Florentino Perez
Reuters/Juan Medina
Fußball

Perez klammert sich an „Super League“

Die „Super League“ ist nach Meinung von Real-Madrid-Präsident Florentino Perez trotz des Zusammenbruchs des Bündnisses europäischer Topclubs am Mittwoch noch nicht gescheitert. „Da liegen sie komplett falsch“, sagte er in Richtung der Kritiker, die das Projekt als erledigt betrachten, am Donnerstag. Er sieht sich weiter als Retter des Fußballs. Unterstützung erhält Perez vom Präsidenten des Erzrivalen FC Barcelona.

Er denke nicht, dass die anderen Clubs die „Super League“ verlassen haben. „Es ist klar im Vertrag verankert, dass du nicht gehen kannst“, betonte Perez in einem am Donnerstagvormittag im spanischen Radiosender Cadena SER ausgestrahlten Interview. Juve-Boss Andrea Agnelli hatte dagegen am Mittwoch auf die Frage, ob man das Projekt jetzt noch fortsetzen könne, geantwortet: „Um ehrlich und aufrichtig zu sein, nein, das ist offensichtlich nicht der Fall.“

Perez ist laut Mitteilung Vorstand der „Super League“, Agnelli einer seiner beiden Stellvertreter. Die sechs beteiligten Teams aus England (Liverpool, Chelsea, Arsenal, Tottenham, Manchester City und United), die drei aus Italien (Juventus Turin, Inter Mailand und AC Milan) sowie Atletico Madrid hatten am Dienstagabend bzw. Mittwoch ihren Rückzug von dem Vorhaben erklärt. Keine entsprechende Ankündigung gibt es von Real und dem FC Barcelona.

Perez will an „Super League“ festhalten

Die vieldiskutierte „Super League“ sorgt weiter für Aufregung. Obwohl das Projekt vor dem Aus steht, will Real-Präsident Florentino Perez die Hoffnung noch nicht ganz aufgeben.

Auch Barca-Boss Laporta hält an „Super League“ fest

Die beiden spanischen Topclubs scheinen bei aller Rivalität vor allem von ihren wirtschaftlichen Interessen zusammengeschweißt. „Die Super League ist nötig. Es ist absolut nötig, dass wir große Clubs, die einen beträchtlichen Teil der Ressourcen beitragen, auch ein Wort mitreden bei der Verteilung der Einnahmen“, sagte Barcelona-Boss Joan Laporta dem katalanischen Fernsehsender TV3. Der Plan sei noch auf dem Tisch. „Er existiert.“

Laporta gab sich offen für einen Dialog mit der UEFA. Man strebe weder die Abschaffung der nationalen Ligen noch der Kriterien des sportlichen Verdienstes an. „Aber wir brauchen mehr Ressourcen, damit dies (der Fußball, Anm.) eine großartige Show bleibt.“ Vor allem die „sehr hohen Gehälter“ der Spieler seien eine große Last für die Topclubs. Barca ist hoch verschuldet. Laut spanischen Medienberichten soll der Club bis zum Vorjahr einen Schuldenberg von mehr als einer Milliarde Euro angehäuft haben.

Barcelona kündigte bereits eine Abstimmung unter den Mitgliedern an, die mehrheitlich gegen die Superliga sein dürften. Die zwölf Clubs hatten sich erst in der Nacht auf Montag als Gründungsmitglieder der „Super League“ zu erkennen gegeben und damit einen Angriff auf die UEFA und deren Champions League gestartet, der für massive Kritik gesorgt hatte.

Perez: „Als hätten wir den Fußball getötet“

„Es war, als hätten wir jemanden getötet. Es war, als hätten wir den Fußball getötet. Aber wir versuchen, einen Weg zu erarbeiten, um den Fußball zu retten“, beteuerte Perez. „Ich bin seit 20 Jahren im Fußball, und ich habe noch nie Drohungen wie diese gesehen.“ Man habe das Vorhaben womöglich nicht gut erklärt, „aber die haben uns auch keine Gelegenheit dazu gegeben, es zu erklären“. Er sei traurig und enttäuscht, weil man an dem Projekt drei Jahre gearbeitet habe.

Die Liga wäre von der größten US-Bank JP Morgan Chase finanziert worden, die sich mit dem Fiasko der „Super League“ ebenfalls einen Imageschaden zugezogen hat. So muss etwa bei Manchester United Vizevorstand Ed Woodward, der auch für JP Morgan tätig und für das Finanzgebahren des Clubs zuständig ist, mit Jahresende sein Amt abgeben.

Der Präsident von Real muss niemanden fragen

Perez machte trotz der ungewöhnlich massiven Kritik und der eindeutigen Stellungnahme durch die Fans zudem erneut seine Unzufriedenheit mit der Champions League deutlich. Auch wenn die UEFA den Modus mit der ab der Saison 2024/25 gültigen Reform deutlich in Richtung einer Superliga abgeändert hat.

Grafik zeigt Daten zur Reform der Champions League
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: UEFA

„Das Champions-League-Format ist alt und erst ab dem Viertelfinale interessant“, sagte der 74-Jährige und sprach damit aus der Sicht eines Real-Präsidenten, dessen Club mit 13 Siegen in Meisterpokal und Champions League absoluter Rekordhalter ist. Auf die Frage, warum er die Mitglieder Reals nicht um ihre Meinung gebeten habe, antwortete er unmissverständlich und offenbarte damit sein Verständnis von der Führung eines Fußballvereins: „Muss ich sie auch fragen, welche Spieler wir unter Vertrag nehmen?“

Ceferin: „Perez ist Präsident von nichts“

Kritik an Perez kam am Donnerstag hingegen wieder von UEFA-Präsident Aleksander Ceferin. „Perez ist der Präsident einer Superliga, die es nicht gab, und derzeit ist er der Präsident von nichts“, sagte der 53-Jährige dem slowenischen Fernsehsender Pop TV.

„Er hätte gerne einen UEFA-Präsidenten, der ihm gehorcht, der ihm zuhört, der tut, was er will“, meinte Ceferin. Die Superliga habe es nie gegeben. „Es war der Versuch, eine Phantomliga der Reichen zu gründen, die keinem System folgen würde, die den Pyramidenaufbau des Fußballs in Europa nicht berücksichtigen würde, nicht seine Kultur, Tradition oder Geschichte.“

Druck auf Agnelli wächst

Während Perez als Real-Präsident jedoch vorerst weiter amtiert, wächst der Druck auf „Super League“-Mitinitiator Agnelli. Italienische Medien spekulierten am Donnerstag über die Zukunft des Chefs von Juventus Turin. Durch den Vorstoß mit dem Projekt einer Superliga hatte der 45-Jährige viele in der UEFA und der FIFA verärgert und gleichzeitig sein Amt als wichtiger UEFA-Sportfunktionär aufgegeben.

Ein Rücktritt bei Juve scheint zwar unwahrscheinlich. Dennoch brachten mehrere Medien den Cousin Agnellis, Alessandro Nasi, als möglichen Nachfolger ins Spiel. Bewegung in etwaige Personaldebatten könnte der „Gazzetta dello Sport“ zufolge im Mai nach der Meisterschaft in der Serie A kommen.

Andrea Agnelli gehört zu einer der bekanntesten Unternehmerfamilie in Italien. Sie hat die Automarke Fiat mitgegründet. Er ist auch verwandt mit John Elkann, dem Vorstandsvorsitzenden der Investmentgesellschaft Exor, die wiederum fast 64 Prozent der Anteile an Juventus hält.

Fanorganisationen sehen ihre Stunde gekommen

Während Agnelli die Scherben des Traums einer Superliga zusammenkehrt, fühlten sich die Fanorganisationen als Sieger und wollen nun nach dem Scheitern der „Super League“ einen massiven Richtungswechsel erreichen.

„Wir rufen alle Fußballfans auf: Die Zeit für einen noch konsequenteren und lauteren Widerstand ist gekommen. Die Ereignisse der letzten Tage haben gezeigt, was möglich ist“, hieß es etwa in einer gemeinsamen Stellungnahme von neun Bündnissen und Initiativen am Donnerstag, in der auch „eine Zurücknahme der beschlossenen Champions-League-Reform hin zu einer gleichmäßigeren Verteilung gemeinsamer Einnahmen“ gefordert wurde.