Thomas Schaffer (Stanford Cardinal)
AP/Chris Brown
NFL

Schaffer hofft auf historische Chance

Seit Donnerstag sind alle Augen in der Welt des American Football nach Cleveland gerichtet. Denn in Ohio geht an drei Tagen (29. April bis 1. Mai) der Draft der National Football League (NFL) über die Bühne. Mit Thomas Schaffer hat sich auch ein Österreicher für den Auswahlprozess der besten Talente angemeldet. Der 24-jährige Wiener hofft, als erster heimischer Spieler überhaupt von einem der 32 Teams im Draft gezogen zu werden.

Mit Toni Fritsch, Toni Linhart und Raimund „Ray“ Wersching spielten in den 1970er und 1980er Jahren bereits drei Österreicher als Kicker in der NFL, sie wurden aber allesamt nicht von einem Team in einem Draft ausgewählt. Das gilt ebenso für Sandro Platzgummer, der 2020 über das International Pathway Program (IPP) einen Platz bei den New York Giants erobert hatte. Der Tiroler erhielt nun einen neuen Vertrag und hofft, heuer auch in einem Spiel eine Chance zu bekommen.

Wie der Runningback will auch Schaffer im Herbst dieses Jahres einem NFL-Kader angehören, um in der Milliardenliga sein Können unter Beweis zu stellen. Dafür muss der Verteidiger nicht zwingend an diesem Wochenende ausgewählt werden, er könnte auch später noch unter Vertrag genommen werden. „Es wäre aber natürlich schön, gedraftet zu werden“, sagte Schaffer im Gespräch mit ORF.at. Die Voraussetzungen sind nicht die schlechtesten, spielte der Defensive End doch als erster Österreicher bereits auf höchstem Collegeniveau.

Brittain Brown (UCLA Bruins) gegen Thomas Schaffer (Stanford Cardinal)
Reuters/USA Today Sports/Jayne Kamin-Oncea
Thomas Schaffer ist als Defensive End auch für das Unterbinden des gegnerischen Laufspiels zuständig

Ausbildung auf höchstem Level

Fünf Jahre trainierte und spielte Schaffer für Stanford in Kalifornien, ehe er zu Beginn des Jahres seinen Abschied von der Topuniversität bekanntgab und sich für den heurigen Draft anmeldete. Bei der 86. Ausgabe des jährlichen Spektakels werden insgesamt 259 Spieler in sieben Runden gewählt. Ein gewisses Kribbeln konnte Schaffer, der in fünf Wochen seinen Masterabschluss in Kommunikation in der Tasche haben will, vor dem Draft nicht leugnen. „Eine Gewissheit zu haben, wie es weitergeht, wäre schon schön“, merkte der Student an.

86. NFL-Draft in Cleveland

Insgesamt 259 Spieler werden in sieben Runden ausgewählt

  • Toppicks der ersten Runde vom Donnerstag:

1. Quarterback Trevor Lawrence (Jacksonville)

2. Quarterback Zach Wilson (NY Jets)

3. Quarterback Trey Lance (San Francisco)

  • Zweite und dritte Runde am Freitag (19.00 Uhr Ortszeit)
  • Vierte bis siebente Runde am Samstag (12.00 Uhr)

Seit dem Saisonende im Dezember trainiert Schaffer an sechs Tagen in der Woche. „Ich bin einfach professionell geworden, egal ob Training, Regeneration oder Essensplan. Alles ist auf Football abgestimmt. Aber es gibt keine Zaubertricks, es geht darum, die kleinen Dinge richtig zu machen und fokussiert zu sein“, erzählte Schaffer, der beim „Pro Day“ wegen einer Knieverletzung nicht sein ganzes Talent zeigen durfte.

Beim Schaulaufen vor den Scouts konnte er Bankdrücken und seine Maße präsentieren. Mit fast 140 Kilogramm bei 17 Prozent Anteil Körperfett schien der 2,01-m-Mann gepunktet zu haben. „Ich denke, damit habe ich Eindruck hinterlassen. Das hat mir auch mein Agent bestätigt.“

Bei gleicher Agentur wie Toppick Lawrence

Dieser gehört jener Agentur an, die auch Trevor Lawrence betreut. Der Quarterback wurde am Donnerstag (Ortszeit) erwartungsgemäß als erster Spieler von den Jacksonville Jaguars gewählt. Weil sich auch die New York Jets (Zach Wilson) und die San Francisco 49ers (Trey Lance) wie erwartet für Spielmacher entschieden, wurden erstmals seit 1999 wieder drei Quarterbacks an den ersten drei Positionen gewählt. Später verstärkten sich auch die Chicago Bears (Justin Fields) und die New England Patriots (Mac Jones) mit neuen Passwerfern.

Seit 2013 in den USA

Schaffer hat viel auf sich genommen, um es ebenfalls in die NFL zu schaffen. Bereits 2013, also als Teenager, verschlug es ihn in die USA, wo er in Illinois auf einer Highschool spielte. In Stanford musste er sich zunächst gedulden, nützte dann aber vor allem die aufgrund der Coronavirus-Pandemie verkürzte letzte Saison. In den insgesamt sechs Partien gelangen ihm dabei drei Sacks, er brachte also dreimal den gegnerischen Quarterback zu Fall – das bedeutete Teambestwert.

„Ich habe auch in den Saisonen davor hie und da gut performt, einen Sack mitgenommen, aber ich hatte nicht so oft die Möglichkeit zu starten und die Chance bekommen, über 60 Minuten zu zeigen, dass ich einer der besten Spieler auf dem Feld bin. Das war heuer so, da habe ich definitiv überzeugt und war bei zwei Spielen ‚Player of the Game‘. Das war schon eine Leistung“, sagte Schaffer, der dabei nicht überheblich klingt, aber das nötige Selbstbewusstsein mitbringt.

„Ich habe nie aufgegeben“

„Es ist definitiv schwerer gewesen, als man es sich vorher denkt“, sagte Schaffer mit Blick zurück auf seine Zeit in Kalifornien. „Die Sache ist, dass man dran bleibt. Viele haben aufgehört, auch weil sie dem Druck nicht gewachsen waren. Ich habe nie aufgegeben, immer weitergearbeitet und es durchgezogen.“ Schaffer, der von seinem älteren Cousin zum Football gebracht wurde, musste sich als jüngerer Spieler stets der Herausforderung stellen, spielte etwa schon mit 15 Jahren im Nationalteam. Das hat nicht aufgehört. „Es ist harte Arbeit, die man lernen kann, aber ich habe sie in der DNA und kultiviert.“

Mit Platzgummer und den heurigen IPP-Teilnehmern Bernhard Seikovits sowie Leonel Misangumukini gewann Schaffer 2015 die U19-Europameisterschaft („Sie haben nicht nur Talent, sondern auch am härtesten gearbeitet“). Die erstmalige Rückkehr eines Österreichers auf das NFL-Spielfeld seit 1987 zeichnet sich ab. Das Interesse von Teams an Schaffer gäbe es, bestätigte ihm sein Agent. Das gehört zum Draft-Prozess dazu, bedeutet aber freilich auch keine Garantie.

Keine Garantie, aber gutes Gefühl

Dennoch geht Schaffer mit einem guten Gefühl in den Draft. „Die Nachfrage ist da. Es kommt darauf an, ob sich ein Team jetzt denkt, dem geben wir eine Chance. Ich bin aber nicht besorgt, ob ich in ein Camp komme. Dafür habe ich viel zu lange und hart gearbeitet. Die Hoffnung ist da“, so Schaffer. Im Sommertrainingscamp entscheidet sich, wer es letztlich in den Kader schafft.

„Wenn man sich frühere Drafts ansieht, waren ehrlich gesagt auch schlechtere Spieler dabei. Daher glaube ich, dass es eine Chance gibt.“ Zudem gebe es eben mehrere Wege, die in die Liga führen. „Viele Spieler in der NFL sind auch ungedraftet“, betonte Schaffer, der kein Team präferiert, sondern einfach auf eine Chance hofft. Sei es in einer der späteren Draft-Runden am Samstag oder danach als Free Agent.

Den Draft selbst wird er über die drei Tage wohl nicht nur im TV verfolgen. „Ich werde wahrscheinlich im Gym sein, um meine Nerven und meinen Kopf zu bewahren. Da werde ich lieber besser. Aber das Handy wird in Griffweite sein.“ Unabhängig davon, was die Tage in Cleveland bringen, bleibt das Ziel gleich: einmal in der NFL zu spielen, denn das würde für Schaffer nichts weniger als „die Welt bedeuten“.