Hände, ein Smartphone und ein Ball
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Fußball

Clubs gehen gegen Rassismus im Netz vor

Fußballspieler mit dunkler Hautfarbe haben ein gemeinsames Problem: rassistische Angriffe in Sozialen Netzwerken. Doch viele Spieler und ihre Clubs haben nun genug davon. Aufgrund einer Häufung fremdenfeindlicher und rassistischer Äußerungen boykottieren der walisische Zweitligist Swansea City sowie der schottische Fußballmeister Glasgow Rangers seit Donnerstag für eine Woche alle Plattformen von Facebook bis Instagram.

Der ehemalige französische Weltklassestürmer Thierry Henry zog unlängst überhaupt einen Schlussstrich unter das Thema Social Media. Der 43-Jährige schloss sämtliche seiner Auftritte auf diversen Plattformen. Henry verwies in einem Interview mit dem britischen Sender BBC auf „das schiere Ausmaß von Rassismus und Schikane“. Es sei zu leicht, sich hinter „Fake-Accounts“ zu verstecken, sagte der Welt- und Europameister aus Frankreich.

Henrys Rückzug aus den Sozialen Netzwerken stieß auch auf den Zuspruch des walisischen Nationalspielers Gareth Bale. Dessen Nationalteamkollege Rabbi Matondo ist eines der jüngsten Opfer der Attacken im Internet. Nach Angriffen Ende März warf der 20-jährige Stürmer von Stoke City Instagram vor, „absolut nichts“ gegen rassistische Kommentare zu tun. Wenig später löschte Facebook die entsprechenden Instagram-Accounts.

Montreal-Coach Thierry Henry
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Henry hatte auf den im Internet verbreiteten Hass keine Lust mehr

„Es muss sich etwas ändern“

Vor allem in Großbritannien regt sich Widerstand gegen die Zunahme von Hass in den Sozialen Netzwerken, wie die Boykotte von Swansea City und den Glasgow Rangers zeigen. Nach rassistischen Attacken auf Jude Bellingham von Borussia Dortmund Ende März solidarisierte sich neben dem BVB auch der englische Fußballverband (FA) mit dem erst 17-jährigen Nationalspieler. Man sei „angewidert“ von den diskriminierenden Schmähungen, twitterte die FA: „Es muss sich etwas ändern.“

Zuletzt forderten führende britische Fußballfunktionäre von Facebook, Instagram und Twitter einen stärkeren Einsatz gegen Rassismus. In einem Schreiben an die Vorstandsvorsitzenden Mark Zuckerberg (Facebook) und Jack Dorsey (Twitter) warfen sie diesen Untätigkeit vor. „Wir haben im Laufe der Jahre viele Treffen mit Ihren Führungskräften gehabt, aber die Realität ist, dass Ihre Plattformen weiterhin Zufluchtsorte für Missbrauch sind“, schrieb die Gruppe um Premier-League-Boss Mark Bullingham. „Ihre Untätigkeit hat den Glauben der anonymen Täter geweckt, dass sie unerreichbar sind.“

Facebook wehrt sich

Instagram und Facebook sind sich nach außen hin der Problematik auch bewusst. Die Portale duldeten keinerlei Diskriminierung, wurde eine Sprecherin von Facebook Deutschland vor Kurzem in der dpa zitiert. „Deshalb bekämpfen wir missbräuchliches Verhalten auf unseren Plattformen und wollen die Menschen, die solche Inhalte teilen, zur Verantwortung ziehen.“ Dazu kooperiere der Konzern auch mit Strafverfolgungsbehörden, „wenn ein ordnungsgemäßes Auskunftsersuchen“ vorliege. Vielen Betroffenen gehen diese Maßnahmen aber nicht weit genug.

Rangers-Spieler
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Die Spieler der Glasgow Rangers stehen an der Spitze des jüngsten Social-Media-Boykotts durch Clubs

Laut Facebooks aktuellem „Community Standards Enforcement Report“ ist von Oktober bis Dezember vergangenen Jahres weltweit gegen 6,6 Millionen Inhalte mit Hassrede auf Instagram vorgegangen worden. Rund 95 Prozent der Inhalte seien gefunden worden, noch bevor sie gemeldet wurden. Das sei ein deutlicher Anstieg, sowohl bei den verbotenen Inhalten als auch bei den entdeckten Fällen, teilte Facebook mit. Zum Vergleich: Im ersten Quartal 2020 sei gegen 578.000 Hassinhalte auf Instagram vorgegangen worden, von denen nur rund 43 Prozent vor ihrer Meldung gefunden wurden. Instagram gehört seit 2012 zu Facebook.

Zögerliches Vorgehen bei Klarnamen

Nach eigenen Angaben ergreift Facebook seit Kurzem „noch härtere Maßnahmen gegen Personen, die wiederholt missbräuchliche Direktnachrichten senden“. Dazu zählten unter anderem neue Privatsphäre- und Sicherheitsfunktionen sowie Kommentarfilter. Dennoch sieht der Konzern die Schuld nicht allein bei sich: „Uns ist außerdem bewusst, dass diese Probleme über unsere Plattformen hinausgehen und wir arbeiten mit der Branche und der Regierung zusammen, um einen gesellschaftlichen Wandel durch Maßnahmen und Aufklärung voranzutreiben“, teilte die Facebook-Sprecherin mit.

Auf die von Spielern und Betroffenen erhobene Forderung, sich nur mit Klarnamen und Identitätsnachweis registrieren zu können, reagierte das Unternehmen zurückhaltend. Der Vorschlag, Ausweise zu verlangen, berge Risiken: Einerseits würden Millionen Menschen ausgeschlossen, die keinen einfachen Zugang zu offiziellen Ausweisen hätten. Andererseits seien Datenbanken mit Ausweisinformationen Sicherheitsrisiken ausgesetzt sein, heißt es von Facebook.