Ball im Tornetz
AP/Laszlo Balogh
Fußball

Europas Fußball droht Zerreißprobe

Kurz vor dem Beschluss einer tiefgreifenden Reform für die Champions League kommt es erneut zum großen Machtkampf um eine mögliche Superliga. Clubs aus Italien, Spanien und England bauen zum wiederholten Male die Drohkulisse einer internationalen Abspaltung auf. Die UEFA und die nationalen Ligen reagierten mit einer scharfen Drohung. Die Vereine würden von allen weiteren Wettbewerben ausgeschlossen, ihre Spieler dürften dann nicht mehr für Nationalteams auflaufen, teilte die UEFA mit.

Zu den zwölf Vereinen, die eine Superliga planen, gehören die Premier-League-Clubs Manchester United, Manchester City, der FC Liverpool, FC Arsenal und FC Chelsea sowie Tottenham Hotspur. Außerdem sind die italienischen Topclubs Juventus Turin, der AC Milan und Inter Mailand sowie der FC Barcelona, Real Madrid und Atletico aus Spanien dabei. Bayern München und Borussia Dortmund sind hingegen nicht an den Plänen beteiligt, wie Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke am Montag betonte. Auch der französische Champion Paris Saint-Germain soll der UEFA treu bleiben.

„Wir danken den Clubs in anderen Ländern, insbesondere den französischen und deutschen Clubs, die sich geweigert haben, sich dem anzuschließen“, hieß es in einer UEFA-Mitteilung am Sonntag. „Dieses zynische Projekt basiert auf dem Eigeninteresse einiger Clubs in einer Zeit, in der die Gesellschaft mehr denn je Solidarität braucht“, teilte die UEFA gemeinsam mit den Verbänden und Ligen aus England, Spanien und Italien mit.

Unterstützung für UEFA aus Deutschland

Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), sagte der UEFA am Sonntagabend Unterstützung zu. „Wirtschaftliche Interessen einiger weniger Topclubs in England, Italien und Spanien dürfen nicht die Abschaffung gewachsener Strukturen im gesamten europäischen Fußball zur Folge haben“, so Seifert. „Es wäre insbesondere unverantwortlich, die nationalen Ligen als Basis des europäischen Profifußballs auf die Weise irreparabel zu beschädigen.“

Christian Seifert
Reuters/Arne Dedert
DFL-Geschäftsführer Christian Seifert stellte die Position des deutschen Fußballs klar

Dem pflichtete DFB-Vizepräsident Rainer Koch bei: „Genug ist genug. Ich unterstütze zu 100 Prozent die Position der UEFA. Viel zu lange ist dem Treiben einiger weniger europäischer Großclubs zugesehen worden“, schrieb Koch als Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees. Fußball basiere auf offenen sportlichen Wettbewerben. „Wer das nicht anerkennt, wird mit seinen Fans, Spielern und Teams aus allen Stockwerken des Weltfußballhauses ausziehen müssen“, so Koch.

Premier League warnt ihre Clubs

Aus Frankreich gab sogar Staatspräsident Emmanuel Macron ein Statement ab. Er „begrüße die Position der französischen Clubs“, ließ er via Reuters ausrichten. Die Super League bedrohe das Prinzip der Solidarität und sportlicher Verdienste. Die englische Premier League warnte ihre Clubs vor dem Beitritt in eine solche Liga und verwies auf die Statuten, die genau das verhindern sollen.

Der britische Premierminister Boris Johnson schaltete sich ebenfalls in die Diskussion ein und nannte die Superliga-Pläne „schädlich“ für den Fußball. Sie würden das Herz des nationalen Fußballs treffen und die Fans im ganzen Land betreffen, schrieb Johnson auf Twitter.

Gary Neville, ein ehemaliger Kapitän von Manchester United, ging mit seinem Ex-Club scharf ins Gericht. „Manchester United, Arsenal, Tottenham sind nicht einmal in der Champions League. Haben sie das Recht, dort teilzunehmen? Sie sind ein schlechter Witz“, sagte der TV-Experte auf Sky. Neville sprach von einer „unglaublichen Zumutung“ und „reiner Gier“.

UEFA will CL-Reform beschließen

Das UEFA-Exekutivkomitee will während seiner Sitzung am Montag die Aufstockung der Champions League von 32 auf 36 Teilnehmer und die Einführung eines neuen Modus beschließen. Dieser soll von der Saison 2024/25 an gelten. Zwei der vier neuen Plätze sollen dabei nicht mehr wie bisher üblich aufgrund von Leistungen aus der vorigen Saison vergeben werden.

Stattdessen sollen die Platzierungen der Vereine in der UEFA-Fünfjahreswertung ausschlaggebend sein. Das war ein Wunsch der mächtigen Clubvereinigung ECA gewesen, die mit zwei Vertretern in der Exekutive des Kontinentalverbands sitzt.

15 permanente Mitglieder in Superliga

Am Freitag war von einem Konsens zwischen der ECA und der UEFA-Kommission für Clubwettbewerbe (CCC) über die Details berichtet worden. Der Beschluss schien deshalb Formsache. Die Gründung einer Superliga war in den vergangenen Jahren immer dann ins Gespräch gebracht worden, wenn es um die Verteilung der TV-Gelder im Europacup ging.

In den Plänen für die Superliga sollen der Nachrichtenagentur AP zufolge 15 permanente Mitglieder vorgesehen sein, dazu sollen fünf weitere Teams kommen. Insgesamt sollen für die 15 Gründungsvereine zunächst 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung stehen, die Top Sechs sollen davon jeweils 350 Millionen Euro erhalten.