Nicole Billa (Hoffenheim)
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Fußball

ÖFB-Ass Billa bewegt sich in neuen Sphären

Wenn Österreichs Frauenfußballnationalteam am Sonntag (20.30 Uhr, live in ORF Sport +) in einem freundschaftlichen Länderspiel in Ritzing auf Finnland trifft, dann hofft das Team von Irene Fuhrmann auch auf Treffer von Nicole Billa. Dass die 25-Jährige weiß, wo das Tor steht, hat sie nicht nur im ÖFB-Team längst unter Beweis gestellt. In Deutschland ist die Tirolerin drauf und dran, sich als erste Österreicherin zur Torschützenkönigin zu krönen.

Fünf Spieltage vor Schluss führt Billa die Wertung mit 18 Treffern und sechs Toren Vorsprung an. „Es kann noch viel passieren, aber es ist schon jetzt ein Riesenerfolg, dass ich überhaupt da oben stehe. Ich setze mich aber auch nicht unter Druck, ich gehe auf den Platz und will Spaß haben“, sagte die Torjägerin, die vor einem Jahr bereits Zweite geworden war und nun dem Gipfel nahe ist, im Gespräch mit ORF.at.

Mit Hoffenheim verfolgt Österreichs Fußballerin des Jahres 2019 aber vor allem auch das Ziel, sich erstmals für die UEFA Women’s Champions League zu qualifizieren. Die frühere Kickbox-Junioren-Weltmeisterin hofft unterdessen, mit dem ÖFB-Team 2023 erstmals an der Endrunde einer Weltmeisterschaft teilzunehmen. Ihren Beitrag will sie weiter leisten: Mit 27 Treffern ist sie hinter Nina Burger (53) und Gertrud Stallinger (30) schon die drittbeste ÖFB-Torschützin der Geschichte.

Nicole Billa (AUT)
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Der Spaß kommt nicht zu kurz: ÖFB-Torjägerin Billa bereitet sich derzeit mit ihren Teamkolleginnen auf Finnland vor

Und auch dank ihrer insgesamt sieben Volltreffer in der Qualifikation haben sich die ÖFB-Frauen zum zweiten Mal in Folge für eine Endrunde bei der Europameisterschaft qualifiziert. „Wir haben uns einen Namen gemacht“, sagte Billa, die aber auch aufgrund ihres Karriereweges weiß, dass es beständig harte Arbeit braucht, um erfolgreich zu sein.

Kick übertrifft Kickboxen

Aufgewachsen in Angerberg in Tirol tobte sich Billa früh in vielen Sportarten aus, so auch im Kickboxen, das ihr von mütterlicher Seite nahegelegt wurde. „Ich habe mir oft Dinge abnehmen lassen und nicht darauf reagiert. Sie wollte, dass ich dadurch mehr Selbstsicherheit bekomme und selbstbewusster werde“, erzählte Billa, die vom Ehrgeiz gepackt je dreimal WM- und EM-Gold bei den Junioren holte. „Es war eigentlich nie die Absicht dahinter, dass ich auch Wettkämpfe mache, aber mir hat es einfach gefallen und hat Spaß gemacht.“

ÖFB-Frauen testen gegen Finnland

Bei Österreichs Frauen-Nationalteam laufen die Vorbereitungen auf das Testspiel gegen Finnland. ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann hat dafür einige Neulinge einberufen.

Noch mehr gefiel ihr freilich der Kick, dem sie auch bei Wacker Innsbruck fröhnte. Ihre Hoffnungen, in einer Akademie Schule und Fußball vereinen zu können, erfüllten sich aber schließlich in St. Pölten. Hunderte Kilometer von zu Hause entfernt war es für Billa zwar nicht immer leicht, „aber ich wollte das unbedingt. Und man muss es wirklich mögen, dass man es auf sich nimmt.“ Es machte sich bezahlt, vor sechs Jahren gelang schließlich der Sprung nach Deutschland.

Wohlfühloase Hoffenheim

In Hoffenheim, wo Billa ihren Vertrag erst im Jänner um zwei Jahre verlängert hat, fühlt sich die Tirolerin pudelwohl. „Es ist ein guter Verein, bei dem man sich entwickeln kann." Auch abseits des Platzes. Als Erzieherin ist sie 16 Stunden in der Woche in einem Kindergarten tätig. In der Ausbildung arbeitete sie noch 38,5 Stunden. „Das war schon eine stressige Zeit, aber ich habe es gerne gemacht. Denn es ist ein schöner Beruf, der mich auch in vielen Facetten bereichert.“

Herzlichkeit abseits des Platzes, Kaltschnäuzigkeit auf dem Platz lautet die Devise der Angreiferin, die bei Hoffenheim auch prominente Unterstützung erhält. Die dreifache Weltfußballerin Birgit Prinz ist als Sportpsychologin tätig, schnürt sich aber einmal in der Woche die Schuhe und zeigt, dass sie nichts verlernt hat. „Sie macht ein Abschlusstraining. Das sind meist einfache Übungsformen, die aber für eine Stürmerin im Spiel ganz wichtig sind. Da kann man schon gut profitieren, und Spaß macht es natürlich auch“, erzählte Billa.

Nicht zuletzt profitiert Hoffenheim am Ende von den Toren ihrer „Strafraumkobra“. Auch diese hievten den Club auf den dritten Platz, der zur kommenden Saison erstmals für die Königsklasse berechtigt. Dort will sie ihren Club nicht einfach nur hinschießen, daher hat sie verlängert. „Wenn ich was anfange, möchte ich es auch weiterführen.“

Der Traum von der WM

Die Meisterschaft sei nicht nur in dieser Saison noch nicht das Ziel, zu jung sei das Team, zu weit weg Clubs wie Bayern und Wolfsburg. Selbst ist Billa gespannt, wo für sie noch die Reise hingeht. Im Nationalteam ist das bereits klar, denn nächstes Jahr geht es ins Mutterland des Fußballs zur EM. „Jeder weiß, wie der Boom in England ist. Dass man sich dort präsentieren kann, ist cool“, sagte Billa, die beim Sommermärchen 2017, als man bei der Premierenteilnahme erst im Halbfinale gestoppt wurde, bereits als Stammspielerin dabei war.

Nicole Billa (ÖFB)
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Billa ist seit Jahren fixer Bestandteil des österreichischen Nationalteams

„2017 war ein einmaliges Erlebnis, auch weil es die erste Teilnahme war. So etwas bleibt immer etwas Besonderes.“ Dieses Highlight ihrer Karriere kann ihr keiner mehr nehmen, eine WM-Teilnahme dazu wäre naturgemäß ein Traum. Im Herbst erfolgt der Startschuss für die WM-Quali. 2023 werden in Australien und Neuseeland erstmals 32 Teams bei der Endrunde dabei sein, das Kontigent aus Europa erhöht sich auf bis zu zwölf Tickets. „Es wäre schön, zu einer WM fahren zu dürfen, aber dahin ist es noch ein langer Weg“, merkte Billa an.

Zunächst wartet Finnland

Am Sonntag geht es zunächst gegen Finnland, gegen das Österreich in der WM-Qualifikation 2019 zweimal gewonnen hatte. „Uns erwartet wieder ein robuster Gegner. Sie sind sehr diszipliniert in ihrem Spiel, sind kein einfacher Gegner, und das wird uns vor Herausforderungen stellen, aber wir versuchen, unseren Spielplan durchzusetzen."

In den ersten Länderspielen des Jahres unterlag Österreich in Malta ersatzgeschwächt gegen Schweden zunächst mit 1:6 und bezwang in der Folge die Slowakei mit 1:0. Bis zum Start der WM-Quali, deren Auslosung in drei Wochen erfolgt, gilt es, die Probeläufe zu nützen. „Wir wollen als Mannschaft noch enger zusammenwachsen, unsere Spielprinzipien festigen und Spielmuster anwenden, um die Fehler in den letzten Spielen auszubessern“, erklärte die Torjägerin.

Seit dem Vorjahr hat mit Fuhrmann erstmals eine Frau das Zepter als ÖFB-Cheftrainerin inne. Die frühere Assistentin von Erfolgscoach Dominik Thalhammer, der zum LASK abgewandert ist, hat schnell ihre Linie gefunden. „Jeder Trainer hat seinen eigenen Stil, sie hat aber auch viel mitgenommen, weil sie uns schon seit zehn Jahren kennt. Sie weiß, wie viele von uns spielen. Sie hat einen guten Draht zu den Spielerinnen, und wir vertrauen ihr völlig. Es macht uns und ihr Spaß. Wir gehen den Weg gemeinsam und wollen unsere Ziele erreichen.“