Sophie Sorschag, Chiara Hölzl, Daniela Iraschko-Stolz und Marita Kramer
APA/Georg Hochmuth
Nordische WM

Österreichs Team übertrifft Erwartungen

Die dritten nordischen Weltmeisterschaften in Oberstdorf und die 53. der Geschichte sind seit Sonntag Geschichte. Nicht nur für die überragende norwegische Abordnung, auch für Österreichs Athletinnen und Athleten wurde das Allgäu zum goldenen Boden. Mit viermal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze übertraf das ÖSV-Team die Erwartungen. Was mit den weltmeisterlichen Skispringerinnen begann, endete in den letzten Tagen der WM in einem wahren Goldrausch.

Nachdem Marita Kramer, Daniela Iraschko-Stolz, Sophie Sorschag und Chiara Hölzl im Team-Springen der Damen die Deutschen als Weltmeisterinnen entthront hatten, drehten vor allem die Kombinierer rund um Johannes Lamparter, sowie Stefan Kraft und die Springer mit dreimal Gold an den letzten drei Wettkampftagen auf. Dazu kamen Silber im Team-Springen der Männer sowie Bronze im Mixed-Bewerb und dank des Kombi-Teams. Auch Teresa Stadlober schnupperte als Vierte im Skiathlon und Fünfte im Massenstart über 30 km an Edelmetall.

„Sie hatten dann die Einstellung, nicht nur um den Sieg mitzuspringen, sondern wirklich zu gewinnen“, freute sich daher Mario Stecher, seines Zeichens nordischer Sportdirektor im Österreichischen Skiverband (ÖSV) über die Ausbeute von insgesamt sieben Medaillen. Damit übertraf das Team die Vorgabe des gebürtigen Steirers von vier bis sechs Medaillen. Damit war Österreich hinter Norwegen (13-mal Gold, elfmal Silber, siebenmal Bronze) „best of the rest“.

Gute Bilanz nach nordischer WM

Für Österreich ist mit einer doch unerwartet guten Bilanz die nordische WM in Oberstdorf zu Ende gegangen. Mit sieben Medaillen – vier davon in Gold – ist es für den ÖSV die zweiterfolgreichste WM nach jener in Oslo 2011.

Erfolgreicher als in Oberstdorf schnitten Österreichs nordische Sportlerinnen und Sportler bei Großereignissen nur bei der WM 2011 in Oslo mit sieben Goldenen, zwei Silbernen und einer Bronzemedaille bzw. bei den Olympischen Spielen in Turin 2006 (4-2-1) ab. Vor zehn Jahren in Oslo gab es vor allem dank eines „Sweeps“ – des Gewinns aller Bewerbe – auf den Schanzen einen historischen Erfolg. Bei den Heimtitelkämpfen 2019 in Seefeld hatte es insgesamt neun Medaillen für das ÖSV-Team gegeben, allerdings keinen Titel. Heuer waren die Erfolge aber auf mehr Schultern verteilt.

Kramer und Kraft stechen heraus

Nachdem die Springerinnen nicht nur Gold im Team gewonnen, sondern Kramer und Iraschko-Stolz auch den Hauptanteil an Bronze im Mixed-Bewerb gehabt hatten, schlugen die Männer im Finish nach Kritik von Sportdirektor Stecher am Leistungsniveau der Adler doch noch massiv zu. Kraft sicherte sich bei dichtem Schneefall zum zweiten Mal nach 2017 den Titel auf der Großschanze, im Team musste der Salzburger gemeinsam mit Daniel Huber, Philipp Aschenwald und Jan Hörl nur Deutschland den Vortritt lassen. „Unglaublich, alle Medaillen abgeholt – Gold, Silber, Bronze – eine Wahnsinns-WM“, sagte Kraft, der mit insgesamt zwölf WM-Medaillen mit Gregor Schlierenzauer gleichzog.

Stefan Kraft
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Kraft erwischte im dichten Schneefall auf der Großschanze einen Traumtag

Bei den Damen schrieb Kramer aus heimischer Sicht die Geschichte der WM. Im Team-Bewerb auf der Normalschanze sorgte vor allem die 19-Jährige mit ihren Sprüngen auf 102,5 und 104,0 Metern dafür, dass die Österreicherinnen Slowenien knapp auf Distanz hielten. Dafür war die Salzburgerin in den Einzel-Bewerben auch zweimal eine der großen Verliererinnen. Sowohl auf der Normal- als auch auf der Großschanze landete Kramer zweimal auf dem undankbaren vierten Platz.

„Aber sie ist jung und sie hat eine riesengroße Leistung gezeigt. Sie ist ein absolutes Versprechen für die Zukunft“, machte Sportdirektor Stecher der heimischen Überfliegerin Mut. Der 43-Jährige hatten den Damen schon zur Halbzeit ein überragendes Zeugnis ausgestellt. „Das gesamte Team der Damen war herausragend mit sehr, sehr guten Einzelleistungen – teilweise noch Steigerungen bei der WM, wenn man Sophie Sorschag hernimmt“, so Stecher.

Neuer Stern am Kombi-Himmel

In der Kombination brachte Oberstdorf 2021 mit Lamparter einen neuen Stern am Sporthimmel hervor. Der 19-Jährige krönte sich im Einzel von der Großschanze sensationell zum Weltmeister und holte danach auch mit Lukas Greiderer Gold im Team-Sprint. Dazu lief der Tiroler gemeinsam mit Greiderer, Lukas Klapfer und Mario Seidl im klassischen Team-Bewerb zu Bronze. Damit war Lamparter hauptverantwortlich dafür, dass das Kombinierer-Team die Rekordbilanz von Oslo 2011 einstellte. Vor zehn Jahren waren die Titel allerdings in den damals zwei Team-Bewerben (Groß- und Normalschanze) errungen worden.

Lukas Greiderer und Johannes Lamparter
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Lamparter half Greiderer nach dem Gold-Coup im Team-Sprint gerne auf die Beine

„Wenn mir das jemand vor der WM gesagt hätte, hätte ich ihm eine runtergehaut oder den Vogel gezeigt. Jetzt stehe ich als Doppelweltmeister da“, sagte Lamparter. ÖSV-Chefcoach Christoph Eugen sah über die gesamte WM die Schanzenleistung seiner Schützlinge als größten Faktor des Erfolgs: „Da haben wir noch einmal einen Schritt gemacht. Wir haben wirklich gut trainiert bei der WM-Vorbereitung. Man hat dann bei der WM gemerkt, sie haben gelöster und befreiter gewirkt. Das war ein Riesenschritt. Die anderen Nationen haben sich auf der Schanze schwerer getan. Das war unser Glück, dass wir da ein bisschen die Pace vorgegeben haben.“

Bei den erstmals um WM-Medaillen kämpfenden Kombiniererinnen gab es aus heimischer Sicht zwar keine Podestplätze, Lisa Hirner als Achte, Sigrun Kleinrath mit Rang neun und Annalena Slamik auf dem 14. Platz lieferten dennoch eine gelungene Premiere ab. „Man hat gesehen, dass wir für die Zukunft gewappnet sind und ein schlagkräftiges Team auf die Füße stellen können. In drei, vier Jahren sind die in einem leistungsfähigen Alter“, sagte Spordirektor Stecher, der sich bereits auf die nächsten Auftritte der oben genannten erst 17-jährigen Athletinnen freut.

Stadlober ist knapp dran

Im Langlauf kam einmal mehr nur Stadlober mit Spitzenplätzen in Medaillennähe. Im Skiathlon über 15 km landete die Salzburgerin zwar auf dem vierten Platz, der Abstand zum Podest war mit über 40 Sekunden aber noch beträchtlich. Deutlich näher kam die 28-Jährige einer Medaille im Massenstart: Nach 30 harten Kilometern fehlten Stadlober gerade einmal zehn Sekunden auf Bronze. „Ich habe dann die Kraft nicht gehabt, dass ich da vorne mitmische. Die anderen waren die Stärkeren und haben da verdient die Medaillen geholt“, zeigte sich die Salzburgerin als faire Verliererin.

 Teresa Stadlober
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Stadlober fehlte in Oberstdorf nicht viel zu einem Platz auf dem Stockerl

Generell seien die Weltmeisterschaften für sie allerdings viel besser gelaufen als vorher gedacht. „Dass es so beim Großereignis aufgeht und dass ich vorne mitmischen kann, taugt mir voll", sagte die 28-Jährige. Die Großereignisse motivieren mich. Auch nächstes Jahr werde ich es wieder so auslegen, dass ich beim Großereignis (Olympia 2022 in Peking, Anm.) in Form bin. Denn das ist das, was zählt.“

Für Christian Schwarz, den Leiter der Sparte Langlauf, standen die „Weltklasseleistungen von Teresa Stadlober“ über allem. „Aber ich bin froh, dass man auch sonst im Langlauf ein kleines Pflänzchen erkennen kann. Es ist Potenzial erkennbar, wir wollen Schritt für Schritt nach vorn gehen“, sagte der Verantwortliche mit Hinblick auf das restliche Team. In Kooperation mit dem ÖSV sei das schaffbar: „Wir wollen die nächsten Schritte machen.“

Norwegen einsame Klasse

Mehrere Schritte voraus waren in Oberstdorf einmal mehr die norwegischen Sportlerinnen und Sportler. Auf 25 Medaillen in Seefeld, davon 13 Goldene, folgte zwei Jahre später die Rekordzahl von 31 Stück und neuerlich 13 Titeln. Allerdings war das Programm um zwei Bewerbe aufgestockt worden. Zum zwölften Mal in Folge stand Norwegen im Medaillenspiegel einer nordischen WM auf Platz eins.

Das Team aus dem hohen Norden dominierte im Allgäu vor allem im Langlauf – diesmal auch ohne ihre zahlreichen Fans. Da gab es für Therese Johaug (vier Goldene), Johannes Hösflot Kläbo (drei) und Co. neun von zwölf Titeln in der Loipe. Zudem siegten das Kombinierer-Team und Jarl Magnus Riiber sowie die Frauen in den neuen Bewerben Kombination und im Einzel-Springen von der Großschanze.

Gastgeber Deutschland musste sich nach sechsmal Gold im Jahr 2019 mit zwei Titeln durch das Mixed- und Männer-Team im Skispringen begnügen. Das war für die diesmal ohne Kombi-Gold gebliebenen Deutschen das schwächste WM-Abschneiden seit 2013.