Toto Wolff (Mercedes)
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Formel 1

Wolff geht mit Russell hart ins Gericht

Max Verstappen hat Weltmeister Lewis Hamilton endgültig den Kampf um die WM-Krone angesagt. Der Niederländer dominierte am Sonntag den Grand Prix der Emilia-Romagna in Imola. Der Red-Bull-Pilot setzte sich in einem turbulenten Rennen vor Hamilton durch. Für mehr Aufregung, vor allem bei Mercedes-Teamchef Toto Wolff, sorgte jedoch der wilde Unfall von Valtteri Bottas und George Russell.

Das Rennen war nach einem spektakulären Unfall von Hamiltons Mercedes-Teamkollegen Bottas mit seinem möglichen Nachfolger Russell im Williams kurz nach der Hälfte für eine halbe Stunde unterbrochen gewesen. Hamilton hatte Glück, weil ein Ausritt ins Kiesbett kurz davor dadurch ohne schwere Folgen blieb. Der Brite behauptete die WM-Führung durch die schnellste Rennrunde um einen Punkt gegenüber Verstappen.

„Es ist eine lange Saison, das holen wir schon noch auf“, sagte Verstappen. Er wäre um ein Haar der erste WM-Leader für Red Bull seit 2013 gewesen. „Gratulation an Max – unglaublicher Job, kein Fehler“, lobte Hamilton seinen Konkurrenten. „Von meiner Seite war es nicht der größte Tag. Aber ich bin glücklich, dass ich das Auto nach Hause gebracht habe.“

Selbstkritik bei Mercedes

Mit Platz zwei hinter Max Verstappen sind Lewis Hamilton und Mercedes beim Grand Prix in Imola mit einem blauen Auge davongekommen. Entsprechend selbstkritisch gibt man sich nach dem Rennen im Lager der Silberpfeile.

„Es war hart, auf der Strecke zu bleiben“

Der zweite Saisonlauf war von Beginn an von schwierigen Bedingungen geprägt gewesen. Relativ starker Regen vor dem Start stellte die Teams bei der Reifenwahl vor Herausforderungen. Der Großteil des Feldes legte bei nur zehn Grad und rutschigen Verhältnissen im Autodromo Enzo e Dino Ferrari auf Intermediate-Reifen los. „Es war ganz hart, überhaupt auf der Strecke zu bleiben“, schilderte Verstappen.

Das gelang Bottas und Russell nicht. Über die Gründe und die Schuldfrage gab es danach Diskussionen. Mercedes-Teamchef Toto Wolff sprach jedenfalls nach dem Riesencrash eine Warnung an Russell aus. Der derzeit im Williams sitzende Mercedes-Junior und Mercedes-Stammfahrer Bottas hatten bei dem Unfall einen Trümmerhaufen hinterlassen und für eine Rennunterbrechung gesorgt.

Ein Unfall, zwei Meinungen

Der britische Nachzügler wollte im Kampf um Platz neun mit 300 km/h am Finnen vorbei, dabei flogen beide kurz vor der noch vom Regen feuchten Tamburello und damit jener Kurve, in der einst Ayrton Senna tödlich verunglückt und Gerhard Berger beinahe verbrannt wäre. „Willst du uns beide umbringen?“, soll Russell den noch im Cockpit sitzenden Finnen gefragt haben. Sichtbar war, dass der 23-jährige Engländer dabei auch gegen das Auto schlug, während Bottas den Stinkefinger ausfuhr.

Russell gehört zum Silberpfeil-Nachwuchsprogramm und hätte als Ersatz für Hamilton vergangene Saison in Bahrain beinahe gewonnen. Ein Fehler beim Boxenstopp verhinderte damals einen Erfolg. Er wird auch als potenzieller Nachfolger von Bottas bei Mercedes gehandelt.

„Ich hatte Windschatten, und als ich ausscherte, zuckte Valtteri ganz leicht, was mich von der Linie abbrachte und ins Nass schickte“, kritisierte Russell. „Das hätte er vielleicht nicht gemacht, wenn ich ein anderer Fahrer wäre“, vermutete er. Bottas sah sich dagegen frei von Schuld: „Es war eindeutig sein Fehler, und ich verstehe seine Wut nicht.“

Wolff: „Das ist alles nicht lustig“

Mercedes-Teamchef Toto Wolff befand, dass „definitiv die Tendenz in Richtung Georges Fehlverhalten“ ging. „Das ist alles nicht lustig. Nach dem Cost-Cap ist der Totalverlust eines Autos das Letzte, was wir brauchen“, stellte der Österreicher in den Raum, dass die Folgen des aus seiner Sicht höchst unnötigen Zwischenfalls kostspielig wären. Zwar sei Bottas’ Wagen reparierbar. „Möglicherweise wird das einige geplante Upgrades aber unmöglich machen.“

Laut Wolff hätte Russell bedachter fahren müssen. „Aber es hätte die ganze Situation nie geben dürfen. Valtteri hatte miserable erste 30 Runden und hätte gar nicht dort sein sollen. Und George hätte in dem Wissen, dass die Strecke auftrocknet, dieses Manöver nie starten dürfen“, hatte der Wiener eine klare Meinung.

Drohung mit „Clio Cup“

Gerade junge Fahrer dürften die globale Perspektive nie verlieren, betonte Wolff und bezog sich darauf, dass Russell nicht irgendein Auto, sondern einen Mercedes angegriffen hatte. Also ein Gefährt, in dem er selbst möglichst bald sitzen und Weltmeister werden möchte.

Gegenüber Sky brachte Wolff das Thema deshalb humorvoll zu Ende: „Ich necke George immer, dass er bei einem gut gemachten Job irgendwann im Mercedes fahren wird. Wenn aber nicht, dann eher im Renault Clio Cup. Derzeit schaut es eher nach Clio Cup aus.“

Russell entschuldigt sich

Noch am Montag entschuldigte sich Russell für seinen Ausraster. „Nachdem ich Zeit hatte, über das, was passiert ist, nachzudenken, weiß ich, dass ich die gesamte Situation hätte besser handhaben sollen. In der Hitze des Gefechts können die Emotionen hochkochen“, schrieb der 23-Jährige in den Sozialen Netzwerken.

„Ich entschuldige mich bei Valtteri, bei meinem Team und bei allen, die sich durch mein Verhalten im Stich gelassen gefühlt haben. So bin ich nicht, und ich erwarte mehr von mir, so wie ich auch weiß, dass andere mehr von mir erwarten.“