, aber das braucht es auch. Im Flug habe ich es dann schon ein bisserl liegen gelassen. Es tut schon ein wenig weh, viele Fehler habe ich meinem Gefühl nach nicht gemacht“, sagte Huber nach seiner verpassten Chance. Die Freude über die Goldmedaille seines Teamkollegen Kraft überwog aber letztlich den Frust. „Ich war über mich nur kurz traurig. Wir haben als ganzes Team heuer viel durchmachen müssen, er mit seinem Kreuz noch einmal mehr – da vergönnt man es noch mehr“, sagte Huber in Richtung des neuen Weltmeisters.

Bauchfleck des Titelverteidigers

Groß war die Freude auch bei Johansson, der die insgesamt 26. Medaille für Norwegen in Oberstdorf holte. „Ich bin sehr zufrieden, freue mich sehr über meine erste Medaille. Ich habe mir selbst vertraut. Es war ein netter Wettkampf, ich mag diese Bedingungen. Die Luftverhältnisse sind dann stabiler“, sagte der Mann mit dem markanten Schnauzbart. Hinter dem Norweger machte Geiger mit Bronze nach Gold im Mixed-Bewerb und Silber auf der Normalschanze sein Medaillenset komplett. „Es war ein brutal guter Wettkampf. Den ersten habe ich nicht ganz erwischt, dafür war der zweite umso besser. Es ist schon echt cool, dass ich jetzt noch einmal auf dem Stockerl stehen darf“, sagte der Oberstdorfer Lokalmatador im ORF-Interview.

Für viele andere Medaillenkandidaten endete der Bewerb auf der Großschanze hingegen enttäuschend. Titelverteidiger Markus Eisenbichler fabrizierte im wahrsten Sinn des Wortes einen Bauchfleck. Der Deutsche, der seine Chancen auf eine Wiederholung des Coups von Innsbruck bereits im ersten Durchgang mit 122,5 Metern begraben musste, wurde in der Entscheidung nach einer Landung bei 134,0 Metern vom Tiefschnee unsanft gestoppt und landete kopfüber im Auslauf. Eisenbicher blieb dabei aber zum Glück unverletzt.

Eisenbichler stürzt im Tiefschnee

Dem Titelverteidiger wird der weiche Schnee im Aufsprung zum Verhängnis

Der Pole Kamil Stoch, heuer souveräner Gewinner der Vierschanzentournee wurde zwei Plätze hinter Eisenbichler nur 19. Der Japaner Ryoyu Kobayashi war bereits im ersten Durchgang im Auslauf gestürzt, blieb aber ebenfalls ohne gröbere Blessur. Großer Abwesender war Gesamtweltcup-Sieger Halvor Egner Granerud. Der Norweger hatte die WM nach einer Coronavirus-Infektion vorzeitig beenden müssen. Auch ohne Granerud gehören die Norweger aber auch im abschließenden Team-Bewerb auf der Großschanze am Samstag zum Favoritenkreis.

Herren-WM-Springen, Großschanze

Endstand:
1. Stefan Kraft AUT 132,5/134,0 276,5
2. Robert Johansson NOR 129,5/135,5 272,1
3. Karl Geiger GER 132,0/132,0 267,4
4. Piotr Zyla POL 130,5/137,0 264,4
5. Anze Lanisek SLO 126,5/136,5 258,5
6. Marius Lindvik NOR 126,5/131,5 257,2
7. Yukiya Sato JPN 134,0/130,5 256,7
8. Daniel Huber AUT 133,5/123,5 255,3
9. Cene Prevc SLO 129,5/129,5 253,2
10. Jan Hörl AUT 127,0/136,5 245,4
11. Philipp Aschenwald AUT 123,5/130,0 243,6
12. Daniel Andre Tande NOR 131,0/120,5 237,4
13. Keiichi Sato JPN 126,5/128,0 235,9
. Johann Andre Forfang NOR 128,5/123,5 235,9
15. Dawid Kubacki POL 130,5/119,0 235,8
16. Peter Prevc SLO 126,5/129,5 233,5
17. Markus Eisenbichler GER 122,5/134,0 231,8
18. Pius Paschke GER 129,5/114,5 231,2
19. Kamil Stoch POL 120,0/129,5 230,0
20. Gregor Deschwanden SUI 124,0/126,0 228,9
21. Andrzej Stekala POL 121,5/122,5 219,2
22. Severin Freund GER 122,5/118,5 218,2
23. Jewgeni Klimow RUS 121,0/126,0 215,8
24. Martin Hamann GER 121,5/123,0 215,4
25. Artti Aigro EST 131,0/120,0 211,2
26. Simon Ammann SUI 118,0/114,5 211,0
27. Denis Kornilow RUS 123,0/118,0 207,8
28. Mackenzie Boyd-Clowes CAN 116,0/122,0 201,3
29. Witali Kalinitschenko UKR 119,5/126,0 200,4
30. Niko Kytosaho FIN 116,5/120,5 193,9