Bernhard Seikovits
GEPA/Michael Meindl
Football

Seikovits klopft hörbar an NFL-Tür

Seit vergangener Saison ist Österreich dank Sandro Platzgummer wieder in der National Football League (NFL) vertreten. Und auch heuer hoffen mit Bernhard Seikovits und Leonel Misangumukini zwei Spieler von Meister Dacia Vikings ebenfalls via International Pathway Programs auf Einlass in die NFL. Vor allem Erstgenannter macht sich nach intensiven Trainingswochen in Florida berechtigte Hoffnungen auf eines der vier begehrten Tickets.

Seit Anfang Februar schwitzten die beiden Wiener „Wikinger“ im Sunshine State Florida, um es Platzgummer nachzumachen. Der Tiroler Runningback hatte es im Vorjahr als einer von vier Spielern des internationalen Programms in den erweiterten Kader der New York Giants geschafft. Platzgummer durfte zwar nicht eingesetzt werden, wurde jedoch als Teil der „Practice Squad“ auf höchstem Niveau geschliffen.

Damals war auch Seikovits schon mit von der Partie, kam jedoch knapp nicht zum Zug. Der 23-jährige Tightend hinterließ aber einen derart positiven Eindruck, dass er heuer wieder zum internationalen Aufbauprogramm mitgenommen wurde. Für seinen Vikings-Teamkollegen Misangumukini war die Reise nach Florida eine Premiere. Der Defensive End, der einst bei den Danube Dragons die Liebe zum Football entdeckte, hatte jedoch Pech und verletzte sich vor dem „Pro Day“, an dem die Scouts der 32 Teams die Spieler genauer unter die Lupe nehmen.

Leonard Misangumukini und Bernhard Seikovits (Vienna Vikings)
GEPA/David Bitzan
Seikovits (r.) und Misangumukini präsentierten sich seit Anfang Februar den NFL-Scouts

Seikovits nutzt Erfahrungswerte

Beim „Pro Day“ am Campus der University of Florida und der Heimat der Florida Gators, eines der prominentesten Teams im College Football, konnte sich Seikovits für eine Chance in der NFL empfehlen. „Meine Leistungen haben gepasst, ich habe abgerufen, was ich zeigen muss“, sagte der Tightend bei einem virtuellen Medientermin. „Das Feedback war durch das ganze Programm hindurch positiv.“ Vor allem sein körperlicher Zustand sei von den Scouts gelobt worden, so der 1,97 Meter große Modellathlet. Es habe gewirkt, „als fühle ich mich wohler in meinem Körper. Und das ist auch so. Ich fühle mich spritziger.“

Seikovits nutzte die Erfahrungen des Vorjahres. „Ich habe den Ablauf gekannt, da hat sich nicht viel geändert“, so der Wiener. Im Vorjahr habe er aufgrund des Wechsels von Wide Receiver auf Tightend auch ordentlich Gewicht zulegen müssen, heuer sei das nicht der Fall gewesen: „Ich hatte schon mein Kampfgewicht und konnte mich rein auf Speed und Football konzentrieren.“ Dass er 2020 noch nicht zum Zug kam, sei letztlich auch ein Vorteil für heuer gewesen. „Ich bin auf jeden Fall reifer geworden. Wenn ich letztes Jahr genommen worden wäre, wäre ich nicht der Sportler, der ich heute bin. Daher bedanke ich mich für die zweite Chance“, sagte Seikovits.

Aufgrund seines Trainingscamps blickt Seikovits auch dem entscheidenden 1. Mai mit einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein entgegen, wenn die Entscheidung über die vier Spieler, die eine Chance in der NFL erhalten, fallen soll. „Ich hätte mich letztes Jahr schon genommen, ich würde jeden Tag auf mich selber setzen“, so der Tightend, „ich habe tagein, tagaus mein Bestes gegeben und mich im Vergleich zum Vorjahr verbessert. Das, was ich kontrollieren kann, habe ich kontrolliert. Was dann rauskommt, wird man sehen. Ich hoffe, es ist etwas Positives.“

Österreichische Arbeit wird bemerkt

Dass heuer wieder zwei Österreicher beim International Pathway Program mit dabei sein konnten, ist für Seikovits überhaupt das wichtigste positive Signal. „Es zeigt, dass wir in Österreich eine gute Nachwuchsarbeit machen. Wir gewinnen seit fünf Jahren die Europameisterschaft mit der U19, das kommt nicht von irgendwo. Wir machen gute Arbeit, und das ist auch in diesem Programm repräsentiert, wie dominant Österreich auf dem Gebiet ist“, sagte der Tightend, der auch selbst als Nachwuchscoach tätig ist: „Vielleicht schafft es ja mal ein Spieler, den ich gecoacht habe, in so ein Programm.“

Was die beiden Österreicher und die internationalen Konkurrenten eint, ist laut Seikovits der generelle Wunsch, die Qualität des Footballs außerhalb der USA zu beweisen und damit auch den Sport in der eigenen Heimat weiter zu fördern. „Wir wollen alle den internationalen Football nach vorne bringen. Das liegt uns allen sehr am Herzen“, so Seikovits. Ähnlich sieht es sein Wiener Teamkollege Misangumukini. „Die Coaches schauen auf internationale Spieler, wenn wir uns gut präsentieren“, so der Verteidiger.

Im Fitnessraum mit Trainerlegende

Misangumukini, der sich in der aufgrund der Coronavirus-Pandemie auf eine Finalserie verkürzten Saison 2020 der Austrian Football League (AFL) ins Rampenlicht spielte, hinterließ im Training ebenfalls einen guten Eindruck. Allerdings warf den 23-Jährigen eine Verletzung aus der Bahn. Trotzdem blickte der Defensive Lineman gerne auf seine Zeit in Florida zurück. „Ich habe sehr viele neue Sachen machen dürfen. Dass ich mich verletzt habe, war natürlich unglücklich, weil ich nicht mittrainieren konnte. Aber ich war trotzdem bei jedem Training dabei“, so Misangumukini.

Bill Belichick
Reuters/Mike Segar
Patriots-Trainer Belichick (Mi.) bescherte Misangumukini ein besonderes Erlebnis

Der Vikings-Verteidiger zeigte am „Pro Day“ zumindest seine Fähigkeiten beim Bankdrücken und erntete für seine Leistungen davor auch Lob. „Sie haben mein Potenzial gesehen, meine Explosivität“, so Misangumukini. Das größte Manko sei die Konstanz, so der 23-Jährige: „Sie (die Trainer, Anm.) haben gemeint, ich muss meine Stärken konstant zeigen, vor allem wenn ich der letzte Mann am Roster bin.“ Auch wenn die Verletzung einem Platz in der NFL vorerst wohl einen Riegel vorschieben wird, bleibt dem 1,95 Meter großen Verteidiger trotzdem die Erfahrung von „erlebnisreichen Wochen“.

Apropos Erlebnis: Am Rande des „Pro Days“ durfte Misangumukini zumindest mit Bill Belichick, einem der größten der NFL-Trainerzunft den Fitnessraum des Hotels teilen. Der 68-Jährige, der die New England Patriots zu sechs Super-Bowl-Titeln gecoacht hat, hielt sich just zur gleichen Zeit auf dem Laufband fit, als Misangumukini auf den Ergometer stieg. „Wie er gegangen ist, wollte ich was sagen, aber ich konnte nicht“, so der Österreicher. Beim nächsten Mal will es der 23-Jährige besser machen: „Wenn ich vielleicht gegen die Patriots spiele. Dann kann ich ihm erzählen, wie ich ihn das erste Mal gesehen habe.“ Der Traum von der NFL ist also noch lange nicht abgehakt.