WM-Qualifikation

ÖFB-Team läuft gegen Dänemark in Debakel

Das österreichische Fußballnationalteam kann sich vom Gedanken an den Gruppensieg in der WM-Qualifikation verabschieden. Die Mannschaft von Teamchef Franco Foda unterlag am Mittwoch im leeren Ernst-Happel-Stadion in Wien im Schlüsselspiel gegen Dänemark mit 0:4 (0:0). Nachdem die Gastgeber die erste Hälfte noch offen gestalten konnten, liefen sie in der zweiten gegen den Favoriten in der Gruppe F in ein historisches Heimdebakel.

In der ersten Hälfte war die Partie noch von Taktik und Vorsicht geprägt, doch bereits da hatten die Dänen Vorteile. Nach der Pause zündete „Danish Dynamite“ dann mit kräftiger Mithilfe des österreichischen Teams binnen einer Viertelstunde ein Feuerwerk.

„Joker“ Andreas Skov Olsen schnürte einen Doppelpack (58., 73.), Joakim Maehle (63.) und Pierre-Emile Höjbjerg (67.) nahmen die Patzer auch dankend an. Es war in der Ära Foda die höchste Niederlage und allgemein die höchste seit einem 2:6 in Deutschland im Jahr 2011.

Dänemark erhöht auf 4:0 (73. Minute)

Das ÖFB-Team fängt sich den nächsten Gegentreffer ein. Andreas Skov Olsen tanzt die österreichische Hintermannschaft aus und stellt mit seinem zweiten Treffer auf 4:0.

Historische Heimpleite

Letztlich nahm es sogar historische Ausmaße an, denn mit vier Toren Unterschied hatte man in der Verbandsgeschichte des ÖFB noch kein Bewerbsspiel im eigenen Land verloren. Damit führt nach dem ersten Qualifikationsblock Dänemark die Gruppe F mit dem Maximum von neun Zählern und dem Torverhältnis von 14:0 an, darf quasi die WM-Tickets schon buchen. Österreich ist nur noch Vierter, weil Schottland die Färöer mit 4:0 bezwang und Israel in Moldawien mit 4:1 siegte.

Jubel der Dänen
Reuters/Leonhard Foeger
Die Dänen konnten in Wien in der zweiten Hälfte gleich vier Treffer bejubeln

Österreich kann sich auf den Kampf um Platz zwei konzentrieren, dank des Nations-League-Gruppensiegs gibt es eine weitere Chance auf das Play-off. Weiter geht es mit der WM-Quali im September, dazwischen warten auf Österreich im Juni zwei Testspiele gegen England und die Slowakei, ehe auch die EM-Endrunde auf dem Programm steht.

50. Länderspiel für Ilsanker

Die dritte von zehn Qualifikationspartien hatte bereits so etwas wie einen finalen Charakter. Es trafen auf dem Papier die beiden Topteams der Gruppe aufeinander, die Nummer 23 der Welt forderte im zehnten direkten Duell die zwölf. Wegen der Tatsache, dass nur der Poolsieger ein Fixticket für die WM 2022 erhält, sprach Dänemark-Coach Kasper Hjulmand im Vorfeld von „einer Art Matchball“ für seine Mannschaft.

Dementsprechend tauschte der 48-Jährige seine „Einserpanier“ vom 2:0-Sieg in Israel zurück ins Geschehen, beim 8:0 gegen Außenseiter Moldawien tobte sich eine „B-Elf“ ordentlich aus.

Österreich mühte sich in seinem Duell mit den Färöer (3:1) deutlich mehr, gegenüber dem ersten Sieg in der WM-Quali änderte Teamchef Foda seine Startelf an zwei Positionen. Stefan Ilsanker kehrte für sein 50. Länderspiel ebenso in die Startelf zurück wie Xaver Schlager, sie ersetzten Florian Grillitsch (gelbgesperrt) und Louis Schaub.

Auch ÖFB mit Botschaft für Menschenrechte

Bei der dritten und letzten Chance in diesem Lehrgang nutzte auch der ÖFB die Gelegenheit, um auf Missstände im WM-Ausrichterland Katar hinzuweisen. „Menschenrechte schützen“ lautete die Botschaft auf dem Transparent, dass die Teamspieler bei der Hymne in Händen hielten. Sie folgten damit den Beispielen anderer Nationen wie Norwegen, Deutschland, Belgien oder auch Dänemark.

ÖFB-Spieler mit dem Banner „Menschenrechte schützen“
GEPA/Philipp Brem
Auch Österreichs Teamspieler hatten in diesem Lehrgang noch eine Botschaft für das WM-Ausrichterland Katar parat

Österreich, das wegen der Ähnlichkeit zu den dänischen Dressen ganz in Schwarz spielte, agierte wieder aus einer Viererkette heraus. Davor spielte Ilsanker den Abräumer, hinter Solospitze Sasa Kalajdzic tauschten die Offensiv- und Kreativköpfe ihre Positionen munter durch.

Vorteile für Dänen schon vor der Pause

In der ersten Hälfte, die von Taktik geprägt war und in der beide Teams verständlicherweise kein Risiko eingingen, setzten die Gäste ihre Rolle als Favoriten durchaus um. Nach dem ersten Abtasten übernahmen die Dänen etwas die Kontrolle, suchten wie von Foda angekündigt die Tiefe und operierten mit Seitenverlagerungen. Vor allem die linke Seite von Andreas Ulmer hatten sie offensichtlich im Visier. Österreich, das defensiv zunächst fokussiert zur Sache ging, konnte die Angriffe des Europameisters von 1992 in den 20 Anfangsminuten entschärfen.

Erstmals gefährlich wurde eine Weitergabe von Thomas Delaney zu Martin Braithwaite, der im Duell mit Gernot Trauner zwar zum Abschluss kam, aber verzog (21.). In den folgenden Minuten gab es eine kleine Druckphase der Gäste, bei den Standards hielten sich die Österreicher aber im Gegensatz zu den ersten beiden Partien schadlos. Die beste Chance der ersten 45 Minuten vergab Verteidiger Joakim Maehle, der nach einem Braithwaite-Pass ins Zentrum angerauscht kam. Die zu diesem Zeitpunkt unorganisierte ÖFB-Abwehr hatte Glück, denn Maehle traf Stefan Lainers Knie und nicht das Tor (27.).

Lainer rettet gegen Maehle (27. Minute)

Dänemarks Joakim Maehle taucht nach einem Stanglpass vor dem Tor der Österreicher auf – Stefan Lainer bringt sein Bein noch dazwischen und bewahrt Österreich vor einem Rückstand.

Österreich kam in der ersten Hälfte offensiv kaum zur Geltung, Hurra-Fußball war aber speziell in dieser Partie nicht zu erwarten. Marcel Sabitzer gab nach Zuspiel von Ballverteiler Kalajdzic den ersten ÖFB-Torschuss ab (29.), der ging vorbei. Eine Prise Pressing hier, ein Angriff über die Seiten (zumeist rechts) da, in Summe viel brotlose Kunst.

Baumgartner mit einziger ÖFB-Chance

Denn wenn die Hausherren dann doch einmal ins Angriffsdrittel gelangen, mangelte es an der notwendigen Präzision, auch an der Gedankenschnelligkeit oder am Tempo, um den Dänen wirklich gefährlich zu werden. Eine schöne Aktion gab es dann aber doch: Dragovic bediente Ulmer, der Übersicht bewies, und Christoph Baumgartner verfehlte den Kasten aus gut 14 Metern knapp (42.).

Baumgartner schlenzt am Tor vorbei (42. Minute)

Christoph Baumgartner verzieht knapp und lässt die größte Möglichkeit der Österreicher liegen.

Nach der Pause versuchten es die Dänen zunächst mit einigen Minuten Pressing, doch zogen sich danach wieder zurück, denn es sollte auch so funktionieren. Braithwaite deutete den Torreigen der zweiten Hälfte mit der ersten Chance an, es war nur noch eine Frage der Zeit (49.).

„Joker“ sticht nach wenigen Minuten

Wurde in der ersten Hälfte vor allem die linke Seite Österreichs bearbeitet, gingen die Dänen nun die rechte an. Delaney wurde schön in die Tiefe geschickt und enteilte Trauner, sein Zuspiel kam perfekt in die Schnittstelle zwischen Tormann Schlager und Ulmer, und „Joker“ Skov Olsen stach drei Minuten nach seiner Einwechslung eiskalt (58.).

Dänemark geht in Führung (58. Minute)

Der eingewechselte Andreas Skov Olsen bringt die Dänen mit 1:0 in Führung.

Österreich zeigte sich überraschend schockiert, denn zum einen lag die dänische Führung längere Zeit in der Luft, zum anderen war die Foda-Elf zuletzt immer wieder in Rückstand geraten und hatte eine andere Reaktion gezeigt. Dieses Mal brachen alle Dämme. Jonas Wind scheiterte noch an Schlager (60.), bald folgte aber der nächste Streich: Maehle kam mit Tempo über links, Delaney half beim Doppelpass mit, doch nicht so sehr wie die ÖFB-Abwehr, und der Außenverteidiger vollendete vor Schlager ins kurze Eck zur Vorentscheidung (63.).

Maehle stellt auf 2:0 für Dänemark (63. Minute)

Dem Verteidiger gelingt die Vorentscheidung.

Beim ÖFB-Team brechen alle Dämme

Vier Minuten später wurde es richtig bitter: Schlager kam bei einem weiten Ball aus dem Tor, verpasste aber diesen, und so konnte Barcelona-Legionär Braithwaite Höjbjerg im Zentrum bedienen, und der ließ sich nicht zweimal bitten (67.). Den Endstand besorgte Skov Olsen, der Ulmer vernaschte und ins lange Eck zum 4:0 traf (73.).

Christian Eriksen, der hier 2010 sein Teamdebüt gab, verschonte seinen Premierengegner (80.). Es blieb bei der höchsten Heimniederlage seit dem 1:5 gegen Spanien 2009, bei der im Finish Ercan Kara sein ÖFB-Debüt gab. Er wird es wohl wie seine Mitspieler nicht vergessen.

Stimmen zum Spiel:

Franco Foda (ÖFB-Teamchef): „Erste Halbzeit war es über weite Strecken ein ausgeglichenes Spiel. Aber schon von Beginn der zweiten Halbzeit an haben wir uns selber in Schwierigkeiten gebracht. Wir wollten jedes Mal von hinten rausspielen, konnten uns aus diesen Pressing-Situationen nicht lösen. Und bei den ersten beiden Gegentoren haben wir ganz, ganz schlecht verteidigt. Das war dann leider zu wenig.“

„Aber ich mache den Spielern keinen Vorwurf, ich bin verantwortlich für die Truppe. Das ist natürlich eine bittere Niederlage. Wir werden uns jetzt gezielt vorbereiten auf die Europameisterschaft, wir müssen einige Dinge verändern, korrigieren, das werde ich tun. Jetzt gilt es, dieses Spiel in Ruhe zu analysieren in den nächsten Tagen und die richtigen Schlüsse zu ziehen.“

Alexander Schlager (ÖFB-Torhüter): „Ich finde, wir haben es erste Halbzeit zum Teil ganz gut gemacht, auch defensiv. Und zweite Halbzeit ja dann dreimal durch einen blöden Konter einfach drei billige Gegentore geschluckt. Natürlich muss man das analysieren als Mannschaft, wie man sich besser dagegen hätte wehren können. Jetzt im ersten Moment ist es sehr, sehr bitter, weil wir uns definitiv mehr erwartet haben. Das tut sehr, sehr weh.“

Kasper Hjulmand (Dänemark-Teamchef): „Ein super Abend für uns. Wir haben eine ganz langsame erste Hälfte gespielt. In der Pause haben wir gesagt, wir müssen uns steigern und schneller spielen, und mit der zweiten Hälfte bin ich natürlich super zufrieden. Gegen eine starke österreichische Mannschaft 4:0 zu gewinnen ist etwas, auf das ich sehr stolz bin.“

„In unseren drei WM-Quali-Spielen musste Tormann Kasper Schmeichel nur eine Rettungstat machen, und das gegen Moldawien. Das zeigt, dass unsere Defensive sehr gut gestanden ist. Ich habe von Österreich eigentlich ein bisschen mehr Druck erwartet, aber ich weiß auch, dass drei Spiele in sieben Tagen hart sind. Die Österreicher haben in den Spielen nicht viel gewechselt, deswegen habe ich erwartet, dass wir in der zweiten Hälfte einen Vorteil haben werden.“

WM-Qualifikation, Gruppe F, dritter Spieltag

Österreich – Dänemark 0:4 (0:0)

Wien, Ernst Happel Stadion, keine Zuschauer erlaubt (wegen Coronavirus-Pandemie), SR Dias (POR)

Torfolge:
0:1 Olsen (58.)
0:2 Maehle (63.)
0:3 Höjbjerg (67.)
0:4 Olsen (74.)

Österreich: A. Schlager – Lainer, Trauner (81./Posch), Dragovic, Ulmer (81./Friedl) – Ilsanker (65./Lazaro), X. Schlager (74./Kara) – Baumgartner, Sabitzer, Alaba – Kalajdzic (81./Grbic)

Dänemark: Schmeichel – Wass (77./Stryger Larsen), Kjaer, Christensen, Maehle – Höjbjerg, Delaney (77./Nörgaard) – Poulsen (55./Olsen), Eriksen, Braithwaite (77./Dolberg) – Wind (65./Andersen)

Gelbe Karten: keine bzw. Wind