Enttäuschung bei Dragovic
GEPA/Mario Kneisl
WM-Qualifikation

ÖFB-Kicker lecken nach Schlappe ihre Wunden

Der Weg zur ersten Teilnahme einer österreichischen Nationalmannschaft an einer Weltmeisterschaft seit 1998 ist seit Mittwoch um ein ordentliches Stück steiniger geworden. Der erste Platz in Gruppe F, der das Ticket für die Endrunde 2022 in Katar bringt, dürfte nach dem 4:0-Schützenfest im Ernst-Happel-Stadion für Dänemark reserviert sein. Bei den ÖFB-Kickern war nach einem „bitteren Abend“ kollektives Wundenlecken angesagt.

Vor dem Duell der vermeintlich stärksten beiden Teams in Gruppe F hatten die österreichischen Spieler die Kritik an WM-Veranstalter Katar mit einem Transparent mit der Botschaft „Menschenrechte schützen“ unterstützt. Speziell in der zweiten Hälfte hatte man den Eindruck, als würde die ÖFB-Auswahl auch alles daransetzen, erst gar nicht in das Emirat reisen zu müssen. In nur 16 Minuten kassierte die Mannschaft von Teamchef Franco Foda vier Tore und verabschiedete sich damit so gut wie aus dem Rennen um den WM-Fixplatz.

Die Schlappe hatte schon lange nicht mehr da gewesene Dimensionen. Denn zuletzt war eine österreichische Mannschaft vor zehn Jahren beim 2:6 in der EM-Quali auswärts gegen Deutschland unter die Räder gekommen. Daheim hatte man das bis dato letzte Mal mit einem 1:5 in einem Freundschaftsspiel gegen Spanien im November 2009 eine derartige Watsch’n kassiert. „Letztendlich ist es natürlich komplett enttäuschend, in der Höhe ist es eigentlich eine Katastrophe“, fasste Stefan Ilsanker nach seinem 50. Länderspiel die Stimmung in der Kabine zusammen.

ÖFB-Team muss Niederlage verarbeiten

In der WM-Qualifikation ist Österreich gegen Dänemark mit 0:4 unter die Räder gekommen. Es herrscht Handlungsbedarf. Teamchef Franco Foda verspricht eine Trendwende bei der Europameisterschaft im Juni.

Anstatt als Tabellenführer zur auf heuer verschobenen EM-Endrunde zu fahren, liegen die Österreicher nach den ersten drei WM-Quali-Spielen gegen Schottland (2:2), die Färöer (3:1) und eben Dänemark nur auf dem vierten Platz. „Nach so einem Spiel müssen wir nicht über die WM-Quali reden, sondern über die nächste Partie und schauen, dass wir wieder Spiele gewinnen“, sagte Ilsanker. Sein Teamkollege Aleksandar Dragovic schlug in die gleiche Kerbe: „Wer jetzt noch vom ersten Platz träumt, hat die Realität verloren. Es war ein bitterer Abend.“

Fehler werden hart bestraft

Die Realität ist, dass die Österreicher mit Dänemark nur eine Hälfte lang wie angekündigt auf Augenhöhe mithalten konnten. Und auch in den ersten 45 Minuten hatte der Europameister von 1992 durch Joakim Maehle die gefährlichste Aktion zu verzeichnen. Einer Pausenführung war nur das Knie von Stefan Lainer im Weg. „Wir haben es in der ersten Hälfte ordentlich gemacht und sind mit einem guten Gefühl in die Halbzeit gegangen. Wir wollten in der zweiten Hälfte da weitermachen, wo wir aufgehört haben und den Ball gut laufen lassen. Aber das ist uns überhaupt nicht gelungen“, sagte Kapitän David Alaba.

Speziell mit dem deutlich höheren Tempo, das die Gäste nach der Pause anschlugen, kam die rot-weiß-rote Hintermannschaft überhaupt nicht zurecht. Dazu erleichterten schwere Schnitzer den konterstarken Dänen das Toreschießen. Als „Krönung“ des kollektiven Zusammenbruchs darf der unmotivierte Ausflug von Alexander Schlager bis weit vor sein Tor herangezogen werden, bei dem der Linzer Goalie an Gegner und Ball vorbeirutschte und so das 3:0 aus dänischer Sicht in ein Kinderspiel verwandelte. „Sie haben das einfach bestraft. Daran ist es gelegen, nicht mehr und nicht weniger“, versuchte Schlager gar nicht, um den heißen Brei herumzureden.

Ähnlich sahen es auch Dragovic und Christoph Baumgartner, der kurz vor der Pause die beste Gelegenheit auf einen österreichischen Treffer vorgefunden hatte. „Wir haben in den ersten 45 Minuten gut gespielt und wenig zugelassen. Dann kriegen wir das 1:0, und alles ist auseinandergebrochen. Wir sind nicht mehr kompakt gewesen und wurden eiskalt bestraft“, sagte Dragovic. „Das 1:0 war der Knackpunkt. Sie (die Dänen, Anm.) haben ihre Klasse gezeigt und wir haben es ihnen zu einfach gemacht“, meinte Baumgartner.

Szene aus dem Match Österreich gegen Dänemark
GEPA/Mario Kneisl
ÖFB-Keeper Schlager hatte sich seine ersten Spiele als Nummer eins im Nationalteam sicher anders vorgestellt

Abgedroschene Floskel als Geheimrezept

Nicht gerade einfach wird es nun auch sein, das am Mittwoch erlebte aus den Köpfen zu bekommen. Denn nach dem WM-Quali-Auftakt ist vor der EM-Endrunde. Anfang Juni stehen die Testspiele in England (2. Juni, 21.00 Uhr) und daheim gegen die Slowakei (6. Juni, 20.45 Uhr) auf dem Programm, ehe am 13. Juni das erste EM-Gruppenspiel gegen Nordmazedonien wartet. Fehler wie gegen die Dänen sind gegen die Mannschaft vom Balkan, die am Mittwoch mit dem 2:1-Sieg bei Deutschland für eine Sensation sorgte, ebenfalls ein No-Go.

Bis dahin soll aber das 0:4 gegen die Dänen aufgearbeitet und die richtigen Schlüsse gezogen werden. „Wir müssen aufstehen und weitermachen“, forderte Routinier Dragovic, der im anstehenden Test gegen England zum 90. Mal das Teamtrikot überstreifen könnte, im ORF-Interview. „Es ist ein Spiel, das in die Hose gegangen ist, aber es geht weiter. Es ist im Leben so, dass nicht immer alles rund läuft“, hat auch Youngster Baumgartner ein schnelles Abhaken des dänischen Dämpfers im Sinn.

Baumgartner erinnerte zudem auch an die vorangegangene EM-Quali, die nach mehr als holprigem Start – mit der 2:4-Pleite in Israel – begann und letztlich doch noch souverän absolviert wurde. „Ich weiß, es ist eine abgedroschene Floskel, aber jetzt heißt es, von Spiel zu Spiel schauen“, sagte der Niederösterreicher. „Wir werden alles versuchen, um wieder auf die Siegerstraße zu kommen“, versprach auch Dragovic. Immerhin sollten bei der EM Stützen wie Marko Arnautovic und Martin Hinteregger wieder mit von der Partie sein. Und so wie Erstgenannter diesmal offensiv abging, war der Ausfall von Zweiterem in der Defensive doch nicht wie gewünscht zu kompensieren.