Florentino Perez
AP/Manu Fernandez
Fußball

Superliga für Real-Boss ‚Rettung‘ vor Kollaps

Die von zwölf europäischen Topclubs präsentierten Pläne einer Superliga schlagen weiter hohe Wellen. Nach einer breiten Front der Ablehnung und zahlreichen Drohungen gingen am Dienstag die Gründer der „Super League“ in die Offensive. Für den designierten Boss Florentino Perez sei die Superliga die einzige Möglichkeit, den Fußball, „der sich in einer kritischen Situation befindet“, vor einem Kollaps zu bewahren.

Für den 74-jährigen Real-Boss sind die Pläne kein Angriff, sondern ein Rettungsanker. „Wenn gesagt wird: Das sind die Reichen – nein. Ich bin nicht der Eigentümer von Real Madrid, Real Madrid ist ein Mitgliederverein. Alles, was ich tue, ist zum Wohl des Fußballs“, sagte Perez in einem in der Nacht zu Dienstag ausgestrahlten Interview in der Fußballsendung „El Chiringuito de Jugones“ des Senders Mega. „Jetzt machen wir das, um den Fußball zu retten, der sich in einer kritischen Situation befindet.“

Überall auf der Welt seien Clubs wegen der Coronavirus-Pandemie in finanziellen Schwierigkeiten und es gehe darum, den „Fußball zu retten, damit wir zumindest für die nächsten 20 Jahre in Ruhe leben können. Die Situation ist sehr dramatisch“, sagte Perez. Real hat wie der FC Barcelona und weitere Clubs hohe Schuldenberge, die Coronavirus-Pandemie hat die Lage für viele wegen der eingebrochenen Umsätze verschlimmert.

Diogo Jota im CL-Viertelfinale gegen Real Madrid
APA/AFP/Paul Ellis
Ein Kräftemessen zwischen Real und Liverpool könnte es in der CL schlimmstenfalls für lange Zeit nicht mehr geben

„2024 sind wir alle tot“

Real ist neben Barcelona und Atletico einer von drei Clubs aus Spanien, sechs aus England (ManUnited, ManCity, Liverpool, Chelsea, Arsenal, Tottenham) und drei aus Italien (Juventus, Inter Mailand, Milan) die sich zu einer Superliga zusammenschließen wollen und damit auf Konfrontationskurs zum Europäischen Fußballverband (UEFA) gegangen sind. Teilnehmen sollen insgesamt 20 Mannschaften, für die Gründungsmitglieder sind 3,5 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. „Wir werden versuchen, so bald wie möglich zu beginnen“, sagte Perez, der als Vorstandsvorsitzender des Unternehmens auserkoren ist.

Die bei der Exekutivsitzung der UEFA am Montag beschlossene Reform der Champions League, die zukünftig mit 36 statt 32 Clubs ausgetragen werden und durch einen neuen Modus 100 Spiele mehr pro Saison haben soll, kommt laut Perez zu spät. „Sie sagen, das neue Format kommt 2024. 2024 sind wir alle tot“, warnte der 74-Jährige. Weiter sagte er über die Königsklasse, bei der Real in der laufenden Saison im Halbfinale steht: „Die Champions League ist ab dem Viertelfinale attraktiv. Wir müssen gegen kleinere Mannschaften spielen, was nicht attraktiv ist.“

Aufhorchen ließ Perez in dem Interview auch mit seinem Vorschlag, die Spielzeit zu verkürzen. Vielen, vor allem jungen Leuten seien die Fußballspiele einfach zu lang. „Also müssen wir etwas ändern, wenn wir wollen, dass der Fußball weiterlebt“, sagte der Real-Präsident, der zugab, dass er selbst viele Partien oft langweilig finde. „Wenn uns die jungen Leute sagen, ein Spiel dauere zu lange und sei nicht mehr zu ertragen, liegt das entweder daran, dass es nicht interessant genug ist oder gekürzt werden muss.“

Kritik an Monopolstellung der UEFA

Die harsche Reaktion der UEFA und der nationalen Ligen kann Perez nicht nachvollziehen. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin droht damit, dass Nationalspieler der abtrünnigen Clubs bei der EM und WM nicht spielen dürfen. Auch ein Ausschluss aus der laufenden Champions-League-Saison steht im Raum, betroffen wären von den Halbfinalisten neben Real auch Chelsea und Manchester City.

Einzig Paris Saint-Germain droht kein Ungemach, da sich der Club ebenso wie etwa die deutschen Vereine nicht an den Plänen einer Superliga beteiligt. „Wann immer es eine Veränderung gibt, gibt es immer Leute, die dagegen sind“, sagte Perez. „Was ist attraktiv? Dass wir Großen untereinander spielen, die Konkurrenzfähigkeit. Das ist attraktiv und wird im Fernsehen mehr wertgeschätzt, generiert also mehr Ressourcen.“

Grafik zeigt Daten zur Reform der Champions League
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: UEFA

Mit Konsequenzen für die abtrünnigen Clubs rechnet Perez nicht. „Man muss transparent sein. Die UEFA ist nicht transparent gewesen, und damit ist es vorbei. Mit den Monopolen ist es vorbei, und wir alle sagen, dass der Fußball am Rande des Ruins steht. Wir werden mit Sicherheit nicht aus der Champions League rausfliegen. Auch nicht aus La Liga, nichts dergleichen“, sagte er. „Die UEFA hat kein gutes Image. Ich will Dinge, die bei der UEFA passiert sind, nicht erwähnen, aber sie muss einen Dialog führen und nicht drohen.“